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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Editor]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 22.1925/​1926

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Nr. 2 (November 1925)
DOI article:
Mailly, Anton: Das Wahrzeichen von St. Michael in der Wachau
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Rundschau
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https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/christliche_kunst1925_1926/0084

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AUSSTELLUNGEN

Privatbesitz, folgen lassen und
hat damit in die Bahn wieder
eingelenkt, die er seit Jahren
erfolgreich beschritten, die
Heidelberger Maler der Ro-
mantik im Bilde lebendig wer-
den zu lassen. Aus wenigen
Werken des zweiten Jahr-
zehnts des 19. Jahrhunderts
strahlt so rein und ungetrübt
die ganze Persönlichkeit ihres
Urhebers zurück, wie aus Karl
Fohrs Gesamtwerk. Nur eine
kleine Anzahl Ölbilder haben
wir von seiner Hand, kaum
ein halbes Dutzend. Sie allein
sind nicht ausschlaggebend
für seine Beurteilung und seine
zeitgeschichtliche Bedingtheit.
Will man die Wesenheit der
Kunst K. Fohrs ganz erfassen
und würdigen, so muß man
vor allem zu seinen Bleistift-
und Federzeichnungen und
seinen zarten, duftigen Aqua-
rellen greifen; in ihnen kann
sich auch sein reiches, tiefes
Gemüt aussprechen, das sein
Selbstbildnis vom Jahre 1816,
für seine Eltern vor seiner Ab-
reise nach Italien gefertigt, er-
kennen läßt. Sie offenbaren
aber auch seine große künst-
lerische Begabung, seine früh-
zeitige Reife und seine ver-
haltene Ehrfurcht vor der Na-
tur, die — abgesehen von Jos.
Anton Kochs Einfluß in Rom
— zeitlebens seine eigentliche,
fast könnte man sagen, einzige
Lehrmeisterin geblieben ist.
Ein Glückstern hat über sei-
nem Leben gewaltet, das früh-
vollendet jäh abbrechen sollte.
Als 23 jähriger ist er am
29. Juni 1818 im Tiber beim
Baden ertrunken. Quem di
amant, adolescens moritur. An
ihm hat das Geschick so recht
dieses alte Wort der Lateiner
wahr gemacht. Die Kunst-
geschichte weiß ihm darum
vielleicht Dank, mag auch
Fohrs Entwicklung nicht zur
vollen, ganzen Ausreifung ge-
langt sein.
Uber 100 Werke von Karl
Fohr hat das Kurpfälzische
Museum erstmals zu einer ge-


KRIEGERDENKMAL AN DER EVANGELISCHEN KIRCHE
IN NEUFAHRWASSER VON PROF. FRIED. FISCHER

schlossenen Sammlung mit einer Anzahl Werke
von Malern um ihn vereinigt. Dazu in einem Glas-
kasten zwei Skizzenbücher mit 60 Aquarellen aus
der Neckargegend und aus den Umgebungen von
Baden-Baden. Überblicken wir das gesamte, hier
ausgebreitete Werk Karl Fohrs, so drängt sich uns
ohne weiteres die Erkenntnis auf, daß sein Schaffen
und Leben reich, glücklich und sicherlich nicht
umsonst gewesen ist, auch wenn seine Nachwirkung
bis zur Neige des Jahrhunderts kaum spürbar
geworden ist. Es steht in der Mitte zwischen der
symbolischen Naturauffassung Ph. O. Runges und
der klassizistischen der Nazarener, denen er nahe-

stand. Die Kunst der Frühromantik hat in ihm
ihrenklarsten, ansprechendsten Ausdruck gefunden.
Bei aller Feinheit und Zartheit der Linie, des
Federstriches ist er ein Realist der Zeichnung und
zugleich ein warmherziger Idealist der Auffassung.
In der kurzen Spanne Zeit von fünf Jahren,
zwischen 1813 und 1818, in einem Alter, wo die
Mehrzahl der kunstbeflissenen Jugend noch sucht
und tastet, wirkt sich sein Schaffen aus, entfaltet
sich sein Talent. Heidelberg, Darmstadt, München
und Rom bezeichnen die Marksteine seines kurzen
Künstlerlebens, das sein Biograph Ph. Dieffenbach
bald nach seinem tragischen Tod mit liebevoller
 
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