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Parello, Daniel; Hess, Daniel
Die mittelalterlichen Glasmalereien in Marburg und Nordhessen — Corpus vitrearum medii aevi - Deutschland, Band 3,3: Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.52865#0405

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4°4

MARBURG • ELISABETHKIRCHE


Fig. 507. Marburg, Elisabethkirche, Blick in die Nordkonche mit dem Elisabethmausoleum (Aufnahme um 1930).

3. DIE ERSTAUSSTATTUNG DER NORDKONCHE UM 1245/50
(WERKSTATT DES ELISABETH-MEDAILLONFENSTERS)
Rekonstruktion, ikonographisches Programm: Unserer Annahme einer sukzessiven Ausstattung der Ostteile
folgend, ist offenbar auch die Nordkonche zunächst nur in der unteren Fensterreihe mit figürlichen Glasmalereien
versehen worden. Bezieht man den Sakristeianbau, dessen Errichtung wohl von Beginn an geplant war, in diese Uber-

Vermutlich befand sich das Elisabeth-Medaillonfenster ursprüng-
lich unmittelbar im östlich anschließenden Fenster neben der Achse.
Mit dem Einbau des Mausoleums im späteren 13. Jh. war seine Sicht-
barkeit gestört, sodass man es nach Osten weiterrückte. Bierschenk
1991, S. 167, erwägt eine Anbringung über dem allerdings erst im aus-
gehenden 13. Jh. nachweisbaren Elisabeth-Altar in der Nordkonche.
Dem widersprach schon Köstler 1995, S. 73 mit Anm. 143, mit dem
Hinweis auf den frühzeitigen Ausfall dieses Fensters durch den Einbau
der Sakristei in den izöoer-Jahren.
144 f)ie Zugehörigkeit ist durch die Verwendung identischer Glassor-
ten, die zudem das gleiche Schadensbild aufweisen, gesichert. Tech-
nische Unterschiede, wie die verstärkte außenseitige Bemalung, wären
allein durch die Ausführung eines anderen Meisters zu erklären. Bier-
schenk 1991, S. 195L, vermutet dagegen eine Zusammengehörigkeit
des Geburtsmedaillons mit der Kreuzigungsdarstellung im Maßwerk
des Achsenfensters sowie der Schöpfung im Maßwerk des darüber-
liegenden Fensters H I und will darin die Reste eines Christusfens-

ters sehen. Zugleich spricht sie sich für die Zusammengehörigkeit der
Schöpfungsrose mit den darunterliegenden Standfiguren aus (S. 170).
145 Allerdings darf darüber nicht vergessen werden, dass in der Früh-
zeit für die Vita der Heiliggesprochenen noch keine entwickelte und
entsprechend verbreitete Ikonographie vorlag und daher der Rückgriff
auf eine vielleicht erstmals für Marburg ausgearbeitete Bildfolge nahe-
liegend erscheint.
146 Der Vergleich beider Bildgruppen erlaubt keine Aussage zur zeit-
lichen Abfolge ihrer Entstehung. Es ist aber denkbar, dass die Elisa-
bethszenen im Bildfenster auf der Grundlage der Zweibahnigkeit der
Fensterform auf eine zweiteilige typologische Argumentationsstruk-
tur hin entworfen worden sind (Leben und Wirken). Die Reliefs selbst
gehorchen keiner solchen Gliederung, vielmehr scheinen die im Fens-
ter klar geschiedenen Szenen im Schrein etwas willkürlicher angeord-
net zu sein. Vielleicht also sind die Bildszenen tatsächlich für das Elisa-
beth-Fenster entworfen und im Anschluss auch für den Bilderschmuck
der Dachreliefs wiederverwendet worden.
 
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