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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 22.1925/​1926

DOI issue:
Nr. 2 (November 1925)
DOI article:
Hoffmann, Richard: Neues von der Asamkirche an der Sendlingerstrasse zu München
DOI article:
Hempelmann, Josef: Ein Klostergarten mit Kreuzweganlage: Gartenkunst im Dienst der Kirche
Citation link:
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/christliche_kunst1925_1926/0065

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EIN KLOSTERGARTEN MIT KREUZWEGANLAGE

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nicht lastend entsteigen vier gewundene Säulen der Galeriebrüstung und wachsen gleich
Pylonen in feierlichem Prunke empor. Sie bilden das Gerüste zu der Freigruppe der
hl. Dreifaltigkeit, aber nur scheinbar, denn für unser Auge schwebt diese Gruppe ohne
sichtbare Stützen in verblüffender Leichtigkeit über dem Ganzen von Engelgenien
getragen und von Engeln umflogen. Diese ebenso geistreich erfundene wie mit künst-
lerischer Bravour durchgeführte Lösung zur Verherrlichung des Galeriehochaltares als
des Schlußtableaus des Gesamtraumes hat schon zu Lebzeiten der Künstler allenthalben
als etwas ganz Extravagantes berechtigtes Aufsehen erregt. So schreibt der fürst-
bischöflich-bambergische Baumeister J. J. M. Küchel, den sein Herr, Fürstbischof Friedrich
Karl, 1737 auf eine Studienreise schickte, in seinem Reiseberichte über die Johannis-
kirche : »Auch findet sich in München eine gantz neue Cappellen, welche die Asams beede
Brüder, der eine ein Mahler, der andere ein Stucatur aus ihren eignen mittlen bauen
lassen, welche recht schön wird, und darinnen das Vornehmbste der hoh Altar, welchen
die Cherubin, wie im Buch der Königen am 8ten Cap. stehet, von der Arche mit ihren
Flügeln bedecken«1).
So steht unter den kirchlichen Bauten des Spätbarock, bezw. des Rokoko unsere Asam-
kirche unübertroffen da. Ähnlich gelöste weltberühmte Kapellenräume, wie die Schloß-
kapellen zu Versailles und Würzburg, können sich an Originalität der Anlage wie an phan-
tasievollem Reichtum der Dekoration nicht mit ihr messen. Wir dürfen stolz auf den
Besitz dieses einzig schönen Denkmals barocker heimischer Kirchenkunst sein. Aber es
ersteht auch für uns die Ehrenpflicht, dieses wunderbare Kleinod, das in der Formen-
und Farbenwelt des 18. Jahrhunderts seinesgleichen sucht, in sorgsame Hut und Pflege
zu nehmen, die Schäden der Zeit zu beheben, spätere den Originalzustand beeinträchtigende
Maßnahmen wieder gut zu machen und so das prächtige Raumbild in neuerweckter Schön-
heit der Nachwelt zu überliefern.

EIN KLOSTERGARTEN MIT KREUZWEGANLAGE
GARTENKUNST IM DIENST DER KIRCHE
Von JOSEF HEMPELMANN-SCHELLOHNE, Gartenarchitekt, DWB
Es gibt keinen Zweig des Kunstgewerbes, der nicht der Kirche dienstbar sein könnte.
-“—'Wenn darin die Gartenkunst einbegriffen ist, so mag diese Feststellung vielleicht für
den ersten Augenblick befremdlich erscheinen, denn zu sehr sind die Begriffe von christ-
licher Kunst und Kunstgewerbe mit dem Begriff des Kircheninnern verbunden, oder
wenigstens mit dem Begriff »Kirche« als Bauwerk. Aber gilt es denn nicht auch außer-
halb der Kirche, des Kultraumes, tätig zu sein für die Idee der Kirche? Wie die Außen-
gestaltung des Kultraumes den Forderungen und der Bedeutung der Kirche entsprechen
soll — will sie als christliche Kunst aufgefaßt sein — so doch auch die Gestaltung der
Umgebung. Ganz besonders jedoch hat die Gartengestaltung die Grundprinzipien eines
christlichen Kunstgewerbes zu berücksichtigen, wenn sie direkt als Ausdruck einer kulti-
schen Idee dienen soll, wenn sie Räume und Anlagen schaffen soll, die zwar nicht wie
das Kircheninnere Schauplatz des erhabensten Geheimnisses unserer Religion sein sollen,
aber doch der Ausübung bestimmter Glaubensäußerungen dienen, z. B. Klostergärten und
Kreuzweganlagen.
Welch romantischer Zauber umschließt das Wort Klostergarten! Vom Lärm der Welt
durch schattig-kühle Kreuzgänge abgeschlossene, einfach-schlichte Gärten, deren Mittel-
punkt ein — wenn auch noch so unscheinbares — Bildwerk ziert, so den Erholung-
suchenden doch stets an ein höheres Ziel mahnend. Doch diese Klostergärten sind selten
geworden. Was Professor Dr. Lill in seinem Aufsatz über »Das Problem der christlichen
Kunst« von dem bedauerlichen Rückgang der gesamten christlichen Kunst sagt, gilt leider
zu 90 Prozent von dem Aussehen der heutigen Klostergärten. Das ist keine Garten-
gestaltung, die der Würde des Ortes entspricht. Wer kennt sie nicht, diese »Grotten«
mit den Lourdes-, Herz-Jesu-, Ölberg- und ähnlichen Darstellungen, unwahr, spielerisch,
süßlich und tändelnd in ihrer ganzen Aufmachung. Lind die Kreuzwege, denen jeder Zu-

*) Phil. M. Halm, Die Künstlerfamilie der Asam, München 1896, S. 58.

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