FORSCHUNGEN
37i
In dankenswerter
Weise hat es daher
der Paderborner
Kunsthistoriker
Prof. Dr. A. Fuchs
unternommen, die
Bürener Jesuitenkir-
che zum Gegenstand
einer eingehenden
Studie zu machen1).
Zugleich stellt er sie
an die Spitze einer
Reihe von kunstge-
schichtlichen Ver-
öffentlichungen, die
den Titel tragen:
Die Kunst im al-
tenHochstiftPa-
d e r b o r n. Solche
handlichen Einzel-
darstellungen wird
man gerne auf Rei-
sen und Wanderun-
gen mitnehmen und
sich von ihnen
schnell und zuver-
lässig orientieren
lassen.
Man ist ja voll-
kommen überrascht,
wenn man unvorbe-
reitet das stille Städt-
chen Büren betritt,
die weitausgedehn-
ten Seminargebäude
umschreitet mit ih-
ren hübschen Höfen,
Torpfeilern und
Treppenaufgängen,
um dann plötzlich
vor der mächtigen
Kirchenfront zu ste-
hen, die mit ihrem
gelbbraunen Sand-
stein, ihrer reichen
Gliederung, ihrem
plastischenSchmuck
vorzeiten aus künst-
lerisch gesegneten
Ländern des Südens
in die Waldeinsam-
keit der westfälischen Berge versetzt zu sein scheint.
Über dem Rustika-Untergeschoß, das mit kräftigem
Gurtgesims abschließt, baut sich auf kleinem Sty-
lobat das Hauptgeschoß mit großer Komposit-
ordnung auf. Darüber erhebt sich ein drittes
Geschoß, auf diesem eine Attika mit Balustraden
und drei lebhaft bewegten Figuren als oberem
Abschluß. Wir müssen Prof. Fuchs beipflichten,
wenn er das dritte Obergeschoß als zu hoch emp-
findet und statt dessen lieber einen Giebel gesehen
hätte wie beispielsweise am Fuldaer Dom oder in
Ebrach oder in Vierzehnheiligen. Das wäre die
echte Barocklösung gewesen. Aber es war schon
eine späte Zeit, 1758, und daher mag man diese
doppelte Attika als Konzession an den veränderten
Zeitgeschmack auffassen. Desgleichen würde es
J) Mit 13 Abbildungen. Paderborn 1925. Bonifatius-Druckerei.
M. 1.50. — Inzwischen ist auch der 40. Band der Bau- und
Kunstdenkmäler von Westfalen erschienen, dem auch Abbil-
dungen des Fuchsschen Buches entnommen sind. (Mit 2 Karten
und 452 Abb. Münster i. W., Kommissionsverlag von Heinr.
Steuderhoff, 1926. Preis geb. M. 15.—.)
ganz im Sinne der
Blütezeit gelegen ha-
ben, entweder die
Fassade oder die
Kuppel oder den
Turm, aber jeden-
falls eines von den
dreien als Domi-
nante auszubilden.
Daß dies hier nicht
geschah, daß in der
äußeren Erschei-
nung eine gewisse
Gleichwertigkeit
herrscht, muß als
Nachteil, als Kom-
positionsfehler be-
zeichnet werden.
Um so mehr entschä-
digen die Einzelhei-
ten der Vorder-
front. Da ist alles
prächtig modelliert,
sehr stark im Relief,
stärker eigentlich
als man es sonst im
Süden in der Spät-
zeit findet: vielleicht
ein unbewußtes Zu-
geständnis des
Künstlers an die
derbe, urwüchsige
Art des westfäli-
schen Stammes.
Das Innere der
Kirche dagegen löst
volle Befriedigung
aus. Überraschend
der helle, heitere
Eindruck, der durch
das vorherrschende
Weiß bestimmt wird.
Es ist ja jetzt Mode,
alles stark farbig zu
halten, was zum
mindesten bei In-
nenräumen nicht im-
mer am Platze ist.
Manche moderne
Kirche ist durch
diese übertriebene
Farbigkeit um alle Wirkung gebracht. Da mag man
hier in Büren lernen, wie mit ganz leichten Tönun-
gen ein unendlich schönerer Eindruck erzielt wer-
den kann. Die weißen Stukkaturen auf mattgrünem,
mattgrauem, zartrötlichem Untergründe sehen un-
sagbar vornehm aus. Ob die durchgehend graue
Marmorierung richtig ist, wird man schwer be-
haupten können, aber jedenfalls ist sie neutral und
stört nicht wie so vielfach aufdringlich schablonierte
Friese in andern Kirchen. Vom Gebälk sind Ar-
chitrav und Kranzgesims leicht graugrün gehalten,
während der Fries dazwischen rot marmoriert ist
mit weißen Adern, was vorzüglich wirkt. Gold
ist sparsam verwendet, hauptsächlich nur an den
Kartuschen in wenigen Rahmenlinien und zur Her-
vorhebung des Bl’itterwerkes. Einen besonderen
Schmuck hat die Kirche in den Deckengemälden,
die flott und farbig sehr ansprechend gehalten sind.
Die italienische Manier ist unverkennbar, Giovanni
Battista Tiepolo, der Maler der Würzburger Resi-
denz und vielleicht der größte aller Freskomaler,
JESUITENKIRCHE ZU BÜREN: ÄUSSERES
37i
In dankenswerter
Weise hat es daher
der Paderborner
Kunsthistoriker
Prof. Dr. A. Fuchs
unternommen, die
Bürener Jesuitenkir-
che zum Gegenstand
einer eingehenden
Studie zu machen1).
Zugleich stellt er sie
an die Spitze einer
Reihe von kunstge-
schichtlichen Ver-
öffentlichungen, die
den Titel tragen:
Die Kunst im al-
tenHochstiftPa-
d e r b o r n. Solche
handlichen Einzel-
darstellungen wird
man gerne auf Rei-
sen und Wanderun-
gen mitnehmen und
sich von ihnen
schnell und zuver-
lässig orientieren
lassen.
Man ist ja voll-
kommen überrascht,
wenn man unvorbe-
reitet das stille Städt-
chen Büren betritt,
die weitausgedehn-
ten Seminargebäude
umschreitet mit ih-
ren hübschen Höfen,
Torpfeilern und
Treppenaufgängen,
um dann plötzlich
vor der mächtigen
Kirchenfront zu ste-
hen, die mit ihrem
gelbbraunen Sand-
stein, ihrer reichen
Gliederung, ihrem
plastischenSchmuck
vorzeiten aus künst-
lerisch gesegneten
Ländern des Südens
in die Waldeinsam-
keit der westfälischen Berge versetzt zu sein scheint.
Über dem Rustika-Untergeschoß, das mit kräftigem
Gurtgesims abschließt, baut sich auf kleinem Sty-
lobat das Hauptgeschoß mit großer Komposit-
ordnung auf. Darüber erhebt sich ein drittes
Geschoß, auf diesem eine Attika mit Balustraden
und drei lebhaft bewegten Figuren als oberem
Abschluß. Wir müssen Prof. Fuchs beipflichten,
wenn er das dritte Obergeschoß als zu hoch emp-
findet und statt dessen lieber einen Giebel gesehen
hätte wie beispielsweise am Fuldaer Dom oder in
Ebrach oder in Vierzehnheiligen. Das wäre die
echte Barocklösung gewesen. Aber es war schon
eine späte Zeit, 1758, und daher mag man diese
doppelte Attika als Konzession an den veränderten
Zeitgeschmack auffassen. Desgleichen würde es
J) Mit 13 Abbildungen. Paderborn 1925. Bonifatius-Druckerei.
M. 1.50. — Inzwischen ist auch der 40. Band der Bau- und
Kunstdenkmäler von Westfalen erschienen, dem auch Abbil-
dungen des Fuchsschen Buches entnommen sind. (Mit 2 Karten
und 452 Abb. Münster i. W., Kommissionsverlag von Heinr.
Steuderhoff, 1926. Preis geb. M. 15.—.)
ganz im Sinne der
Blütezeit gelegen ha-
ben, entweder die
Fassade oder die
Kuppel oder den
Turm, aber jeden-
falls eines von den
dreien als Domi-
nante auszubilden.
Daß dies hier nicht
geschah, daß in der
äußeren Erschei-
nung eine gewisse
Gleichwertigkeit
herrscht, muß als
Nachteil, als Kom-
positionsfehler be-
zeichnet werden.
Um so mehr entschä-
digen die Einzelhei-
ten der Vorder-
front. Da ist alles
prächtig modelliert,
sehr stark im Relief,
stärker eigentlich
als man es sonst im
Süden in der Spät-
zeit findet: vielleicht
ein unbewußtes Zu-
geständnis des
Künstlers an die
derbe, urwüchsige
Art des westfäli-
schen Stammes.
Das Innere der
Kirche dagegen löst
volle Befriedigung
aus. Überraschend
der helle, heitere
Eindruck, der durch
das vorherrschende
Weiß bestimmt wird.
Es ist ja jetzt Mode,
alles stark farbig zu
halten, was zum
mindesten bei In-
nenräumen nicht im-
mer am Platze ist.
Manche moderne
Kirche ist durch
diese übertriebene
Farbigkeit um alle Wirkung gebracht. Da mag man
hier in Büren lernen, wie mit ganz leichten Tönun-
gen ein unendlich schönerer Eindruck erzielt wer-
den kann. Die weißen Stukkaturen auf mattgrünem,
mattgrauem, zartrötlichem Untergründe sehen un-
sagbar vornehm aus. Ob die durchgehend graue
Marmorierung richtig ist, wird man schwer be-
haupten können, aber jedenfalls ist sie neutral und
stört nicht wie so vielfach aufdringlich schablonierte
Friese in andern Kirchen. Vom Gebälk sind Ar-
chitrav und Kranzgesims leicht graugrün gehalten,
während der Fries dazwischen rot marmoriert ist
mit weißen Adern, was vorzüglich wirkt. Gold
ist sparsam verwendet, hauptsächlich nur an den
Kartuschen in wenigen Rahmenlinien und zur Her-
vorhebung des Bl’itterwerkes. Einen besonderen
Schmuck hat die Kirche in den Deckengemälden,
die flott und farbig sehr ansprechend gehalten sind.
Die italienische Manier ist unverkennbar, Giovanni
Battista Tiepolo, der Maler der Würzburger Resi-
denz und vielleicht der größte aller Freskomaler,
JESUITENKIRCHE ZU BÜREN: ÄUSSERES