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Parello, Daniel; Hess, Daniel
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Marburg und Nordhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,3: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2008

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.52865#0261

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IMMENHAUSEN • STADTKIRCHE

düng. Außenseitige Schäden durch aufgebrachte Klebefolie. Im
zweiten Kopffragment sind die Sprünge geklebt, dort auch in
Bleinähe Korrosion durch Schwitzwasserbildung.
Ikonographie, Komposition: Eine genaue Bestimmung des ur-
sprünglichen ikonographischen Zusammenhangs ist nicht
möglich. Die Engel könnten sich als Assistenzfiguren über
einer Geburtsszene befunden haben, der Engel mit ausgebrei-
teten Armen hielt möglicherweise ein Tuch in den Händen.
Technik, Stil: Ein Vergleich der beiden Fragmente mit den sub-
stantiell besser erhaltenen Standfiguren gestaltet sich aufgrund
der dort vielfach nachgezogenen Gesichtskonturen schwierig.
Andererseits verlangen verschiedene Figurentypen auch nach
unterschiedlicher zeichnerischer Charakterisierung. In tech-
nischer Hinsicht fallen hier neben den Hauptkonturen faden-
dünne Linien ins Auge; Mund- und Nasenbildung sind zwar
vergleichbar, doch fehlen der sorgenvolle Ausdruck und die

hervorquellenden Augen der Apostelgruppe. Letztere sind al-
lerdings auch im Gesicht Marias nicht zu finden. In der Stillage
stehen beide Gruppen sicher auf der gleichen Stufe. Auch der
Faltenstil spricht nicht gegen eine Ausführung in der gleichen
Werkstatt.
CVMA A 12450, 12459
33. ARCHITEKTURFRAGMENTE
Ohne Inv. Nr. Deponiert.
Vier Bruchstücke, teilweise noch in originalem Blei (circa 3x2
- 7 x 20 cm), eines Fliesenbodens aus rot verlaufendem Über-
fangglas, sowie ein Bogenstück (circa 9 x 23 cm) mit einer Kette
aus Vierpassrosetten. Die Scherben sind wohl im Zusammen-
hang mit der Restaurierung der Figurenfelder ausgeschieden
worden.
CVMA A 12453

IMMENHAUSEN • GLASMUSEUM (Nr. 1)
1. RUNDSCHEIBE MIT LANDGRAFENWAPPEN
Fig. 310, Abb. 185
Durchmesser 37,5 cm.
Erhaltung: Die Einfassung des Wappens in eine Rundscheibe
ist modern, Helm und Helmzier sind heute verloren. Die Fell-
zeichnung des Löwen hat sich fast vollständig abgelöst. Der
grünliche(!) Schild ist innenseitig flächendeckend mit Lochfraß
übersät. Vereinzelte Flickstücke und Sprünge.
Ikonographie, Farbigkeit: In einem Schreiben des Immenhau-
sener Pfarrers Koch an den Oberhofbaumeister Bromeis ist das
ursprüngliche Aussehen und der einstige Standort des Wappens
im Maßwerk über dem dreibahnigen Nordportalfenster überlie-
fert (vgl. Reg. Nr. 50): Demnach fehlen heute der silberne Helm
und die goldene Krone der Helmzier22. Das Stammwappen der
Landgrafen von Hessen zeigt in Blau den goldbekrönten hes-
sischen Löwen, achtmal geteilt von Rot und Silber. Der grüne

Fig. 310, Abb. 185

Schild entspricht also nicht dem kanonischen Blau des Land-
grafenwappens, sodass man sich genötigt sieht, die heutige Fär-
bung als eine Folge der starken Korrosion anzusehen. Mit der
Wappenscheibe ist die Stiftertätigkeit des Stadtherrn Ludwig
I. (1413-1458) für das neu errichtete Langhaus der Immenhau-
sener Stadtkirche belegt23.
CVMAJJ 12866


Fig. 310. ES Nr. 1.
M 1:15

2. DIE FÄRB VERGLASUNG DES CHORES
Erhaltung: Im Zuge der Instandsetzungsmaßnahmen hat die Firma Roetzer in den Jahren 1903 und 1907 sämtliche
alten Glasmalereien der evangelischen Stadtkirche neu verbleit, die originalen Ornamentfelder in nord II umfassend
ergänzt und Flickungen aus älterer Zeit ausgeschieden. Mangelnde Vorsicht beim Ausbau und unsachgemäße Lage-
rung haben dem Immenhausener Museumsbestand in den letzten Jahrzehnten schwer zugesetzt. Die stark fragmen-
tierten Depotstücke bedürfen dringend einer ähnlichen konservierenden Behandlung, wie dies 1989 bereits für die
zehn, heute größtenteils in den Ausstellungsräumen präsentierten Felder veranlasst worden war. Die Firma Klonk hat
hier durch Flicken der zahlreichen Fehlstellen mit lichtundurchlässigem Glas und einer stabilisierenden Bleieinfassung
die Felder vor weiterem Zerfall bewahrt.
Die geringe Korrosionsanfälligkeit der farblosen, hellgelben und blauen Gläser, aber auch das ungewöhnliche Orna-
mentmotiv haben wiederholt zu Unsicherheiten in der Beurteilung des Ornamentfensters und seines Erhaltungszu-
standes geführt24. Aus nächster Nähe erkennt man aber an den dünnen, von zahllosen Sprungbleien durchzogenen,
leicht gewellten Gläsern auch auf der Innenseite eine feine punktförmige Korrosion. Die Konturen und Flächen-
überzüge sind partiell abgängig, an einigen Stellen sind sie ganz verloren. Stärker verwittert sind dagegen die violetten
und dunkelgelben, bisweilen auch die roten Farbgläser, letztere zeigen an manchen Stellen einen kraterartigen Aus-
bruch des Uberfangs. Soweit dies von innen zu beurteilen war, haben sich außenseitig in Höhe der Quereisen starke
Rostfahnen abgelagert. Eine eingehende außenseitige Untersuchung war aber weder bei dem mit einer Außenschutz-
 
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