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Parello, Daniel; Hess, Daniel
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Marburg und Nordhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,3: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.52865#0459

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MARBURG • RATHAUS / UNIVERSITÄTSMUSEUM

458

stück, ebenso Teile von Wappen und Schriftband. Mehrere ge-
klebte Sprünge.
Ikonographie: Auf seinen Pilgerstab gestützt, lässt sich der
pestkranke Rochus - so die Legende - durch einen Engel die
Beinwunde einsalben; ein Jagdhund überbringt ihm sogleich
ein Stück Brot15. Am trockenen Baumstamm in der Bildmit-
te hängt ein Kruzifixus, ein Motiv, das beide Heiligenfiguren
inhaltlich miteinander verbindet, denn allein mit einem Kreuz-
zeichen konnte Rochus die Pestkranken wieder heilen. Rechts
vor dem Kreuz kniet im scharfen Profil mit geschulterter Hir-
tenschippe der Hl. Wendelin, Beschützer des Viehes. Er ist mit
einem blauen Mantel und umgehängter violetter Feldtasche,
weißer Kapuze und Filzhut bekleidet. Ein 1520 datierter Kup-
ferstich Lucas van Leydens (Bartsch 29) zeigt David als Pilger
in verwandter Komposition16. Im Hintergrund reckt sich eine
Ziege am Strauch empor, zu Füßen des Heiligen lugen zwei
Schafe hervor. Hausmarke Schwob mit schwarzem Pentagramm
auf silber damasziertem Grund. Umlaufendes Schriftband zwi-
schen blütenbesetzten Fiederranken.
CVMAJJ 13015, GroßdiaJJ 03/18
2. WAPPENSCHEIBE SCHMALKALDEN
Fig. 576, 578, Abb. 360
Durchmesser 34,5 cm.
Inschrift: In gotischer Minuskel umlaufend: Johann ■ Schmal-
kaldern ■ scheffen ■ Anno d(p')m(in)i m - d - xxv.
Erhaltung: Der Großteil des Figurenhintergrundes bis auf we-
nige Stücke der Bischofsfigur erneuert. Ein mehrfach gesprun-

Fig. 578. ES Rathaus Nr. 2.
M 1:15


genes Stück im Wappenschild wurde mit einer Nassdoublie-
rung gesichert.
Ikonographie: Rechts vom Wappen sitzt ein Hl. Bischof mit
Buch im reichen Ornat mit Dalmatik, Kasel, Mitra, Bischofs-
stab und Pontifikalhandschuhen bekleidet. Ebenso wie dieser
ist auch die linke, komplett ergänzte Heiligenfigur mit Märty-
rerpalme vor einer Weinlaube nicht eindeutig zu bestimmen.
Wappen Schmalkalden mit gekreuzten Speeren auf rot-gold
geteiltem und damasziertem Schild; auf dem Stechhelm als
Helmzier wilder Mann im ebenfalls rot-gold geteilten Rock
mit geschultertem Speer und roter Mütze; Helmdecke rot-gold.
Umlaufendes Inschriftenband zwischen detailliert ausgearbei-
teten Eichenranken.
CVMAJJ 13016, GroßdiaJJ03/19

15 Braun 1943, Sp. 632E
16 Max J. Friedländer, Lucas van Leyden (Meister der Graphik
XIII), Leipzig 1924, Taf. 47.

MARBURG • UNIVERSITÄTSMUSEUM
Gegenwärtiger Bestand: Die zahlreichen, überwiegend aus der Elisabethkirche stammenden Glasmalereien im
Wilhelmsbau des Landgrafenschlosses bilden einen beeindruckenden Sammlungsschwerpunkt sakraler Kunst. Von
den insgesamt 35 Nummern lassen sich allein 22 mit dem Kirchenbau des Deutschen Ordens verbinden; eine geringere
Menge an fragmentarisch erhaltenen Figuren- und Ornamentfeldern sowie Scherbenresten wird in den Depoträumen
des Jubiläumsbaus verwahrt (Nr. 16-20, 22, 23). Bis auf zwei Scheiben, deren Herkunft nicht ermittelt werden konnte,
ist die Provenienz weiterer neun Objekte gesichert, die, mit einer Ausnahme, allesamt aus nordhessischen Kirchen
stammen. Einzig die Ornamentscheibe aus der Altenberger Zisterzienserklosterkirche wird, da ihre Herkunft außer-
halb des Bearbeitungsgebiets liegt, erst im Rahmen der Bearbeitung der rheinländischen Glasmalereien im entspre-
chenden Landschaftsband CVMA Deutschland V,i, Berücksichtigung finden.
Geschichte der Sammlung: Den Grundstock des Museums bildet die Altertümersammlung des Juristen und Hei-
matforschers Ludwig Bickell (1838-1901), die der Hessische Geschichtsverein im Jahr 1875 übernahm; sie wurde später
mit der Sammlung des Marburger Kunst- und Altertumsvereins vereint1. Zunächst in den Kellergewölben des Land-
grafenschlosses untergebracht, überführte man die Bestände anlässlich der 400jährigen Gründungsfeier der Univer-
sität im Jahr 1927 in den neuen Jubiläumsbau. Im Jahr 1981 fanden schließlich die kulturgeschichtlichen Objekte und
Werke kirchlicher Kunst im Wilhelmsbau eine neue Bleibe.
1 Einen Abriss zu Entstehungsgeschichte und Wandel des Marburger Becker u.a., Marburger Universitätsmuseum für Kunst und Kulturge-
Universitätsmuseums liefert Carl Graepler, Museum und Universität schichte, Braunschweig 1989 bzw. Kippenberger 1927.
in Marburg seit dem 16. Jahrhundert, Marburg 1986; vgl. auch Siegfried
 
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