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KUNSTGESCHICHTLICHE EINLEITUNG
Textabb. 49, 50. Apostel Johannes Evange-
lista und Thomas. Soest, St. Pauli, Chor süd
IV, 6-/a und c. Soest(?), um 1400.
Überstellung mit seinem malerischen CEuvre unmittelbar ein. Im Rahmen dieser Untersuchung konnte erstmals auch
Johanns Bruder Heinrich als Glasmaler der Oberkaufunger Benedikt-Scholastika-Scheiben nachgewiesen werden. In
den geselligen und erzählfreudigen Bildkompositionen der Künstlerfamilie von der Leyten wird ein Stilbild fassbar,
das an Kontakte mit niederrheinischen Künstlern denken lässt. Da Ludwig Juppe erwiesenermaßen in St. Nikolai
in Kalkar tätig war, könnte er als Vermittler von Bildvorlagen in Frage kommen, falls die Familie nicht selbst vom
Niederrhein zugewandert ist. Für eine Intensivierung der Kontakte ins Rheinland spräche, dass unter den Landgrafen
Heinrich und Ludwig Hermann IV. (reg. 1480-1508) - ein Sohn Ludwigs I. - Kölner Erzbischof war.
Diese Beispiele mögen genügen, um zu belegen, dass Marburg im ausgehenden Mittelalter ein Zentrum der Glas-
malereiproduktion war, obschon diese allem Anschein nach auf kleinformatige Arbeiten, insbesondere auf Wappen-
scheiben, beschränkt blieb110. Die Auftragssituation dürfte sich mit der Einführung der Reformation unter Philipp
dem Großmütigen 1526 allmählich wieder verschlechtert haben. Kippenberger überliefert für die Jahre 1555/56 noch
einen Meister Seiffrid in Marburg, der dem Deutschordenshof in Stedebach bei Niederwalgern fünf Wappen anfer-
tigte. Aber schon im ausgehenden 16. Jahrhundert begegnet man in Marburg keinem Glasmaler mehr, denn 1585/86
ließ man einen ungenannten Maler Wappenkartons von Deutschordensherren anfertigen, die zur Ausführung nach
KUNSTGESCHICHTLICHE EINLEITUNG
Textabb. 49, 50. Apostel Johannes Evange-
lista und Thomas. Soest, St. Pauli, Chor süd
IV, 6-/a und c. Soest(?), um 1400.
Überstellung mit seinem malerischen CEuvre unmittelbar ein. Im Rahmen dieser Untersuchung konnte erstmals auch
Johanns Bruder Heinrich als Glasmaler der Oberkaufunger Benedikt-Scholastika-Scheiben nachgewiesen werden. In
den geselligen und erzählfreudigen Bildkompositionen der Künstlerfamilie von der Leyten wird ein Stilbild fassbar,
das an Kontakte mit niederrheinischen Künstlern denken lässt. Da Ludwig Juppe erwiesenermaßen in St. Nikolai
in Kalkar tätig war, könnte er als Vermittler von Bildvorlagen in Frage kommen, falls die Familie nicht selbst vom
Niederrhein zugewandert ist. Für eine Intensivierung der Kontakte ins Rheinland spräche, dass unter den Landgrafen
Heinrich und Ludwig Hermann IV. (reg. 1480-1508) - ein Sohn Ludwigs I. - Kölner Erzbischof war.
Diese Beispiele mögen genügen, um zu belegen, dass Marburg im ausgehenden Mittelalter ein Zentrum der Glas-
malereiproduktion war, obschon diese allem Anschein nach auf kleinformatige Arbeiten, insbesondere auf Wappen-
scheiben, beschränkt blieb110. Die Auftragssituation dürfte sich mit der Einführung der Reformation unter Philipp
dem Großmütigen 1526 allmählich wieder verschlechtert haben. Kippenberger überliefert für die Jahre 1555/56 noch
einen Meister Seiffrid in Marburg, der dem Deutschordenshof in Stedebach bei Niederwalgern fünf Wappen anfer-
tigte. Aber schon im ausgehenden 16. Jahrhundert begegnet man in Marburg keinem Glasmaler mehr, denn 1585/86
ließ man einen ungenannten Maler Wappenkartons von Deutschordensherren anfertigen, die zur Ausführung nach