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LANGENZENN • EHEM. AUGUSTINER-CHORHERRENSTIFT
joch und der Anbau der beiden Seitenkapellen samt Sakristei3. Nach der Einführung der Reformation im Markgrafen-
tum durch Georg den Frommen wurde das Kloster 1539 aufgehoben. Umfangreichere Baumaßnahmen und Renovie-
rungen sind in der Folge für die Jahre 1688-1698 und 1766 -1782 verzeichnet, doch bereits 1655 berichtet der Kloster-
verwalter das das Kirchengebäude derart zugrunde [gehe], daß bei Regenzeit das hl. Sakrament auf dem Altar nicht
sicher steht, und die Fenster seien aller Orten zerbrochen und offen, daß die Vögel auch den Altar verunreinigten^. Im
Zuge der umfassenden Instandsetzung nach 1878 unter der Leitung des Nürnberger Akademieprofessors Georg Eber-
lein erhielt der Innenraum sein neugotisches Gewand. Bei dieser Maßnahme wurden die Chorgewölbe ausgemalt und
1883-1897 die Chorfenster mit neuen historistischen Farbverglasungen geschlossen5.
Obwohl sich außer den beiden mittelalterlichen Wappen Brandenburgs und Bayerns im Maßwerk des Achsenfensters
keine sicheren Reste der ehemaligen Chorverglasung erhalten haben - womit immerhin eine prominente Fensterstif-
tung des Kurfürsten Friedrich I. und seiner Gemahlin Elisabeth von Bayern-Landshut in der Chorachse auch mate-
riell überliefert ist -, scheinen gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch gewisse Anhaltspunkte zur Verglasung eines
zweiten Chorschlußfensters vorhanden gewesen zu sein: In den neugeschaffenen Farbverglasungen der Fenster I und
nord II ist die jeweils unterste Fensterzeile dem Gedenken mittelalterlicher Fensterstifter gewidmet. Im Achsenfenster
ist das Wappen des Nürnberger Burggrafentums links mit der Erinnerung an Burggraf Friedrich V. (vor 1332-1398),
das Wappen Brandenburg in der Mitte mit Kurfürst Friedrich I. (1371-1440) und der Zollernschild rechts mit dessen
älterem Bruder, Burggraf Johann III. (um 1369-1420) verknüpft (s. Anm. 1). Übertragen auf die Verhältnisse zur Bau-
zeit des Chores spricht diese Wappenkonstellation für eine Gedächtnisstiftung durch Friedrich I., die jedenfalls vor
dessen Tod 1440 erfolgt sein muß, und das bestätigen auch die beiden noch originalen Rundwappen im Maßwerkcou-
ronnement. Das benachbarte Chorfenster nord II erinnert dagegen in seiner ersten Fensterzeile - neben der aktuellen
Stifterinschrift der Grafen und Freiherren von Seckendorff Aberdar, Gütend und Rhinhofen als den Neustiftern - an
den Urahnen und kurfürstlichen Rat Ritter Hans von Seckendorff (f 1456) und seine erste Gemahlin Anna von Wem-
ding ("[1444). Da die beiden Genannten auch mit ihren Grabdenkmälern in Langenzenn, im südöstlichen Seitenschiff,
vertreten sind, kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich tatsächlich ehemals eine Seckendorffsche Fensterstiftung
der Zeit vor 1456 im Chor der Klosterkirche befunden haben kann6. Ob sich dafür aber - wie im Fall der Markgrafen-
stiftung in der Chorachse - im späten 19. Jahrhundert noch Anhaltspunkte oder originale Wappenreste (etwa im Maß-
werk) gefunden hatten oder ob wir es vielmehr mit einer Erfindung der Lokalgeschichtsschreibung jener Zeit zu tun
haben, war der schriftlichen Überlieferung zur Eberleinschen Renovierung nicht zu entnehmen7.
Vorbemerkung zum Katalog: Die vor Ort befindlichen Restscheiben wurden im Sommer 2001 in situ aufgenommen,
konnten jedoch keiner näheren Autopsie unterzogen werden. Das abgewanderte Rechteckfeld wurde im Januar 2002
in ausgebautem Zustand im Germanischen Nationalmuseum, die Depotscheibe in der Friedhofskirche in situ unter-
sucht.
CHORFENSTER I
Fig. 163 f.
1 AB MASSWERKFELD MIT WAPPEN BRANDENBURG
Fig- 163
Durchmesser ca. 45 cm.
Erhaltung: Wappen und Blattgrund weitgehend original. Farb-
gläser außenseitig flächig verwittert und in der Transparenz
gemindert.
Ikonographie, Farbigkeit: Das Brandenburgische Wappen zeigt
im silbernen Schild einen gelb bewehrten roten Adler mit golde-
nen Kleestangen. Roter Blattgrund.
Die Wappenallianz mit dem benachbarten bayerischen Wappen
bezieht sich auf das Stifterpaar des Augustiner-Chorherrenstifts
Langenzenn: Friedrich I., den ersten zollernschen Markgrafen
und Kurfürsten von Brandenburg 1370, Reg. 1415-1440), und
seine Gemahlin Elisabeth von Bayern-Landshut, genannt
3 Das beweisen nicht nur die Wappen des Markgrafen Friedrich I. von
Brandenburg und seiner Gemahlin Elisabeth von Bayern im Maßwerk
des Chorachsenfensters, die als terminus ante quem das Todesjahr des
Kurfürsten 1440 ergeben, sondern auch die stattlichen Reste des ehema-
ligen Hochaltars, die sich heute - neben der Stadtkirche Langenzenn -
auf verschiedene Museen verteilen und aus stilgeschichtlichen Gründen
kaum nach »1435« zu datieren sind (vgl. zuletzt Strieder, 1993,
S.173-175, Nr. 13).
4 Einfalt, 1910, S. 65. - Die Bauakten der Jahre 1688/89 verzeichnen
umfangreiche Reparaturen an den Kirchenfenstern in Chor, Kapellen
und Klostergebäuden, wobei sukzessive größere Posten mit Butzen-
scheiben (jeweils Kisten von 2500 Scheiben), Blei und Zinn für unter-
schiedliche Feldgrößen (zu 40, 43 und 66 ganzen Scheiben) verrechnet
werden (LkAN, PfA Langenzenn, Nr. 311). Möglicherweise wurden im
LANGENZENN • EHEM. AUGUSTINER-CHORHERRENSTIFT
joch und der Anbau der beiden Seitenkapellen samt Sakristei3. Nach der Einführung der Reformation im Markgrafen-
tum durch Georg den Frommen wurde das Kloster 1539 aufgehoben. Umfangreichere Baumaßnahmen und Renovie-
rungen sind in der Folge für die Jahre 1688-1698 und 1766 -1782 verzeichnet, doch bereits 1655 berichtet der Kloster-
verwalter das das Kirchengebäude derart zugrunde [gehe], daß bei Regenzeit das hl. Sakrament auf dem Altar nicht
sicher steht, und die Fenster seien aller Orten zerbrochen und offen, daß die Vögel auch den Altar verunreinigten^. Im
Zuge der umfassenden Instandsetzung nach 1878 unter der Leitung des Nürnberger Akademieprofessors Georg Eber-
lein erhielt der Innenraum sein neugotisches Gewand. Bei dieser Maßnahme wurden die Chorgewölbe ausgemalt und
1883-1897 die Chorfenster mit neuen historistischen Farbverglasungen geschlossen5.
Obwohl sich außer den beiden mittelalterlichen Wappen Brandenburgs und Bayerns im Maßwerk des Achsenfensters
keine sicheren Reste der ehemaligen Chorverglasung erhalten haben - womit immerhin eine prominente Fensterstif-
tung des Kurfürsten Friedrich I. und seiner Gemahlin Elisabeth von Bayern-Landshut in der Chorachse auch mate-
riell überliefert ist -, scheinen gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch gewisse Anhaltspunkte zur Verglasung eines
zweiten Chorschlußfensters vorhanden gewesen zu sein: In den neugeschaffenen Farbverglasungen der Fenster I und
nord II ist die jeweils unterste Fensterzeile dem Gedenken mittelalterlicher Fensterstifter gewidmet. Im Achsenfenster
ist das Wappen des Nürnberger Burggrafentums links mit der Erinnerung an Burggraf Friedrich V. (vor 1332-1398),
das Wappen Brandenburg in der Mitte mit Kurfürst Friedrich I. (1371-1440) und der Zollernschild rechts mit dessen
älterem Bruder, Burggraf Johann III. (um 1369-1420) verknüpft (s. Anm. 1). Übertragen auf die Verhältnisse zur Bau-
zeit des Chores spricht diese Wappenkonstellation für eine Gedächtnisstiftung durch Friedrich I., die jedenfalls vor
dessen Tod 1440 erfolgt sein muß, und das bestätigen auch die beiden noch originalen Rundwappen im Maßwerkcou-
ronnement. Das benachbarte Chorfenster nord II erinnert dagegen in seiner ersten Fensterzeile - neben der aktuellen
Stifterinschrift der Grafen und Freiherren von Seckendorff Aberdar, Gütend und Rhinhofen als den Neustiftern - an
den Urahnen und kurfürstlichen Rat Ritter Hans von Seckendorff (f 1456) und seine erste Gemahlin Anna von Wem-
ding ("[1444). Da die beiden Genannten auch mit ihren Grabdenkmälern in Langenzenn, im südöstlichen Seitenschiff,
vertreten sind, kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich tatsächlich ehemals eine Seckendorffsche Fensterstiftung
der Zeit vor 1456 im Chor der Klosterkirche befunden haben kann6. Ob sich dafür aber - wie im Fall der Markgrafen-
stiftung in der Chorachse - im späten 19. Jahrhundert noch Anhaltspunkte oder originale Wappenreste (etwa im Maß-
werk) gefunden hatten oder ob wir es vielmehr mit einer Erfindung der Lokalgeschichtsschreibung jener Zeit zu tun
haben, war der schriftlichen Überlieferung zur Eberleinschen Renovierung nicht zu entnehmen7.
Vorbemerkung zum Katalog: Die vor Ort befindlichen Restscheiben wurden im Sommer 2001 in situ aufgenommen,
konnten jedoch keiner näheren Autopsie unterzogen werden. Das abgewanderte Rechteckfeld wurde im Januar 2002
in ausgebautem Zustand im Germanischen Nationalmuseum, die Depotscheibe in der Friedhofskirche in situ unter-
sucht.
CHORFENSTER I
Fig. 163 f.
1 AB MASSWERKFELD MIT WAPPEN BRANDENBURG
Fig- 163
Durchmesser ca. 45 cm.
Erhaltung: Wappen und Blattgrund weitgehend original. Farb-
gläser außenseitig flächig verwittert und in der Transparenz
gemindert.
Ikonographie, Farbigkeit: Das Brandenburgische Wappen zeigt
im silbernen Schild einen gelb bewehrten roten Adler mit golde-
nen Kleestangen. Roter Blattgrund.
Die Wappenallianz mit dem benachbarten bayerischen Wappen
bezieht sich auf das Stifterpaar des Augustiner-Chorherrenstifts
Langenzenn: Friedrich I., den ersten zollernschen Markgrafen
und Kurfürsten von Brandenburg 1370, Reg. 1415-1440), und
seine Gemahlin Elisabeth von Bayern-Landshut, genannt
3 Das beweisen nicht nur die Wappen des Markgrafen Friedrich I. von
Brandenburg und seiner Gemahlin Elisabeth von Bayern im Maßwerk
des Chorachsenfensters, die als terminus ante quem das Todesjahr des
Kurfürsten 1440 ergeben, sondern auch die stattlichen Reste des ehema-
ligen Hochaltars, die sich heute - neben der Stadtkirche Langenzenn -
auf verschiedene Museen verteilen und aus stilgeschichtlichen Gründen
kaum nach »1435« zu datieren sind (vgl. zuletzt Strieder, 1993,
S.173-175, Nr. 13).
4 Einfalt, 1910, S. 65. - Die Bauakten der Jahre 1688/89 verzeichnen
umfangreiche Reparaturen an den Kirchenfenstern in Chor, Kapellen
und Klostergebäuden, wobei sukzessive größere Posten mit Butzen-
scheiben (jeweils Kisten von 2500 Scheiben), Blei und Zinn für unter-
schiedliche Feldgrößen (zu 40, 43 und 66 ganzen Scheiben) verrechnet
werden (LkAN, PfA Langenzenn, Nr. 311). Möglicherweise wurden im