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Scholz, Hartmut
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Mittelfranken und Nürnberg (extra muros): Text — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 10,1, Teil 1: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.52869#0515

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SEGRINGEN • PFARRKIRCHE


Fig. 359. Segringen, Pfarrkirche. Grundriß mit Fensterschema. Maßstab 1:300.

Langhaus durch den deutlich niedriger einspringenden Chorbogen abgetrennt ist, dürfte dagegen erst vor Mitte des
14. Jahrhunderts errichtet worden sein. Darauf deuten nicht nur das tief heruntergezogene, auf Spitzkonsolen fußende
Kreuzrippengewölbe und die Maßwerkformen der Chorfenster mit genasten Drei- und Vierpässen. Auch der im
leicht erhöhten Altarraum bewahrte schöne Fliesenboden mit sternförmig angeordneten, von sich überschneidenden
Kreisen gerahmten Eichblättern scheint noch zur ursprünglichen Chorausstattung zu gehören1 2 3 4. Neben dem dreibah-
nigen Ostfenster wird der Chorraum durch zwei ursprünglich zweibahnige Fenster auf der Südseite erleuchtet (Fig.
3 59)5-
Über Stiftung und frühe Reparaturen der Chorfenster ist nichts bekannt. Allerdings läßt der Verlust gerade der unte-
ren beiden, vom Hochaltarretabel des späten 15. Jahrhunderts komplett verdeckten Fensterzeilen im Ostfenster bei
überwiegender Originalsubstanz der noch vorhandenen Felder des 14. Jahrhunderts nur den Schluß zu, daß die verlo-
renen Teile bereits zu einem frühen Zeitpunkt gezielt entfernt und zur besseren Beleuchtung des Chorraums durch
Blankverglasungen ersetzt worden waren. Eine erste umfassende Instandsetzung des dezimierten mittelalterlichen
Bestands einschließlich der »stilgerechten« Neuanfertigung von sechs figürlichen Feldern zur Komplettierung des
Ostfensters folgte 1896/97 in der Kgl. Bayerischen Hof-Glasmalerei F.X. Zettler (vgl. Reg. Nr. 149-152). Die jüngste
Konservierung der inzwischen stark verbräunten alten Glasgemälde einschließlich einer Schutzverglasung wurde 1980
projektiert, jedoch erst 1993 in der Münchner Werkstatt Gustav van Treeck durchgeführt6. Dabei wurden minimale
Fehlstellen ergänzt, die vorderseitigen Schmutzkrusten und Überlagerungen (Kittreste, Färb-, Kalk- und Mörtelsprit-
zer) soweit wie möglich reduziert, akut gefährdete Malschichten mit Araldit (Konturen) bzw. Acryl (Halbton) partiell
gesichert und wo nötig Bleibrüche nachgelötet und stabilisiert. Der durch unterschiedliche Verwitterungsabläufe in
und auf den Glasoberflächen bedingte uneinheitliche Korrosionszustand der Außenseiten wurde belassen.
Erhaltung: Die zu überwiegenden Teilen originalen mittelalterlichen Felder sind mehr oder weniger stark
(besonders in grünen, blauen und braunen Gläsern) verbräunt. Daß dieses Schadensbild erst innerhalb der letzten

1 Vgl. Brunner (s. Bibi.) 1953, S. 3-7; Hans-Joachim König, Die
Geschichte der Pfarrei Segringen, in: AD 40, 1958, S. 21-40, und 41,
1959, S. 1-6.
2 Zwischenzeitlich - in der ersten Hälfte des 14. Jh. - lag das Patronat
über die Segringer Pfarrei als Lehen der Nürnberger Burggrafen bei den
Herren von Hürlbach, die es nach 1330 an das Deutsche Haus in Ulm
verkauften. Unter dessen Komtur Heinrich von Zipplingen gelangte der
Kirchensatz 1343 schließlich wieder zurück an Abt Wighard von Hirsau
und Mönchsroth; vgl. König (wie Anm. 1), 1958, S. 3 rf.
3 Die gesamte Bauplastik zeigt enge Verwandtschaft mit den etwa zeit-
gleichen Steinmetzarbeiten am spätromanischen Westturm der Georgs-
kirche in Dinkelbühl (Kurzinventar Dinkelsbühl, 1962, S. 194).
4 Das Muster (im Fliesenelement ein Spitzoval mit stilisiertem Eichblatt,
das erst durch die entsprechende Verlegung den beschriebenen Rapport

ergibt) ist in der Zeit von Mitte 13. Jh. bis in das 16. Jh. hinein in unge-
zählten Varianten weit verbreitet. Eleonore Landgraf, Ornamentierte
Bodenfliesen des Mittelalters in Süd- und Westdeutschland 1150-15 50
(Forschungen und Berichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-
Württemberg 14), II: Musterkatalog, H 201, und III: Fundorte, S. 61, mit
Datierung »kaum vor der 2. Hälfte des 15. Jh.«. Vergleicht man ebenda
die nächstverwandten Muster in Königsfelden (H 200; 1325-1330) oder
Straßburg (H 199; Mitte 14. Jh. oder 1386), dann läßt sich die Spätdatie-
rung kaum begründen.
5 Heute lassen nur die Maßwerkspitzen die ursprüngliche Gestalt der
beiden Fenster erkennen, da ihre Fensterpfosten zu unbekanntem Zeit-
punkt ausgebrochen worden sind.
6 Briefwechsel und Besprechungsprotokolle im PfA Segringen; vgl.
Restaurierungsbericht Segringen, G. van Treeck C 7850.
 
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