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HAPPURG • PFARRKIRCHE
Fig. 85. ES Chor s II, 3b.
ruinös. Weißgläser im Gewand Marias sind stark verbräunt. Bei
den gelben, blauen und hellbraunen Gläsern ist fortgeschrittener
Lochfraß zu verzeichnen. Die Halbtonmodellierung ist stark
berieben; die Konturen der spröd-linearen Bemalung sind dage-
gen noch weitgehend lesbar. Bleinetz modern.
Ikonographie, Komposition: Traditioneller Typus der Kreuzi-
gung zwischen Maria und Johannes.
Farbigkeit, Ornament: Der blaßbraune Körper des Gekreuzig-
ten, bekleidet mit einem weißen Lendenschurz; Kreuz bernstein-
gelb, Kreuzinschrift weiß; Kreuznimbus Christi rot und gelb.
Maria in weißem Mantel (heute stark verbräunt) über hellblauem
Untergewand. Johannes ebenfalls in weißem Mantel über roter
Tunika. Weißer Kielbogen vor blauem Fiederrankengrund mit
Trauben.
Technik, Stil, Datierung: Unter den nur spärlich überkommenen
Glasmalereien der Jahre 1460/70 im württembergisch-fränki-
schen Raum läßt sich kaum ein einziges direkt verwandtes Werk
benennen: In Anbetracht des provinziellen Charakters der
Scheibe wäre zuallererst mit einer regionalen Werkstatt im Raum
Gunzenhausen-Nördlingen-Dinkelsbühl zu rechnen. Dazu paßt
auch die ganz allgemeine Verwandtschaft mit einer Reihe wenig
älterer Glasgemälde aus dem nicht allzu weit entfernten Tüngen-
tal, aus Stöckenburg und Schwäbisch Hall, die alle etwa das glei-
che Stilniveau erreichen und von Wentzel und Becksmann ein-
vernehmlich mit einer regionalen Haller Werkstatt verbunden
wurden4. Lediglich eine beschnittene Stifterscheibe mit dem Bild
des Nürnberger Bürgers Peter Rieter von Kornburg (f 1462) und
seiner zweiten Gemahlin Barbara von Seckendorff (J 1476),
Mitte 15. Jh., die vermutlich aus dem Nürnberger Barfüßerklo-
ster stammt und sich heute im Germanischen Nationalmuseum
befindet (Mm 90)5, kann mit einiger Wahrscheinlichkeit demsel-
ben Werkstattkreis zugeschrieben werden.
Franken (Nürnberg?), um 1460.
CVMA A 11556, Großdia A 132
4 Vgl. Becksmann, CVMA Deutschland I, 2,1986, S. LII, 221,235L, 318.
5 Dem von Essenwein, i 898, S. 14, MM 90 (78), aufgrund der bekannten
Lebensumstände des Stifterpaares vorgeschlagenen terminus ante von
1450 ist u.U. zuzustimmen, keineswegs aber seiner Einordnung »bald
nach 1420«. Peter Rieter war seit 1420 in zweiter Ehe mit Barbara von
Seckendorff verheiratet und trat 1450 ins Nürnberger Barfüßerkloster
ein, seine Frau 1455 ins Klarakloster. Beide sind im Barfüßerkloster
begraben.
HAPPURG ■ PFARRKIRCHE ST. MARIA UND GEORG
Bibliographie: Schwemmer, 1950, S. 28 (datiert die Hll. Maria und Georg Ende 14. Jh./Anfang 15. Jh.); ders., Kdm.
Bayern, MF X, 1959, S. 93 (Aufzählung mit Datierung und Maßangaben); Rühl, 1961, S. 330 (datiert um 1400); Fitz-
Ulrich, 1984, S. 138 (notiert nach Kdm.); Dehio Franken, 1979, S. 345 bzw. 2i999, S. 426 (Erwähnung ergänzter
Glasgemälde um 1400).
Gegenwärtiger Bestand: An mittelalterlichen Resten sind in den Chorfenstern zwei figürliche Rechteckfelder und
eine Wappenrundscheibe, alle Anfang 15. Jahrhundert, erhalten geblieben (Fig. 86f., Abb. 98f.)1.
Geschichte des Baues und seiner Verglasung: Die Happurger Kirche wird 1058/59 anläßlich einer Weihe durch
den Eichstätter Bischof Gundekar II. erstmals erwähnt2. Der bestehende Bau reicht im Chor, in den unteren Teilen
des Schiffs und den Untergeschossen des Turmes in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts zurück. Größere Verände-
rungen an Bau (Langhauserhöhung) und Ausstattung (Herrschaftsempore, Orgel und Hochaltar) fallen ins 18. Jahr-
hundert. Im Zuge der Restaurierung des Inneren in den Jahren 1837/38 bzw. durchgreifend nochmals 1882-1886 wer-
den die wenigen Glasgemälde nicht erwähnt3. Der eingezogene kreuzrippengewölbte Chor besitzt ein Joch mit
5/8-Schluß und wird von sechs kleinen zweibahnigen Fenstern (heute ohne Maßwerk) beleuchtet.
HAPPURG • PFARRKIRCHE
Fig. 85. ES Chor s II, 3b.
ruinös. Weißgläser im Gewand Marias sind stark verbräunt. Bei
den gelben, blauen und hellbraunen Gläsern ist fortgeschrittener
Lochfraß zu verzeichnen. Die Halbtonmodellierung ist stark
berieben; die Konturen der spröd-linearen Bemalung sind dage-
gen noch weitgehend lesbar. Bleinetz modern.
Ikonographie, Komposition: Traditioneller Typus der Kreuzi-
gung zwischen Maria und Johannes.
Farbigkeit, Ornament: Der blaßbraune Körper des Gekreuzig-
ten, bekleidet mit einem weißen Lendenschurz; Kreuz bernstein-
gelb, Kreuzinschrift weiß; Kreuznimbus Christi rot und gelb.
Maria in weißem Mantel (heute stark verbräunt) über hellblauem
Untergewand. Johannes ebenfalls in weißem Mantel über roter
Tunika. Weißer Kielbogen vor blauem Fiederrankengrund mit
Trauben.
Technik, Stil, Datierung: Unter den nur spärlich überkommenen
Glasmalereien der Jahre 1460/70 im württembergisch-fränki-
schen Raum läßt sich kaum ein einziges direkt verwandtes Werk
benennen: In Anbetracht des provinziellen Charakters der
Scheibe wäre zuallererst mit einer regionalen Werkstatt im Raum
Gunzenhausen-Nördlingen-Dinkelsbühl zu rechnen. Dazu paßt
auch die ganz allgemeine Verwandtschaft mit einer Reihe wenig
älterer Glasgemälde aus dem nicht allzu weit entfernten Tüngen-
tal, aus Stöckenburg und Schwäbisch Hall, die alle etwa das glei-
che Stilniveau erreichen und von Wentzel und Becksmann ein-
vernehmlich mit einer regionalen Haller Werkstatt verbunden
wurden4. Lediglich eine beschnittene Stifterscheibe mit dem Bild
des Nürnberger Bürgers Peter Rieter von Kornburg (f 1462) und
seiner zweiten Gemahlin Barbara von Seckendorff (J 1476),
Mitte 15. Jh., die vermutlich aus dem Nürnberger Barfüßerklo-
ster stammt und sich heute im Germanischen Nationalmuseum
befindet (Mm 90)5, kann mit einiger Wahrscheinlichkeit demsel-
ben Werkstattkreis zugeschrieben werden.
Franken (Nürnberg?), um 1460.
CVMA A 11556, Großdia A 132
4 Vgl. Becksmann, CVMA Deutschland I, 2,1986, S. LII, 221,235L, 318.
5 Dem von Essenwein, i 898, S. 14, MM 90 (78), aufgrund der bekannten
Lebensumstände des Stifterpaares vorgeschlagenen terminus ante von
1450 ist u.U. zuzustimmen, keineswegs aber seiner Einordnung »bald
nach 1420«. Peter Rieter war seit 1420 in zweiter Ehe mit Barbara von
Seckendorff verheiratet und trat 1450 ins Nürnberger Barfüßerkloster
ein, seine Frau 1455 ins Klarakloster. Beide sind im Barfüßerkloster
begraben.
HAPPURG ■ PFARRKIRCHE ST. MARIA UND GEORG
Bibliographie: Schwemmer, 1950, S. 28 (datiert die Hll. Maria und Georg Ende 14. Jh./Anfang 15. Jh.); ders., Kdm.
Bayern, MF X, 1959, S. 93 (Aufzählung mit Datierung und Maßangaben); Rühl, 1961, S. 330 (datiert um 1400); Fitz-
Ulrich, 1984, S. 138 (notiert nach Kdm.); Dehio Franken, 1979, S. 345 bzw. 2i999, S. 426 (Erwähnung ergänzter
Glasgemälde um 1400).
Gegenwärtiger Bestand: An mittelalterlichen Resten sind in den Chorfenstern zwei figürliche Rechteckfelder und
eine Wappenrundscheibe, alle Anfang 15. Jahrhundert, erhalten geblieben (Fig. 86f., Abb. 98f.)1.
Geschichte des Baues und seiner Verglasung: Die Happurger Kirche wird 1058/59 anläßlich einer Weihe durch
den Eichstätter Bischof Gundekar II. erstmals erwähnt2. Der bestehende Bau reicht im Chor, in den unteren Teilen
des Schiffs und den Untergeschossen des Turmes in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts zurück. Größere Verände-
rungen an Bau (Langhauserhöhung) und Ausstattung (Herrschaftsempore, Orgel und Hochaltar) fallen ins 18. Jahr-
hundert. Im Zuge der Restaurierung des Inneren in den Jahren 1837/38 bzw. durchgreifend nochmals 1882-1886 wer-
den die wenigen Glasgemälde nicht erwähnt3. Der eingezogene kreuzrippengewölbte Chor besitzt ein Joch mit
5/8-Schluß und wird von sechs kleinen zweibahnigen Fenstern (heute ohne Maßwerk) beleuchtet.