KIRCHENBAUTEN VON DOMINIKUS BÖHM
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dagegen von einer Straßenfront aus bauen, wie es in St. Joseph in Offenbach gefordert
ist, kann sich die Kirche höchstens parabelförmig in den freien Garten entwickeln. Dieses
höchst liturgische Bauen kommt wie die liturgische Bewegung aus frühchristlichen Ele-
menten. Böhm trifft sich hier mit den besten unserer heutigen Baumeister und mit den
einsichtsvollsten Seelsorgern. Dies frühchristliche Element findet sich in der eindeutigen
Hinführung in räumlicher und geistiger Hinsicht zum Altäre, in der Näherrückung der
Meßopferstätte an die Gemeinde, in der von allen Nebenabsichten freien Raumform. Diese
reine und strenge Größe gibt auch der Außengestaltung den Charakter. Daß Böhm, der
romantisch-barocke Neigungen mitbringt, in der Massengliederung im Äußeren und in der
Gewölbetechnik reicher bleibt als die Baumeister der frühen Basiliken, ist natürlich. Wie
wir die liturgische Strenge im Gottesdienst wieder notwendig haben, so auch die strenge
Größe, wie sie hier in dem Kirchenbau gestaltet ist. Die räumliche wie geistige Span-
nungslinie auf den Altar hin wird verstärkt durch die Lichtführung, die ebenfalls hier
auf dem Altäre gipfelt.
Alle diese Eigenschaften finden wir immer neu gestaltet in Böhms Kirchenbauten vor.
Die vielen Studien St. B. in B. zeugen von dieser überraschenden Gestaltungsfülle und
von der großen Wucht und dem feierlichen Ernst der Formen. Eindeutigkeit und Ein-
fachheit, christozentrische und liturgische Gesinnung, geistig und räumlich zwingende
Spannungen vom Kirchplatz durch die »heilige Pforte« bis zum Altäre hin, das sind stets
wiederkehrende charakteristische Züge.
Die auch äußere Betonung des Altarraumes als dem geistigen Höhepunkt ist besonders
deutlich in dem Modell zu der Klosterkirche des Klosters an einer Meeresbucht. Aus der
Lage ergab sich die edle Kreuzform des Grundrisses. Das ganze Bauproblem reizte den
Künstler in seiner Romantik und Wucht.
So sehr Böhm auch von den technischen und konstruktiven Mitteln der Gegenwart
Gebrauch macht, er ist eine durchaus romantische Natur. Er fühlt die große Tradition
vom Frühchristentum bis zum Barock in der katholischen Kirchenbaukunst und hält sie
in sich lebendig. Er schafft nicht alte Formen eklektisch nach, aber er gestaltet in altem
Geist. Er überragt die eklektischen Baumeister und muß als unser Führer auf dem
Wege zu einem vertieften katholischen Kirchenbau geachtet werden. Diese Achtung wird
ihm von Seiten der führenden Fachleute zuteil. Es fehlen aber die mutigen Auftraggeber
von Seiten der Kirche. Die Seelsorger wissen zum Teil noch nicht, welche große religiöse
Bedeutung der Bau für das Leben der Gemeinde hat.
Der Bau ist selbst ein Teil des Gottesdienstes. In den Bau gestalten wir unsere Liebe
und Ehrfurcht, unsere Andacht und Opfergesinnung, unsere Innigkeit und Innerlichkeit
hinein. Sie muß fortwirken auf die Gemeinde, heute, morgen und durch lange Zeiten.
An diese höchste Aufgabe müssen wir wieder die besten Kräfte setzen. Das geschah lange
Zeit nicht — aus mißverstandener Tradition, als man Stile nachahmte zum Zeichen, daß
man keinen Stil —- auch nicht im religiösen Leben —- besaß.
In den Dienst Gottes müssen wir unsere geistigen und physischen Mittel im Kirchen-
bau stellen. Mit Eisenbeton und anderen Mitteln heutiger Konstruktion können wir die
praktischen Forderungen der Seelsorge und die liturgischen Notwendigkeiten von heute
erfüllen. Es ist kein Grund vorhanden, sie nicht in ihrer typischen Form wie andere
Mittel in anderer Zeit zu benutzen. Nicht eine bestimmte Kunstmeinung, nur der kirch-
liche Geist darf ausschlaggebend sein. Böhm geht, wie gezeigt wurde, vom religiösen
und liturgischen Bewußtsein an seine Aufgabe heran und schaltet souverän mit den bau-
lichen Mitteln. Es ist nicht die Frage, ob seine Bauweise modern oder unmodern ist;
das Schaffen aus dem alten guten Geist echter Kirchenbaukunst und aus den Tiefen des
Glaubens tritt hier an die Stelle lieblos oder doch unfähig nachgeahmter alter, einst tief
durchdachter und durchlebter Formen. Wir werden zu einem noch zeitbedingteren und
weniger traditionsgebundenen Kirchenbau kommen müssen, als ihn Böhm verkörpert.
Wir werden uns noch mehr auf die eigenen Formen im alten Geist verlassen müssen,
wollen wir aus eigenem starkem Glaubensleben unsere Kirchen neben die der alten glau-
bensstarken Zeiten setzen. Böhm aber bedeutet einen verheißungsvollen Beginn eines ver-
tieften katholischen Kirchenbaues. Findet er Vertrauen und Unterstützung, wird er selbst
den Weg entschlossen weitergehen können.
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dagegen von einer Straßenfront aus bauen, wie es in St. Joseph in Offenbach gefordert
ist, kann sich die Kirche höchstens parabelförmig in den freien Garten entwickeln. Dieses
höchst liturgische Bauen kommt wie die liturgische Bewegung aus frühchristlichen Ele-
menten. Böhm trifft sich hier mit den besten unserer heutigen Baumeister und mit den
einsichtsvollsten Seelsorgern. Dies frühchristliche Element findet sich in der eindeutigen
Hinführung in räumlicher und geistiger Hinsicht zum Altäre, in der Näherrückung der
Meßopferstätte an die Gemeinde, in der von allen Nebenabsichten freien Raumform. Diese
reine und strenge Größe gibt auch der Außengestaltung den Charakter. Daß Böhm, der
romantisch-barocke Neigungen mitbringt, in der Massengliederung im Äußeren und in der
Gewölbetechnik reicher bleibt als die Baumeister der frühen Basiliken, ist natürlich. Wie
wir die liturgische Strenge im Gottesdienst wieder notwendig haben, so auch die strenge
Größe, wie sie hier in dem Kirchenbau gestaltet ist. Die räumliche wie geistige Span-
nungslinie auf den Altar hin wird verstärkt durch die Lichtführung, die ebenfalls hier
auf dem Altäre gipfelt.
Alle diese Eigenschaften finden wir immer neu gestaltet in Böhms Kirchenbauten vor.
Die vielen Studien St. B. in B. zeugen von dieser überraschenden Gestaltungsfülle und
von der großen Wucht und dem feierlichen Ernst der Formen. Eindeutigkeit und Ein-
fachheit, christozentrische und liturgische Gesinnung, geistig und räumlich zwingende
Spannungen vom Kirchplatz durch die »heilige Pforte« bis zum Altäre hin, das sind stets
wiederkehrende charakteristische Züge.
Die auch äußere Betonung des Altarraumes als dem geistigen Höhepunkt ist besonders
deutlich in dem Modell zu der Klosterkirche des Klosters an einer Meeresbucht. Aus der
Lage ergab sich die edle Kreuzform des Grundrisses. Das ganze Bauproblem reizte den
Künstler in seiner Romantik und Wucht.
So sehr Böhm auch von den technischen und konstruktiven Mitteln der Gegenwart
Gebrauch macht, er ist eine durchaus romantische Natur. Er fühlt die große Tradition
vom Frühchristentum bis zum Barock in der katholischen Kirchenbaukunst und hält sie
in sich lebendig. Er schafft nicht alte Formen eklektisch nach, aber er gestaltet in altem
Geist. Er überragt die eklektischen Baumeister und muß als unser Führer auf dem
Wege zu einem vertieften katholischen Kirchenbau geachtet werden. Diese Achtung wird
ihm von Seiten der führenden Fachleute zuteil. Es fehlen aber die mutigen Auftraggeber
von Seiten der Kirche. Die Seelsorger wissen zum Teil noch nicht, welche große religiöse
Bedeutung der Bau für das Leben der Gemeinde hat.
Der Bau ist selbst ein Teil des Gottesdienstes. In den Bau gestalten wir unsere Liebe
und Ehrfurcht, unsere Andacht und Opfergesinnung, unsere Innigkeit und Innerlichkeit
hinein. Sie muß fortwirken auf die Gemeinde, heute, morgen und durch lange Zeiten.
An diese höchste Aufgabe müssen wir wieder die besten Kräfte setzen. Das geschah lange
Zeit nicht — aus mißverstandener Tradition, als man Stile nachahmte zum Zeichen, daß
man keinen Stil —- auch nicht im religiösen Leben —- besaß.
In den Dienst Gottes müssen wir unsere geistigen und physischen Mittel im Kirchen-
bau stellen. Mit Eisenbeton und anderen Mitteln heutiger Konstruktion können wir die
praktischen Forderungen der Seelsorge und die liturgischen Notwendigkeiten von heute
erfüllen. Es ist kein Grund vorhanden, sie nicht in ihrer typischen Form wie andere
Mittel in anderer Zeit zu benutzen. Nicht eine bestimmte Kunstmeinung, nur der kirch-
liche Geist darf ausschlaggebend sein. Böhm geht, wie gezeigt wurde, vom religiösen
und liturgischen Bewußtsein an seine Aufgabe heran und schaltet souverän mit den bau-
lichen Mitteln. Es ist nicht die Frage, ob seine Bauweise modern oder unmodern ist;
das Schaffen aus dem alten guten Geist echter Kirchenbaukunst und aus den Tiefen des
Glaubens tritt hier an die Stelle lieblos oder doch unfähig nachgeahmter alter, einst tief
durchdachter und durchlebter Formen. Wir werden zu einem noch zeitbedingteren und
weniger traditionsgebundenen Kirchenbau kommen müssen, als ihn Böhm verkörpert.
Wir werden uns noch mehr auf die eigenen Formen im alten Geist verlassen müssen,
wollen wir aus eigenem starkem Glaubensleben unsere Kirchen neben die der alten glau-
bensstarken Zeiten setzen. Böhm aber bedeutet einen verheißungsvollen Beginn eines ver-
tieften katholischen Kirchenbaues. Findet er Vertrauen und Unterstützung, wird er selbst
den Weg entschlossen weitergehen können.
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