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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916

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Heft 5/6
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Rundschau - Sammlungen
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Ausstellungen
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SAMMLUNGEN ° AUSSTELLUNGEN

zu Friedenszeiten begonnen worden war. Dr.
Püffe, der fich feit Kriegsbeginn im Feide be-
findet, hat einen ihm gewährten Uriaub dazu
benutzt, um wieder einige Säie neu zu geftaiten.
Die wichtigfte Neuordnung betraf den Raum, in
dem bisher die fogenannte Hoibeinfche Ma-
donna ihren Pla§ hatte. Das Werk hatte fei-
nen Piat; inmitten eines aitarähniichen Umbaues.
Die prunkvoiie Art der Zurfchaufteiiung des
Gemäides, die in gewiffem Sinne einGegenftück
darfteiien foiite zur Art der Auffteiiung der
Raffaelfchen Madonna, ftand imWiderfpruchmit
der Tat fache, daß das Hotlbein feile Werk fchon
feit iangem ais eine Kopie der Madonna feft-
gefteiit worden ift, die fich in Darmftadt befin-
det. Es erfchien aifo voiikommen berechtigt,
daß die Leitung der Gaierie den Wunfch hatte,
das Werk von feinem bisherigen auffaiienden
Standorte zu entfernen und an anderer Stehe
in befcheidenererForm aufzufteiien. Das ift nun
gefchehen, indem man ihm an der gegenüber-
iiegenden Wand einen Piaß angewiefen hat.
Man hat die Geiegenheit benußt, um den prunk-
voiien bisherigen Umbau des Gemäides aus dem
Saie überhaupt zu entfernen und durch eine Art
Wand mit mattroter Samtbefpannung zu er-
fet^en, die drei Meifterwerken zum Standort ge-
geben worden ift: Zwei echten Werken von
Hoibeins Hand, nämiich dem herriichen Bild-
nis des Sieur de Morette und dem Doppel-
biidnis des Sir Thomas Godfaive mit fei-
nem Sohne, fowie einem Werke Aibrecht
Dürers, dem Biidnis des Bernhard von Ort eg.
Eine prachtvohe, den feinen künftierifchen Sinn
Poffes kennzeichnende Ergänzung erhäit der
Raum durch die Bedeckung der dritten, dem
Fenfter gegenüberiiegende Wand mit einem der
koftbaren aitniedertändifchen Teppiche, die
früher in fehr ungünftiger Beleuchtung im Kuppei-
bau des Semperhaufes hingen. Den Abfchiuß
diefer Wand biidet der wundervoiie Fiügoi-
aitar des Jan van Eyck, der feinen Piaßzwi-
fchen zwei Bitdniffen von minderem Range, Ar-
beiten des Uimer Meifters Hans Maier, ge-
funden hat, die in diefer Umgebung zu ganz
überrafchender Wirkung geiangen. Nicht ganz
fo einheittich in der künftierifchen Geftaitung find
die diefem Raume nach der inneren Zwinger-
feite foigenden beiden Säie durch die Neuord-
nung geworden: Der den Werken Canaiettos
(den Dresdner Stadtbiidern diefes Meifters) ein-
geräumte Saai ieidet unter einem Zuviei und
unter einer unverkennbaren Eintönigkeit des In-
halts; dem anderen, in dem ais Hauptwerk
Dürers Dresdner Aitar erfcheint, fehlt die
Einheitiichkeit des Eindrucks. Die Wand, an der
das oben genannte Werk feinen Plats gefunden

hat, erfcheint unruhig durch die fieben das
Dürerwerk umgebenden Paffionsbilder; von
einheitlicherem Eindruck ift die gegenüberliegende
Wand mit dem Urfulaaltar von Jörg Breu,
und feinen Abfchiuß findet der Raum wieder mit
einem der aitniedertändifchen Teppiche,
unter dem der wundervolle kleine (fogenannte)
Dürerfche Kruzifixus in der Mitte zwifchen
ein paar Bildniffen Piaß gefunden hat. wd.
PARIS Der ruffifche, feit Jahrzehnten in Paris
anfäffige Sammler Jacques Zoubaloff, der vor
einigen Jahren dem Louvre eine große Samm-
lung von Kleinplaftiken Barges ftiftete, die zwei
Säle der Skulpturenfammlung des 19. Jahrhun-
derts füllt, hat neuerdings dem STÄDTISCHEN
MUSEUM IM PETIT PALAIS ein große Anzahl
von Gips- und Wachsmodellen fowie 40 Hand-
zeichnungen von Barge gefchenkt, die gegen-
wärtig im Petit Palais ausgefteiit find. O. G.

AUSSTELLUNGEN
BERLIN Die FREIE SEZESSION, alfo die
Liebermanngruppc, hat nach zweijähriger Paufe
wieder eine Aufteilung im aiten Haufe am
Kurfürftendamm veranftaltet, kurze Zeit nach
der Ausftellung der Berliner Sezeffion, und in
beiden find ältere und jüngere Künftler neben-
einander vertreten, teilweife find es fogar auf
beiden Ausheilungen diefelben. Man fucht ver-
geblich nach grundfäßlicben Verfchiedenheiten
zwifchen den Körperschaften, und auch das kann
man nicht fagen, daß nun auf einer Seite etwa
alle die ftarken Begabungen vereinigt wären.
Vielleicht war der Augenblick für eine Aus-
heilung überhaupt nicht günftig, denn gerade
von den Jüngeren find einige der beften vorzugs-
weife mit äiteren Werken vertreten. Und da
die Jüngeren in noch ftärkerem Maße den Ein-
druck der ganzen Veranftaitung beherrfchen, ais
bei der erften Ausftellung der Freien Sezeffion,
fo trägt die ganze Schau den Stempel ftarker
Unruhe und leidenfchaftlichen Verfuchens, noch
verftärkt durch die Pianlofigkeit der Anordnung,
die wenig angenehm von früheren Eindrücken
abfticht. Auch der Einfail, zwifchen die Werke
der Lebenden einige Bilder klaffifcher Meifter
von Cranach bis zu Böckiin zu verteilen, war
nicht glücklich. Was woiite man überhaupt da-
mit fagen oder zeigen? Etwa eine unabgeriffene
Entwicklung der deutfchen Kunft in den leßten
300 Jahren erweifen? Dazu find die ausgeftell-
ten Werke nicht zahlreich genug und zu will-
kürlich gewählt, und was follen dann die aus-
ländifchen Meifter (Goya ift nicht der einzige)

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