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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 22.1925/​1926

DOI issue:
Nr. 6 (März 1926)
DOI article:
Weiss, Konrad: Ein Besuch im Kloster Beuron
DOI article:
Bauer, Curt: Das Denkmal Pius X. in St. Pietro
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https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/christliche_kunst1925_1926/0206

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176

DAS DENKMAL PIUS X. IN ST. PIETRO

5. Aufl.) Anlaß gegeben zu einer Auseinandersetzung, die in einem neu eingefügten Kapitel
über »Zeitlose und zeitbedingte Kunst« unternommen wird. Es ist hier nicht der Augen-
blick, die Diskussion auszutragen gegen Kreitmaiers Auffassung von der Möglichkeit
einer zeitlosen Kunst. Es sei nur angemerkt, daß sich der Begriff einer zeitlosen Kunst
allein durch Begriffe, wozu mit anderen auch der Begriff »Hieratik« gehört, stützen läßt,
die im Grunde immer für das künstlerische Leben und auch für die »Fülle der Zeit«
indifferent sein müssen; während es im Gang der Geschichte und im künstlerischen Aus-
druck dieses Weges vom Zeitlichen ins Ewige nichts Indifferentes geben kann, sondern
hic et nunc immer eine neue Form und Entscheidung zu treffen ist. In diesem Sinne
kann es auch keine irgendwie absolute Kunst geben, sondern immer wieder eine im Maße
ihrer Zeit und ihrer Schaffenden neu angenäherte, immer doch unvollendete und unvoll-
endbare Ausdrucksform eines Ideellen, das keine »humanistische« Illusion sein kann, son-
dern ein zeitirdischer Wahrheitsausdruck sein muß. Das ist doch wohl auch der Sinn
der Kunst in den Zeitaltern eigentlich christlicher Kunstform, für die der Ausdruck
»gotisch« zu eng ist, gegenüber der »Klassik«, deren Ideal als neuhumanistisches im Gegen-
satz zur geschichtlich-christlichen Substanz und als eine Neutralitätsform des »Schönen«
erst eigentlich durch eben diesen Gegensatz möglich wurde. Von hier aus stellte sich
der Begriff Kunst als eine »zeitlose« Neutralitätsübung immer mehr ein und in der Folge
glaubte man auch immer mehr, Künste in ihren verschiedenen Formen und Spezialitäten
unabhängig voneinander machen zu können. Auch der Begriff »Christliche Kunst« wurde
eine solche Spezialität und der zeitlich gegebene und empfangene Abhängigkeitssinn einer
jeweiligen Darstellungsform des Weges zum Ewigen ging verloren. Die Beuroner Kunst
ist gewiß ein heute besonders charakteristischer und ehrwürdiger Verabsolutierungsver-
such christlicher Kunst, ein Versuch, der übrigens mit seinen stark mathematischen und
formaltechnischen Eigenschaften doch gerade auch sehr in das allgemeine geistige Bild
seiner Zeit paßt, also insofern selber zeitbedingt ist. Was ihm seine Feinheit gibt, aber
zugleich die breite Fülle und aus der menschlichen Erfahrung kommende Erfüllung, und
wohl auch die Möglichkeit einer starken Fortsetzung über den in seiner Art seltenen
Initiator hinaus nimmt, ist die Enthaltung von der »Natur« und von dem cor inquietum
der Kreatur.
DAS DENKMAL PIUS X. IN ST. PIETRO
Von CURT BAUER
TAs war eine schwierige Aufgabe, die großartigen Grabdenkmäler der Peterskirche um ein
neues zu bereichern. Vor allem fiel dabei die Frage schwer ins Gewicht: sollte hier
der in der Basilika dominierende Barockstil oder der moderne Zeitstil zur Anwendung
gelangen? Aus einem Wettbewerb von 40 Entwürfen gingen der Bildhauer Pier Enrico
Astorri und der Architekt Florestano di Fausto siegreich hervor. Dieser Entwurf
brachte die Persönlichkeit Pius X. am vollkommensten zum Ausdruck, indem er den
Grundzug seines Charakters zu erfassen und seine Taten anschaulich zu symbolisieren
wußte. In künstlerischer Hinsicht jedoch fehlte ihm manches an Einheitlichkeit und Ge-
schlossenheit. Vielleicht war das Ausschlaggebende bei seiner Wahl, daß die Statue des
Heiligen Vaters sich äußerlich am besten dem barocken Gesamtbilde der Basilika einfügt.
Aber diese Konzession an einen fremden Zeitgeschmack ist doch auf Kosten tieferer Ver-
innerlichung geschehen. Im modernen Stil sind die Reliefs an der Tür und zu beiden
Seiten der Tür gehalten. Ihnen fehlt vor allem eine gegenseitige Bedingtheit und Ver-
bundenheit. Schließlich prangt das Wappen über der Papststatue im Empirestil, der von
den übrigen Teilen wieder stark absticht. Für die architektonische Anlage des Ganzen
war die Bronzetür, um die das Monument gruppiert werden mußte, überaus ungünstig.
Namentlich als Basis für die Gestalt des Papstes ergibt sie eine recht unglückliche
Anlage. Die Verschiedenheit des Materials erhöht die Unruhe. Daher ist die Gesamt-
wirkung des Monumentes mehr dekorativ als konzentriert. Vor allem steht die prunk-
volle Außenseite doch in starkem Widerspruch zu dem schlichten, einfachen Charakter
Pius X.
Die Papststatue selbst, aus weißem Marmor, zeigt in einer rundbogigen Nische eine
ausgesprochene Porträtähnlichkeit und strahlt die diesem Papste eigene menschliche und
 
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