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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916

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Heft 19/20
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Der Kunstmarkt - Versteigerungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0438

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BEVORSTEHENDE VERSTEIGERUNGEN

FRANKFURT a. M. Die Firma F. H. C.
Preftel (inhaber Voigtländer-Teßner) bringt
unter dem Titei: Aus aiten Veriagsarchiven
in der Zeit vom 6.-8. Oktober eine Sammiung
von Handzeichnungen deutfcher Meifter
zur Versteigerung, die um ihrer vieien verborge-
nen Schäße wiiien zu den intereffanteften ge-
hört, die feit iangem auf den Markt gekommen
find. Eröffnet wird die im Ganzen 270 Zeich-
nungen umfaffende Sammiung mit einer Serie
von nahezu 125 Zeichnungen von Daniei
Chodowiecki, darunter jene köftiiehen Biätter
zu Bafedows Eiementarwerk, die bisher leider
vöiiig unbeachtet geblieben find. Und doch find
gerade fie ein Dokument des bürgeriiehen Lebens
der Zeit von unvergleichiicher Anfchaulichkeit.
Entstanden find diefe Zeichnungen in den Jahren
1770 bis 1774. ln dem zweiten Teiie des Ver-
fteigerungskatalogs ift eine Abteilung von Hand-
zeichnungen deutfcher Meifter des 19. Jahr-
hunderts befchrieben, die ebenfaiis außerordent-
liche und kunftgefchichtiich vieifagende Beiträge,
zum Teil auch ziemlich vergeffener Meifter, ent-
hält. Von den bekannteren feien Julius Schnorr
von Carolsfeid, Moriß von Schwind, Karl Spiß-
weg, Edward von Steinte, Phiiipp Veit be-
fonders erwähnt. Der Katalog ift mit33Tafein
verfehen, die einen guten Einbück in den ge-
famten Charakter der Versteigerung gewähren.
Anfchließend an die oben befchriebene Samm-
lung alter Kunft kommt eine zweite Abteilung
mit Kupferftichen des 18. Jahrhunderts
und anfchließend daran moderne Graphik
unter den Hammer. Auch diefe Sammiung
zeichnet fich durch Vieifeitigkeit und Qualität
aus. Unnötig, Namen zu nennen. Doch feien
unter den Stichen der englifchen, deutfehen und
franzöfifchen Schulen erftklaffige Drucke von
Demarteau, Houfton, Moreau le Jeune, Piranefi,
J. R. Smith, Sinßenich, Ward, Wheatley, Goya
befonders erwähnt. Ähnlich find unter den
Arbeiten neuerer Graphiken und Handzeich-
nungen zum Teii fehr Seltene Blätter von Wil-
helm Bufch, Carriere, Corot, Fantin Latour,
Daumier, Gavarni, Greiner, Klinger, Legros,
Liebermann, Menzel, Rodin, Stauffer, Welti,
Whiftier und Munch hervorzuheben. Die Ab-
teilung der Kupferftiche des 18. Jahrhunderts
umfaßt 269 Nummern, die der modernen Hand-
zeichnungen, Radierungen und Lithographien
1054 Nummern.
MÜNCHEN Am 25. Oktober gelangt hier
in der Galerie Helbing die Sammlung
Philipp Schwarz-Stuttgart, die altes Edel-
gias aller Zeiten umfaßt, zur Verweigerung. Aus
Anlaß diefer Auktion erfchien ein beachtens-

werter, vom Befißer felbft mit ungewöhnlicher
Beherrfchung des einschlägigen Gebietes be-
arbeiteter Katalog mit 15 vortrefflichen Lichtdruck-
tafeln und zahlreichen Textabbildungen, der zum
Preife von M. 4.— durch die Galerie Helbing-
München zu beziehen ift. Profeffor Pazaurek
vom Stuttgarter Gewerbemufeum hat diefem
Katalog ein Vorwort beigegeben, in welchem er
über den Sammler und deffen Sammlung folgende
intereffante Angaben macht: „Architekt Philipp
Schwarz, der erft vor nicht ganz einem Dezen-
nium nach Stuttgart zog, ftammt aus Prag und
in diefer Hauptftadt des feit Jahrhunderten in
der Glaserzeugung und Glasveredlung befonders
berühmten Landes, wo unter dem Kunftßnn
Kaifer Rudolfs II. der Glasfchnitt durch den
weftfäiifchen Edelfteinfchneider Kaspar Lehmann
wiedererfunden wurde, laufen viele Fäden zu-
fammen, die die alte Tradition lebendig erhalten,
abgefehen davon, daß das Prager Kunftgewerbe-
mufeum die lehrreichfte Gläferfammlung des Kon-
tinents befißt. Im Gegenfaß zu Venedig, das
die Glashüttentechnik und Chemie zur höchften
Blüte gebracht, pflegte Böhmen mit Vorliebe
die Malerei und Vergoldung, Schliff, Kugelung
und Schnitt, alfo das Raffinieren außerhalb der
Glashütte, das noch heute feine Stärke ausmacht.
Und namentlich im Glasfchnitt gehen alie be-
merkenswerten Gruppen unmittelbar oder mittel-
bar feit drei Jahrhunderten auf Deutfehböhmen,
Ifar- und Riefengebirge wie den Böhmerwald
zurück, wenn auch Nürnberg, Warmbrunn, Pots-
dam, wie Bayern, Thüringen, Sacbfen, Heffen,
Braunfchweig bis nach Holland hinüber allmäh-
iich ihre befonderen Spezialitäten und hervor-
ragende Vertreter herausgebildet haben. — So
fteht auch in obiger Sammlung das gefchnittene
Glas in allen feinen Abarten im Vordergründe.
Einzelne Arbeiten ftehen Kafpar Lehmann und
feinem Später nach Nürnberg zurückgekehrten
Schüler G. Schwanhart fehr nahe, anderes ftammt
vom erften bekannten, noch in die erften Jahre
des 18. Jahrhunderts reichenden Ifargebirgler
J. Chr. Kahl. Die erften Potsdamer Glas Schneider
Spüler und Winter fehlen ebenfowenig, wie
anderes mit den Nürnbergern H. Schwinger und
G. E. Kunkel oder dem fchlefifchen Hauptmeifter
Ch. G. Schneider zufammenhängt. Neben Sol-
chen Hauptftücken gibt es aber eine ganze Reihe
von ebenfalls guten, charakteriftifchenBeifpielen
aus diefen und anderen Glasproduktionsgebieten,
die auch vielen kleineren Mufeen zur Zierde
gereichen könnten, meift in tadellofer Erhaltung
und was fonft leider nicht der Fall ift, gewöhn-
lich mit den dazugehörigen alten Deckeln. —
Aber die Sammlung Schwarz ift nicht einfeitig.
Auf verschiedenen Reifen, die den Beßßer bis

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