ALSFELD • STADTKIRCHE
7°
Fig. i. Alsfeld, Stadtkirche.
Ansicht des Langhauses von Süden.
der steilen Proportionen wird man in der Glasmalerei den Rest eines auf mehrere Zeilen ausgedehnten Tabernakels
erkennen dürfen, der einst Standfiguren von Heiligen in den unteren Zeilen aufnahm. Im Aufbau ist die Scheibe eini-
gen Architekturbekrönungen der Soester Wiesenkirche verwandt4 5 6. Die Turmbekrönung lässt, wie in Soest, im darun-
terliegenden Feld Strebebögen zwischen den Fialen und ein gemauertes Sockelgeschoss mit vorgeblendetem Wimperg
erwarten. Die über den Außenfialen ansetzenden Wandvorlagen steigen ohne Konsole unvermittelt auf und werden im
darüberliegenden Feld einen abschließenden Maßwerkrahmen gestützt haben. Diese architektonische Zäsur erlaubt
bei hohen Fensteröffnungen die Weiterführung der Fenstergestaltung mittels eines Ornamentteppichs bis in die Lan-
zettspitzen hinein, wie dies auch für die Glasmalereien im um 1320 fertiggestellten Chor der Hersfelder Stadtkirche
kennzeichnend war.
4 Landolt-Wegener 1959, Abb. 55.
5 Vgl. etwa die Darstellung eines Hl. Bischofs in Lhs. nord X bei Hess
1999, S. 270L und Abb. 217. Auch für die Zweitverglasung der Rothen-
burger Stadtkirche St. Jakob greift man noch um 1390/1400 auf solch
altertümliche Architekturformen zur Bildgliederung zurück, allein
den ungewöhnlichen Hintergrundmustern wie der Form der Wasser-
speier merkt man die späte Entstehung an; Scholz 2002, II, Abb. 360,
365.
6 Das auf halber Höhe durch eine Mauer zweigeteilte Fenster im
Westjoch deutet auf eine ursprünglich geplante, dann aber nicht ausge-
führte Langhausempore hin. Der zweigeschossige und mit mächtigen
Strebepfeilern in der Vertikalen gegliederte Aufriss der Südseite ruft
aber auch Architekturformen der Marburger Elisabethkirche in Erin-
nerung. Die Landgrafen von Hessen übten bekanntlich das Patronats-
recht über die Kirchen in Alsfeld aus und wählten die Stadt am Ende
des 14. Jahrhunderts zeitweise zur Residenz. - Die Maßwerke der un-
teren Fensterhälfte sowie der Fenster oberhalb der beiden Südeingänge
stellen eine Neuschöpfung des 20. Jahrhunderts dar.
7 Die Datierung der Erweiterungsmaßnahme im Südseitenschiff folgt
Michler 1972 (wie Anm. 1), S. 91L
Ondulierend aufwachsende Eichblätter, allerdings ohne farbig hin-
terlegten Grund, besaß auch eine 1896 aus dem Chorfenster nord II
ausgeschiedene und heute verschollene Wimpergbekrönung der Fried-
berger Stadtkirche; vgl. Hess 1999, S. 188, Fig. 125.
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Fig. i. Alsfeld, Stadtkirche.
Ansicht des Langhauses von Süden.
der steilen Proportionen wird man in der Glasmalerei den Rest eines auf mehrere Zeilen ausgedehnten Tabernakels
erkennen dürfen, der einst Standfiguren von Heiligen in den unteren Zeilen aufnahm. Im Aufbau ist die Scheibe eini-
gen Architekturbekrönungen der Soester Wiesenkirche verwandt4 5 6. Die Turmbekrönung lässt, wie in Soest, im darun-
terliegenden Feld Strebebögen zwischen den Fialen und ein gemauertes Sockelgeschoss mit vorgeblendetem Wimperg
erwarten. Die über den Außenfialen ansetzenden Wandvorlagen steigen ohne Konsole unvermittelt auf und werden im
darüberliegenden Feld einen abschließenden Maßwerkrahmen gestützt haben. Diese architektonische Zäsur erlaubt
bei hohen Fensteröffnungen die Weiterführung der Fenstergestaltung mittels eines Ornamentteppichs bis in die Lan-
zettspitzen hinein, wie dies auch für die Glasmalereien im um 1320 fertiggestellten Chor der Hersfelder Stadtkirche
kennzeichnend war.
4 Landolt-Wegener 1959, Abb. 55.
5 Vgl. etwa die Darstellung eines Hl. Bischofs in Lhs. nord X bei Hess
1999, S. 270L und Abb. 217. Auch für die Zweitverglasung der Rothen-
burger Stadtkirche St. Jakob greift man noch um 1390/1400 auf solch
altertümliche Architekturformen zur Bildgliederung zurück, allein
den ungewöhnlichen Hintergrundmustern wie der Form der Wasser-
speier merkt man die späte Entstehung an; Scholz 2002, II, Abb. 360,
365.
6 Das auf halber Höhe durch eine Mauer zweigeteilte Fenster im
Westjoch deutet auf eine ursprünglich geplante, dann aber nicht ausge-
führte Langhausempore hin. Der zweigeschossige und mit mächtigen
Strebepfeilern in der Vertikalen gegliederte Aufriss der Südseite ruft
aber auch Architekturformen der Marburger Elisabethkirche in Erin-
nerung. Die Landgrafen von Hessen übten bekanntlich das Patronats-
recht über die Kirchen in Alsfeld aus und wählten die Stadt am Ende
des 14. Jahrhunderts zeitweise zur Residenz. - Die Maßwerke der un-
teren Fensterhälfte sowie der Fenster oberhalb der beiden Südeingänge
stellen eine Neuschöpfung des 20. Jahrhunderts dar.
7 Die Datierung der Erweiterungsmaßnahme im Südseitenschiff folgt
Michler 1972 (wie Anm. 1), S. 91L
Ondulierend aufwachsende Eichblätter, allerdings ohne farbig hin-
terlegten Grund, besaß auch eine 1896 aus dem Chorfenster nord II
ausgeschiedene und heute verschollene Wimpergbekrönung der Fried-
berger Stadtkirche; vgl. Hess 1999, S. 188, Fig. 125.