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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916

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Heft 1/2
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Der Kunstmarkt - Versteigerungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0053

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STATTGEHABTE VERSTEIGERUNGEN

Stattgehabte Versteigerungen
AMSTERDAM Seit dem Ausbruch des
Krieges war zunächft aiies öffentiiche Leben auf
dem hoiiändifchen Kunftmarkt fo gut wie er-
iofchen. Erft diefen Herbft zeigten und mehrten
fich die Anzeichen für ein Wiederaufieben. Weite
Kreife der hoiiändifchen Kaufmannsweit profi-
tieren enorm von der eigenartigen Lage ihres
Landes zwifchen den kriegführenden Parteien,
und aiie die zahlreichen erfchwerenden Beftim-
mungen für Ein- und Ausfuhr verhindern nicht
die Biidung großer neuer Kapitaiien. Zudem
giaubte man darauf rechnen zu dürfen, daß die
durch die anfängiicheBeforgnis, Hoiiand möchte
mit in die Ereigniffe gefchieppt werden, ver-
urfachte aiigemein geübte Zurückhaitung in Aus-
gaben fürLebensiuxus nachgeiaffen hätte, nach-
dem die foiide Neutraiitätspoiitik der Regierung
fowohi im Lande feibft, wie bei den Nachbarn
voiies Vertrauen erworben hat. Auf foidie oder
ähniidie Erwägungen mag die Firma Fred.
Mutier & Co. in Amfterdam gebaut haben, ats
fie nadi anderthaibjährigem Paufieren wieder
eine größere Verweigerung zu übernehmen [ich
entfchioß. Das Unternehmen trug unter den
obwattenden Umftänden immerhin noch ein biß-
dien den Charakter eines Experiments. Die darein
gefeßten Erwartungen find durch das Ergebnis
jedenfaiis nicht übertroffen worden. Wohi wußte
man, daß auf ausiändifche Käufer kaum zu
rechnen war; Kunftwerke von internationaiem
intereffe, vor aiiem wertvoite Biider aiter Mei-
fter, wurden denn auch, von einigen Ausnah-
men—die wie aufgeiaffeneVerfudisbaiions an-
muteten — abgefehen, keine angeboten. Aber
man hatte wahrfcheiniich mehr erwartet von
der Beteiiigung der einheimifchen Liebhaber,
zumai die verfteigerten Sammiungen aus zum
großen Teii quaiitätvoiien einheimifchen Her-
vorbringungen beftanden, für die man in Zeiten
nationaierAbfonderung, wie wir fie durchieben,
erhöhtes Intereffe foiite meinen vorausfeßen zu
dürfen. Das Käuferpubiikum feßte fich in der
Hauptfache aus Händiern zufammen, und auch
diefe zeigten keine fehr große Kaufiuft. Befon-
ders auf die Gemäide wurde zögernd und mit
wenig Animo geboten. So kam es, daß u. a.
ein paar kunftgefchichtiidi äußerft intereffante Bii-
der aiter Meifter fozufagen weggefchenktwurden.
Beffer ging es immerhin mit den kunftgewerb-
iichen Abteilungen der Verfteigerung; einzeine
Stücke der wirkiich hervorragenden Koilek-
tion von chinefifchem Porzehan und Deifter
Fayencen erzielten gute, fogar einige Rekord-
preife.
Den Grundftock der Verfteigerung biidete die

Sammiung R. Sequeira jun. mit Gemälden aiter
und neuer Meifter, Porzehan, Fayencen, Möbein,
Uhren ufw. Durch zahireiche Hinzufügungen aus
anderm Privatbefiß fchwoii der Kataiog an auf
über 2000 Nummern, deren Verkauf fünf Tage
und Abende erforderte (30. November bis 4. De-
zember). Von den Gemäiden äiterer Meifter ver-
dienen einige Stücke von aiigemeinem Intereffe
hervorgehoben zu werden.
Zwar nicht figniert, doch unverkennbar von
der Hand des Corneiis van Haariem, war
ein kieines, feintoniges Biidchen mit einem
Liebespaar, rauchenden und trinkenden Bauern
(Nr. 2032), das diefer Hofmaier des Oiymps ais
Konzeffion an den veränderten, oder, wie ihm
wohi erfcheinen mochte, verkommenen Zeitge-
fchmack gegen Ende feines Lebens (-f 1638) ge-
mait haben mag. Von einem in aiten Inventaren
öfters genannten Hendrick Bogaert (um 1640),
von dem aber fo gut wie keine Biider mehr
bekannt find, war eine voii bezeichnete, farbig
reizvoiie Wirtshausfzene (Nr. 2) in der Art Jan
MienfeMoienaers. Eben fo feiten find die Biider
des Abraham van der Hecken (um 1650),
von dem ein gutes, ebenfaiis bezeichnetes Ge-
iehrteninterieur (Nr. 15) mit Ankiängen an die
Dou-Sdiuie in Vorwurf und Kompofition ver-
weigert wurde; in der Farbengebung erinnerte
es an das Gemäide des Heiman Duiiaert in der
Sammiung Hofftede de Groot. Abraham van der
Hecken fcheint, nach aiten Inventarnotizen, auch
BiumenftückeundLandfchaftengemait zu haben.
Ein mit den Initiaien G. V. S. bezeidmetes, fo-
iide gemaites Stiiieben eines Frühftückstifches
(Nr. 22), das der kataiog um 1650 datiert, dürfte
wohierhebiich früher entftanden fein. Voniokai-
gefchichtiichem Intereffe war eine Grifaiiie mit
der Darfteiiung einer hiftorifchen Waififchjagd
aus der zweiten Häifte des 17. Jahrhunderts von
dem ebenfaiis wenig bekannten A. van Saim
(Nr. 31), auf die lebhaW geboten wurde und die
denn auch für einen durch die künftierifchen
Quaiitäten aiiein nicht gerechtfertigten, verhäit-
nismäßig hohen Preis in eine Amfterdamer Pri-
vatfammiung geiangte. Aktueiie Bedeutung hatte
infoige der gegenwärtig zwifchen zwei hoiiän-
difchen Autoritäten entbrannten Cairaet-Cuyp-
Kontroverfe ein „A. Cuy p" bezeichnetes Pfirfich-
ftiüeben (Nr. 7). An der Echtheit diefes Biides
find Zweifei iaut geworden, obwohi die Signa-
tur einer Probe auf ihre Haitbarkeit Stand ge-
haiten hat. Ais beftimmt faifchj herausgeftelit
hat fich in ießter Stunde noch die Bezeichnung
„G. Fiinck f. 1658" auf einem übrigens nicht
unanfehniichen Biidnis eines jungen Mannes
(Nr. 9), das der Art diefes Meifters aber fehr
nahe Weht. Jan van Goyen war vertreten

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