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Parello, Daniel; Hess, Daniel
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Marburg und Nordhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,3: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.52865#0105

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104

DAGOBERTSHAUSEN • PFARRKIRCHE / ESCHENSTRUTH • PFARRKIRCHE

9. SEGNENDER ENGEL IN TURMARCHITEKTUR
Fig. 43, 48, Abb. 22
Gesamtmaß H. 58,5 cm, B. 47,5 cm; originale Teile H. 46 cm,
B. 47,5 cm. - Inv. Nr. 1908/457,4.
Erhaltung: Einige Flickstücke in der Architektur und unter der
rechten Hand des Engels. Mehrere Sprungbleie. Vereinzelt ha-
ben sich Schwarzlotkonturen abgelöst. Der Fiederrankengrund
ist teilweise durch Blankglas ersetzt.
Ikonographie: In einem überwölbten Kastenraum mit durch-
fensterten Seitenwänden befindet sich die Halbfigur eines seg-
nenden Engels; in seiner erhobenen Rechten hielt der Himmels-
bote vermutlich einmal ein Weihrauchfässchen. Der massive
Turmaufbau setzte sich ursprünglich in der darüberliegenden
Bildzeile fort. Die Architekturbekrönung war Bestandteil einer
vermutlich auf zwei Bahnen ausgedehnten Bildkomposition.
Farbigkeit, Ornament: Architektur und Figur sind in Grisaille
mit Silbergelb ausgeführt und vor überwiegend roten Grund
gesetzt. Das Silbergelb wurde in graduellen Abstufungen ein-

Fig. 48.ESHLM Nr. 9.
M 1:15


gesetzt: Der Schlussstein ist dunkelgelb, ein heller goldfarbiger
Silbergelbauftrag befindet sich an Säulchen, Rippen und Zier-
gliedern, etwas zurückhaltender sind damit Nimbus und Flügel
des Engels gefärbt. War der Fiederrankengrund ursprünglich
zweifarbig rot-blau geteilt?
CVMA J 12852, Detail J 474, Großdia J 01/218

ESCHENSTRUTH • PFARRKIRCHE
Bibliographie: Holtmeyer 1910, S. 22, 64, Taf. 39,3 (»mittelmäßige Arbeit der späteren Gotik«); Dehio Hessen
H982, S. 218 (»reizvolle spätgotische Glasmalerei 15. Jh.«).
Gegenwärtiger Bestand: Eine kleine Marienscheibe einem Fenster der Nordseite vorgehängt (Fig. 49k, Abb. 25).
Geschichte des Baues: Die heutige Anlage, eine schlichte, flachgedeckte Saalkirche mit mächtigem quergelagerten
Westturm in Schiffsbreite, besteht im Kern noch aus romanischem Mauerwerk. Über einer Doppelarkade in gedrun-
genen Formen öffnet sich das Turmuntergeschoss zum Schiff, das ursprünglich einen eingezogenen Rechteckchor
besessen haben dürfte. Der wohl noch im 12. Jahrhundert errichtete Turm wurde mehrfach, unter anderem durch
schweren Sturm im Jahr 1650, beschädigt und erhielt schließlich 1784 ein neues Obergeschoss in Fachwerkbauweise.
Nachdem man schon im ausgehenden 18. Jahrhundert die geringe Größe der Kirche beanstandet hatte, wurde in den
dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts der Altarraum in seiner heutigen Form auf Schiffsbreite erweitert und mit grö-
ßeren rundbogigen Fensteröffnungen versehen1 2.
Geschichte der Verglasung: Für die Anfertigung einer modernen Farbverglasung im Chorfenster vor einigen
Jahren musste die Marienscheibe von ihrem angestammten Platz in ein nördliches Seitenfenster versetzt werden. Das
kleine Rechteckfeld wurde 1996 von Peters, Paderborn, restauriert und dem Fenster mittels einer Rahmenkonstruk-
tion vorgehängt.
Erhaltung: Der Erhaltungszustand der Scheibe hat sich im letzten Jahrhundert rapide verschlechtert. Die Gegen-
überstellung mit der von Holtmeyer im Jahre 1910 veröffentlichten Aufnahme offenbart die gravierenden Verluste
der innenseitigen Malschichten, einen partiellen Abgang der Konturzeichnung und der flächigen Überzüge (Fig. 49t.).
Auf dem Mantel Mariens befinden sich offenbar mutwillig aufgebrachte Kratzspuren. Außenseitig waren vor der Rei-
nigung durch Peters in Schlieren verlaufende weiße Ausblühungen vorhanden, und zwar fast ausschließlich an jenen

1 Holtmeyer 1910, S. 64. 3 Der Inventarband zu diesen Glasmalereien (CVMA Deutschland
2 Da für die Kirche ein Thomaspatrozinium überliefert ist, wäre VII, 1) befindet sich in Vorbereitung,
hier die Darstellung des Titelheiligen naheliegend.
 
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