Metadaten

Parello, Daniel; Hess, Daniel
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Marburg und Nordhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,3: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2008

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.52865#0325

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
LIMBURG AN DER LAHN • DIÖZESANMUSEUM

Bibliographie zur Sammlung: Oidtmann 1906, Sp. 271E, 275L, Abb. 2, 4; Luthmer 1907, S. 121-124; Oidtmann
1912, S. 11, 121, 124, Abb. 19, 184; Wille 1952,1, S. io2-io6a, II, S. 135-140; Schenk zu Schweinsberg 1962, S. 9, 22;
Nieder 2005, S. 94-97.
Gegenwärtiger Bestand: Nur sieben der insgesamt neun Nummern umfassenden Glasmalereisammlung des Muse-
ums finden im folgenden Katalog Berücksichtigung, da es sich bei zwei bislang als mittelalterlich geführten Scheiben
(Rechteckfelder mit Wappen Poppe und Grafen von Limburg) lediglich um moderne Neuschöpfungen handelt1. Für
zwei Stücke war die Herkunft nicht zweifelsfrei zu ermitteln, von den fünf Scheiben mit gesicherter Provenienz wer-
den vier unter ihrem ehemaligen Standort bearbeitet; lediglich das Fragment einer Stifterfigur ist als Nachtrag zum
Inventarband CVMA Deutschland III, 2 (Frankfurt und Rhein-Main-Gebiet) unter dem heutigen Aufbewahrungsort
gelistet (Nr. 1). Der Bestand ist chronologisch geordnet.
Geschichte der Sammlung: Das Limburger Diözesanmuseum wurde 1903 von Bischof Dominikus Willi mit Un-
terstützung der Staatsregierung gegründet, die hierfür einen Teil der Schlossräume zur Verfügung stellte. Der erste
Leiter des Museums, Domkapitular Hohler, legte den Grundstock der Sammlung, um die »nicht mehr im gottes-
dienstlichen Gebrauch stehenden kirchlichen Kunst- und Altertumsgegenstände der Diözese vor Vernachlässigung
und Verschleppung zu bewahren«2. Nach Umbaumaßnahmen konnte das Museum 1905 in den neu hergestellten Räu-
men eröffnet werden. Obschon im Haus keinerlei Aufzeichnungen hierzu existieren, lassen sich die Erwerbsumstände
für einen Großteil der Glasmalereien rekonstruieren. So dürften die Geißelung (Nr. 2) und das Wappen der Grafen
von Limburg (Nr. 3) im Zusammenhang mit der Restaurierung der Glasmalereien der Stadtkirche 1884 ausgelagert
und zunächst im bischöflichen Besitz deponiert gewesen sein. Ähnliches gilt für das Medaillon mit der Schöpfungs-
szene (Nr. 4) aus der Annenkirche, das 1906 bei Instandsetzungsarbeiten durch die Glasmalereiwerkstatt Oidtmann
ausgeschieden wurde. Aus Weinähr überwies man etwa zur gleichen Zeit eine Wappenrundscheibe an das Museum3.
Weniger Gewissheit besteht bei den drei noch verbliebenen Stücken der Kreuzigung (Nr. 7), der Johannesscheibe (Nr.
6) und dem Figurenfragment (Nr. 1), doch gibt es überzeugende Gründe für die Annahme, dass diese Gruppe aus der
Sammlung Zwierlein in Geisenheim stammt, die 1887 in Köln zum Verkauf angeboten wurde. Unter der Losnummer
122 rangierte ein Pasticcio mit einer zentralen »Crucifixdarstellung mit den Seitenfiguren Johannis und Mariae, flan-
kiert von den etwas grösseren Figuren des hl. Johannes und der hl. Barbara mit dem inschriftlich Husen bezeichneten
Kirchenmodell in den Händen (Marienhausen)«4. Einem Versteigerungsbericht zufolge waren sämtliche Figuren aus
ihren alten Hintergründen ausgeschält5. Bezüglich der ikonographischen und technischen Angaben - Oidtmann hat
der Kreuzigung und Johannesfigur vollständig neue Hintergründe hinzugefügt - spräche tatsächlich nichts gegen eine
Identifizierung der Scheibengruppe im Limburger Diözesanmuseum mit jener Katalognummer, zumal sich die Figur
mit Kirchenmodell dank der zweifelsfreien Beschreibung zuvor in Zwierleins Besitz befunden haben muss. Ob neben
dem Figurenfragment auch die Kreuzigungs- und Johannesscheibe aus Marienhausen stammen, ist dagegen nicht mit
Sicherheit zu entscheiden; erstere wird von Schenk zu Schweinsberg dorthin lokalisiert, allerdings ohne Nennung
seiner Quelle6.

1 Auf einer alten Aufnahme des Wohnturms, in welchem die Glasma-
lereien ursprünglich ausgestellt waren (Foto Marburg 126749), lassen
sich noch zwei weitere, heute nicht mehr vorhandene Felder erkennen:
Das Wappen der Herren von Limburg auf Grisaillegrund zum Kelch
geformt sowie eine szenische Darstellung des Marientodes(?).
2 Luthmer 1907, S. 121.
3 Dies geht aus einer Erwähnung bei Luthmer 1907, S. 293, hervor.
4 Weerth 1887,8. 11. Diese Komposition war nach Katalogangabe 84
cm hoch und 100 cm breit.
5 Weerth 1888, S. 263.
6 Schenk zu Schweinsberg 1962, S. 9. Möglich wäre auch eine Her-
kunft aus der Pfarrkirche im benachbarten Assmannshausen, von wo

der Freiherr im Jahr 1820 weitere Glasmalereien für seine Sammlung
erwarb. Zuletzt hierzu Hess 1999, S. 326.
7 Zur Gründungsgeschichte von Kloster und Siedlung siehe Wolfgang
Klötzer, Die Fundierung der Klosters Marienhausen im Rheingauer
Kammerforst, in: NA 73, 1962, S. 27-36.
8 So Monsees 1997, S. LXXVI, und Hess 1999, S. 35L Vgl. dagegen
etwa die im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts entstandene Figu-
renverglasung des Zisterzienserinnenklosters Sonnenkamp; Böning
2001.
9 Schenk zu Schweinsberg 1962, S. 42, scheidet den grünen Nimbus
irrtümlich als moderne Ergänzung aus.
 
Annotationen