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Scholz, Hartmut
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken und Nürnberg (extra muros): Text — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 10,1, Teil 1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2002

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.52869#0256

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KALBENSTEINBERG • PFARRKIRCHE

251

CHORFENSTER nord II

Fig. 141!., Abb. 147, 150

Dreibahniges Fenster von sieben Zeilen, drei Kopfscheiben und zwei stürzenden Fischblasen im Maßwerkcouronne-
ment; nur partiell figürlich verglast.

ia HL. JOHANNES EVANGELIST Fig. 141, Abb. 147
H. 74 cm, B. 37 cm.
Erhaltung: Einfühlsame Ergänzungen der letzten Restaurierung
1985 in Figur und im unteren Randbereich (Werkstatt Frenzei).
Die moosgrünen Gläser des Hintergrunds sind durch außensei-
tige Flächenkorrosion in ihrer Transparenz nachhaltig getrübt.
Bemalung in Halbton und ausgeprägter Wisch- und Radiertech-
nik trotz des merkwürdigen Negativeffekts offenbar weitgehend
intakt. Die zahlreichen Sprungbleie wurden 1985 entfernt, die
Sprünge mit Araldit geklebt. Bleinetz modern.
Ikonographie, Komposition: Johannes der Evangelist steht hier
als Pendant der Hl. Margareta und damit als Namenspatron für
Hans Rieter (1426-1460), den Stifter und ersten Inhaber des
Majorats Kalbensteinberg und Stiefbruder des Bauherrn Paulus
Rieter (vgl. ic)33. Der Heilige erscheint mit seinem Attribut, dem
Giftkelch, stehend vor Damastgrund; die einfache architektoni-
sche Rahmung zeigt eine durch stark gebogene Fialen beschrie-
bene Kielbogenöffnung.
Farbigkeit: Figur und Architekturrahmung in reiner Grisaille-
malerei; dunkel moosgrüner Damastgrund.
Ornament: Im Hintergrund begegnet die Spielart eines überre-
gional verbreiteten, in Straßburg, Nürnberg, späterhin auch in
der Freiburger Glasmalerei nachgewiesenen Damastmusters34.
Technik, Stil, Datierung: Die Bemalung der weißen Gläser
erscheint überwiegend auf flächig dünne Halbtonlasuren und
ausradierte bzw. -gewischte Lichter reduziert; deckende Kontu-
ren sind auf ein Minimum beschränkt, wohl aber auch zum Teil
verloren gegangen. Eine ähnliche Technik ist auch in der Andre-
asscheibe des Chorachsenfensters anzutreffen.
Nürnberg, um 1469 (Umkreis Meister des Veldener Altars).
CVMA T 5679
ic HL. MARGARETA Fig. 142, Abb. 150
H. 75 cm, B. 36,5-37 cm.
Inschriften: Auf dem Sockelstreifen in Kapitalis: • SANT ■ MAR-
GARETA.
Erhaltung: In Kopf, Teilen des Mantels und Teilen der Rahmung
bereits frühzeitig historisierend ergänzt; außerdem vereinzelte
Reparaturen der jüngsten Restaurierung in Sockel, Bekrönung
und Rankengrund. Korrosionsbedingte Transparenzminderung



im moosgrünen Rankengrund. Zahlreiche geklebte Sprünge.
Bleinetz neu.
Ikonographie, Komposition: Margareta von Antiochia stehend
mit dem Kreuzesstab als Zeichen des Sieges über den legendären
Drachen, der ihr im Gefängnis erschienen war35. Gemeinsam mit
ihrem Gegenüber in ia, dem Hl. Johannes Evangelista, gilt sie als
Patronin für schwere Geburten, doch scheint hier lediglich die
Namenspatronin der Stifterin gemeint gewesen zu sein: Erwogen
wurde bereits Margareta Rieter, geb. Schmidtmayer, Gemahlin
von Hans Rieter, dem Sohn des Bauherrn36. Ist dagegen das ver-
stümmelte, nicht mehr eindeutig zu lesende Wappen Holzschu-
her(?) zu Füßen der Heiligen ursprünglich, und nichts spricht
dagegen, dann dürfte in dieser Scheibe vielmehr auf Margarete
Holzschuher, die Gemahlin Hans Rieters verwiesen sein (vgl.
ia).
Farbigkeit: Abgesehen vom tiefblauen Kleid Margaretas und den
(teilweise erst später ergänzten) silbergelben Partien in Haaren
und Nimbus der Heiligen bzw. Halsband und Klauen des Dra-
chen in Figuren und Architektur überwiegend Grisaillemalerei.
Wappen silbergelb, weiß und schwarz; moosgrüner Ranken-
grund.
Ornament: Fiederrankengrund mit den bereits zur Parierzeit
besonders verbreiteten kurvierten Nierenblättern.
Stil, Datierung: Nürnberg, um 1469 (Umkreis Meister des Velde-
ner Altars).
CVMA T 5680

CHORFENSTER süd II Fig. i43f., Abb. i48f.
Dreibahniges Fenster von sieben Zeilen, drei Kopfscheiben und großem Maßwerkkreis mit zwei eingeschriebenen

Fischblasen; nur partiell figürlich verglast.
ia HL. VERONIKA Fig. 143, Abb. 148
H. 74 cm, B. 37,5 cm.
Inschriften: Auf dem Sockelstreifen in Kapitalis: SANT ■ VE-
RONICA.
Erhaltung: In Figur, Wappen und Hintergrund zu verschiedenen
Zeiten stark ergänzt. Originale Grün- und Blaugläser im Kleid

33 Putz, 1914, S. 95.
34 Vgl. Scholz, Werkstattpraxis, 1991, S. 284!.; in ähnlicher Form
kommt das betreffende Muster bereits in einer Verkündigungstafel des
Nördlinger Stadtmalers Friedrich Herlin von 1459 (Nördlingen, Stadt-
museum) vor.
35 Benz , ^1979, S. 464; vgl. LCI, VII, 1974, Sp. 494-500.
36 Vgl. Putz, 1914, S. 52.
 
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