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NÜRNBERG • ST. JOHANNIS
Gegenwärtiger Bestand: In den drei Chorschlußfenstern sind heute noch 21 Rechteckfelder, drei Kopfscheiben
und 13 Rundwappen des späten Mittelalters, nur zum geringsten Teil an ihren angestammten Fensterplätzen erhalten
(Fig. 221-238, Abb. 238-260). Aus nachmittelalterlicher Zeit stammen vier große Rechteckwappen, 11 Rundwappen
unterschiedlicher Größe (Abb. 248) sowie eine Serie von sieben kleineren Rechteckwappen aus der zerstörten Nürn-
berger Hl.-Kreuz-Kirche1, die außerdem hier zusammengeführt wurden2.
Geschichte des Baues: Die Geschichte des Siechkobels St. Johannis, der ältesten Einrichtung zur Isolierung und
Versorgung Lepröser in Nürnberg, geht zurück bis auf das Jahr 1234. Damals war das domus leprosorum - einer
Schenkungsurkunde Heinrichs VII. zufolge - noch dem Deutschen Orden in Nürnberg unterstellt3. Vier Jahre nach
dieser ersten Erwähnung erfahren wir in einem Brief Papst Gregors IX. an den Bischof von Bamberg von dem Anlie-
gen, den Bau eines Gottesackers samt Kapelle zu genehmigen, um den ihn die Meister und Brüder des hauß der sun-
dersiechen zu Nurenberg gebeten hatten4. Eine erste Kapelle aus dieser Zeit scheint nach ungesicherter Überlieferung
bereits 1323 durch die Nürnberger Patrizierfamilie Tetzel erneuert worden zu sein, ohne daß wir Näheres über deren
Gestalt aussagen könnten. Im Jahr 1307 schenkte Königin Elisabeth, die Gemahlin des deutschen Königs Albrecht I.,
dem Frauenkobel mehrere Grundstücke - unter anderem für die Lesung der Messe in der St. Johanneskapelle. Im sel-
ben Jahr setzte der Rat der Stadt mit Herdegen Holzschuher auch den ersten städtischen Pfleger des Siechkobels ein;
seit 1462 oblag den patrizischen Nachfolgern auch die Gotteshauspflege der Kirche St. Johannis5 *. Der bestehende Bau
geht im wesentlichen auf das letzte Viertel des 14. Jahrhunderts zurück, als auch die Mutterkirche St. Sebald um den
großen neuen Ostchor erweitert wurde. Eine Nürnberger Chronik der Zeit König Sigismunds überliefert das Weihe-
datum des Chores: Item anno dom. 1300 und 77. jar an dem vierden tag nach pfingsten da weihet man sant Johans
chor vor der stat zu Nüremberg^. Die Jahrzahl 1377 erscheint auch im Chorgewölbe über dem Fenster süd III. Als
zweites Datum für Chor- und Altarweihe ist im Salbuch des Siechkobels St. Johannis aus der Feder des Pflegers
Ulrich Starck der 22. Juni 1382, der Sonntag vor Sonnwend und Johannis festgehalten7. Eine Stadtrechnung vom Sep-
tember 1395 schließlich erwähnt die Weihe des neuen Langhauses, des Kirchhofes und der Kapelle, durch den Weihbi-
schof Eyring von Bamberg, der dafür mit 26 Gulden aus dem Stadtsäckel entschädigt wurde. Im Verlauf des 15. Jahr-
1 Die Wappenserie der Hallerschen Kirchenpfleger war dort vor dem
Krieg verteilt auf die dritte Zeile der drei Chorschlußfenster (vgl. Strie-
der, 1993, S. 204, Abb. 321).
2 Die nachmittelalterlichen Wappen sind wie folgt verteilt: 1. Chor I:
2a—c: Serie von sieben Rechteckscheiben mit Hallerschen Gedächtnis-
wappen aus der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Heilig-Kreuz-Kirche,
alle 1. Viertel 17. Jh., H./B. jeweils 23/20 cm, mit folgenden Inschriften:
2a, unten: Martin Haller vom Hallerstain, Pfleger zum Hey Ligen Creutz,
A°- 1444; - 2a, oben: Joachim Haller vom Hallerstain, Pfleger zum Heyl-
ligen Creutz: A°- 1429; - 2b, unten: Martin Haller vom Hallerstain, Ver-
walter zum Heylligen Creutz, A°- 1535; — 2b, mittig: Wappen Haller mit
leerer Inschrifttafel (ehern, bezogen auf Bertold Haller 1379; Inschrift
nach Pilz, 1984, S. 55, seit 1922 verloren); - 2b, oben: Sebaldt Haller
vom Hallerstain, Pfleger zum Heylligen Creutz: Aa 1440; — 2c, unten:
Ernst Haller vom Hallerstain, Hellmstadt und Kalckhreuth, Pfleger zum
H: Creutz: Aa 1397; - 2c, oben: Lazarus Haller vom Hallerstain, Pfleger
zum Heylligen Creutz: A° 1618. - 3a, unten: Rundwappen mit Allianz
Lochner/Imhoff, Ende 16. Jh.; - 3b, unten: Rundwappen mit Umschrift:
Esaias vnd Georg Gwandschneider. A° 1644; - 3b, oben: Großes
Rechteckwappen Derrer mit Beischild Scheuri und Inschrifttafel: Des E.
E. F: und Hochweysen Herrn Christoff Derrers von und zu der Under
Burg: des Innern + Gehaimen Raths und Landtpflegers Gedächtnus A°-
1646', - 3c, unten: Rundwappen mit Allianz Paumgärtner/Dichtel, bez.
iy8y, - 3c, oben: Rechteckwappen Scheuri, um 1600. -2. Chor n II, 3b:
11 Rundwappen, davon drei um 1500 (vgl. Kat. S. 348), sonst von oben
nach unten, links vor rechts: Tetzel, Tetzel, Wappenallianz
Imhoff/Paumgärtner/Schmidtmaier, Scheuri, Tetzel, Wappenallianz Tet-
zel/Kress/Haller, Wappenallianz Tetzel/Schlüsselfelder mit Umschrift:
Hans . Engelhart . Tetzel . 1585, Wappenallianz Tetzel/Groland mit
Umschrift: Iobst . Friderich . Tetzel . 1585. -j. Chor s II: 2b: zwei
große Rundwappen, unten: Wappen Imhoff mit Beischilden Pfinzing
und Beck und Inschrifttafel: Johann Hieronymus ImHoff uff Lonerstatt
deß Heyl: Röm: Reichs Stattrichter zu Nürnberg und Pfleger dießes
Gotts-Hauß und Siechkobels (um 1642); oben: Allianz Ebner/
Behaim von Schwarzbach, Ende. 17. Jh.; - 4a: vermehrtes Wappen
Paumgartner mit Beischild Schlüsselfelder und Inschriftkartusche:
Georg Gabriel Pavmgartner vf Holenstein vnd Lonerstadt, des
Heil: Rom: Reichs Stadtrichter in Nvrnberg avch Pfleger der
Kirchen vnd Kobel. S. Iohannis. 1687; - 4c: Wappen Löffelholz mit
Beischilden Fürer, Pfinzing und Inschriftkartusche: Sebastian Löffel-
holtz Statt Richter und Pfleger dieser Kirch(e)n Sanct Johannis (um
1665). - Trechsel, 1735, S. 790, erwähnt überdies ein Sakristeifenster:
»ein Alt-Adelich Pfinzingsches Wappenschildgen, dergleichen noch 2 in
jedem der anderen beeden gegen Mittag befindlichen Fenstern anzutref-
fen, außer, daß in dem zur Rechten stehenden, noch ein Grolandisches
Nebenschildgen, und zwischen ihnen St. Johannes auf einer Glasscheibe
getuscht, seinen Gifft-Kelch auf seiner mit einem Tuch bedeckten linken
Hand, emporhaltend, zu sehen«.
3 Vgl. im folgenden Busse, 1974, S. 26 ff.
4 Das päpstliche Breve nur in deutscher Abschrift von etwa 1505 über-
liefert (vgl. NU, Nr. 287).
5 Busse, 1974, S. 34 ff; vgl. Pilz, 1974, S. 3-13.
6 Die Chroniken der fränkischen Städte, Nürnberg I, in: Chroniken I,
1862, S. 353; vgl. Herold, 1917, S. 3.
7 Pilz, 1974, S. 33.
NÜRNBERG • ST. JOHANNIS
Gegenwärtiger Bestand: In den drei Chorschlußfenstern sind heute noch 21 Rechteckfelder, drei Kopfscheiben
und 13 Rundwappen des späten Mittelalters, nur zum geringsten Teil an ihren angestammten Fensterplätzen erhalten
(Fig. 221-238, Abb. 238-260). Aus nachmittelalterlicher Zeit stammen vier große Rechteckwappen, 11 Rundwappen
unterschiedlicher Größe (Abb. 248) sowie eine Serie von sieben kleineren Rechteckwappen aus der zerstörten Nürn-
berger Hl.-Kreuz-Kirche1, die außerdem hier zusammengeführt wurden2.
Geschichte des Baues: Die Geschichte des Siechkobels St. Johannis, der ältesten Einrichtung zur Isolierung und
Versorgung Lepröser in Nürnberg, geht zurück bis auf das Jahr 1234. Damals war das domus leprosorum - einer
Schenkungsurkunde Heinrichs VII. zufolge - noch dem Deutschen Orden in Nürnberg unterstellt3. Vier Jahre nach
dieser ersten Erwähnung erfahren wir in einem Brief Papst Gregors IX. an den Bischof von Bamberg von dem Anlie-
gen, den Bau eines Gottesackers samt Kapelle zu genehmigen, um den ihn die Meister und Brüder des hauß der sun-
dersiechen zu Nurenberg gebeten hatten4. Eine erste Kapelle aus dieser Zeit scheint nach ungesicherter Überlieferung
bereits 1323 durch die Nürnberger Patrizierfamilie Tetzel erneuert worden zu sein, ohne daß wir Näheres über deren
Gestalt aussagen könnten. Im Jahr 1307 schenkte Königin Elisabeth, die Gemahlin des deutschen Königs Albrecht I.,
dem Frauenkobel mehrere Grundstücke - unter anderem für die Lesung der Messe in der St. Johanneskapelle. Im sel-
ben Jahr setzte der Rat der Stadt mit Herdegen Holzschuher auch den ersten städtischen Pfleger des Siechkobels ein;
seit 1462 oblag den patrizischen Nachfolgern auch die Gotteshauspflege der Kirche St. Johannis5 *. Der bestehende Bau
geht im wesentlichen auf das letzte Viertel des 14. Jahrhunderts zurück, als auch die Mutterkirche St. Sebald um den
großen neuen Ostchor erweitert wurde. Eine Nürnberger Chronik der Zeit König Sigismunds überliefert das Weihe-
datum des Chores: Item anno dom. 1300 und 77. jar an dem vierden tag nach pfingsten da weihet man sant Johans
chor vor der stat zu Nüremberg^. Die Jahrzahl 1377 erscheint auch im Chorgewölbe über dem Fenster süd III. Als
zweites Datum für Chor- und Altarweihe ist im Salbuch des Siechkobels St. Johannis aus der Feder des Pflegers
Ulrich Starck der 22. Juni 1382, der Sonntag vor Sonnwend und Johannis festgehalten7. Eine Stadtrechnung vom Sep-
tember 1395 schließlich erwähnt die Weihe des neuen Langhauses, des Kirchhofes und der Kapelle, durch den Weihbi-
schof Eyring von Bamberg, der dafür mit 26 Gulden aus dem Stadtsäckel entschädigt wurde. Im Verlauf des 15. Jahr-
1 Die Wappenserie der Hallerschen Kirchenpfleger war dort vor dem
Krieg verteilt auf die dritte Zeile der drei Chorschlußfenster (vgl. Strie-
der, 1993, S. 204, Abb. 321).
2 Die nachmittelalterlichen Wappen sind wie folgt verteilt: 1. Chor I:
2a—c: Serie von sieben Rechteckscheiben mit Hallerschen Gedächtnis-
wappen aus der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Heilig-Kreuz-Kirche,
alle 1. Viertel 17. Jh., H./B. jeweils 23/20 cm, mit folgenden Inschriften:
2a, unten: Martin Haller vom Hallerstain, Pfleger zum Hey Ligen Creutz,
A°- 1444; - 2a, oben: Joachim Haller vom Hallerstain, Pfleger zum Heyl-
ligen Creutz: A°- 1429; - 2b, unten: Martin Haller vom Hallerstain, Ver-
walter zum Heylligen Creutz, A°- 1535; — 2b, mittig: Wappen Haller mit
leerer Inschrifttafel (ehern, bezogen auf Bertold Haller 1379; Inschrift
nach Pilz, 1984, S. 55, seit 1922 verloren); - 2b, oben: Sebaldt Haller
vom Hallerstain, Pfleger zum Heylligen Creutz: Aa 1440; — 2c, unten:
Ernst Haller vom Hallerstain, Hellmstadt und Kalckhreuth, Pfleger zum
H: Creutz: Aa 1397; - 2c, oben: Lazarus Haller vom Hallerstain, Pfleger
zum Heylligen Creutz: A° 1618. - 3a, unten: Rundwappen mit Allianz
Lochner/Imhoff, Ende 16. Jh.; - 3b, unten: Rundwappen mit Umschrift:
Esaias vnd Georg Gwandschneider. A° 1644; - 3b, oben: Großes
Rechteckwappen Derrer mit Beischild Scheuri und Inschrifttafel: Des E.
E. F: und Hochweysen Herrn Christoff Derrers von und zu der Under
Burg: des Innern + Gehaimen Raths und Landtpflegers Gedächtnus A°-
1646', - 3c, unten: Rundwappen mit Allianz Paumgärtner/Dichtel, bez.
iy8y, - 3c, oben: Rechteckwappen Scheuri, um 1600. -2. Chor n II, 3b:
11 Rundwappen, davon drei um 1500 (vgl. Kat. S. 348), sonst von oben
nach unten, links vor rechts: Tetzel, Tetzel, Wappenallianz
Imhoff/Paumgärtner/Schmidtmaier, Scheuri, Tetzel, Wappenallianz Tet-
zel/Kress/Haller, Wappenallianz Tetzel/Schlüsselfelder mit Umschrift:
Hans . Engelhart . Tetzel . 1585, Wappenallianz Tetzel/Groland mit
Umschrift: Iobst . Friderich . Tetzel . 1585. -j. Chor s II: 2b: zwei
große Rundwappen, unten: Wappen Imhoff mit Beischilden Pfinzing
und Beck und Inschrifttafel: Johann Hieronymus ImHoff uff Lonerstatt
deß Heyl: Röm: Reichs Stattrichter zu Nürnberg und Pfleger dießes
Gotts-Hauß und Siechkobels (um 1642); oben: Allianz Ebner/
Behaim von Schwarzbach, Ende. 17. Jh.; - 4a: vermehrtes Wappen
Paumgartner mit Beischild Schlüsselfelder und Inschriftkartusche:
Georg Gabriel Pavmgartner vf Holenstein vnd Lonerstadt, des
Heil: Rom: Reichs Stadtrichter in Nvrnberg avch Pfleger der
Kirchen vnd Kobel. S. Iohannis. 1687; - 4c: Wappen Löffelholz mit
Beischilden Fürer, Pfinzing und Inschriftkartusche: Sebastian Löffel-
holtz Statt Richter und Pfleger dieser Kirch(e)n Sanct Johannis (um
1665). - Trechsel, 1735, S. 790, erwähnt überdies ein Sakristeifenster:
»ein Alt-Adelich Pfinzingsches Wappenschildgen, dergleichen noch 2 in
jedem der anderen beeden gegen Mittag befindlichen Fenstern anzutref-
fen, außer, daß in dem zur Rechten stehenden, noch ein Grolandisches
Nebenschildgen, und zwischen ihnen St. Johannes auf einer Glasscheibe
getuscht, seinen Gifft-Kelch auf seiner mit einem Tuch bedeckten linken
Hand, emporhaltend, zu sehen«.
3 Vgl. im folgenden Busse, 1974, S. 26 ff.
4 Das päpstliche Breve nur in deutscher Abschrift von etwa 1505 über-
liefert (vgl. NU, Nr. 287).
5 Busse, 1974, S. 34 ff; vgl. Pilz, 1974, S. 3-13.
6 Die Chroniken der fränkischen Städte, Nürnberg I, in: Chroniken I,
1862, S. 353; vgl. Herold, 1917, S. 3.
7 Pilz, 1974, S. 33.