Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,4.1917

DOI Heft:
Heft 23 (1. Septemberheft 1917)
DOI Artikel:
Corbach, Otto: Geld, 2: Geldreform
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14298#0217

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
gehend oder interimistisch versieht; dabei laufen in manchen Ländern und
bis vor kurzem auch in Deutschland Münzen um, die vor hundert oder
zweihundert Iahren geprägt wurden, während ein Iahr alte Waren in der
Regel schon zu den Lagerhütern gerechnet und mit erheblichen Abstrichen
in der Inventur der Kaufleute aufgeführt werden." Wird aber Geld aus
Metallen hergestellt, wie etwa Möbel aus Holz, so ist nicht einzusehen,
weshalb „Papiergeld^ nur dann richtiges Geld bedeuten könnte, wenn es
durch „Währungsgeld^, Edelmetallgeld „gedeckt^ ist: „Gewiß, wenn wir
die tzauptsache am Papiergeld, seine Ligenschaft als gesetzlich allein an-
erkanntes und praktisch allein herrschendes Tauschmittel abziehen, so bleibt
wahrhaftig nur nutzlose Makulatur übrig; aber geschieht mit den meisten
Dingen nicht genau dasselbe, wenn man von ihrem Gebrauch absieht und
nur an das Material denkt? Kratzen wir von einem Olbild die Farben
zusammen, schlagen wir mit einem tzammer auf eine Scheidemünze, auf
ein Dintenfaß, eine Suppenschüssel — was bleibt? Makulatur — Unrat.
Betrachten wir ein tzaus als einen Steinhaufen, die Königskrone als
Metall, kurz in allen Dingen nur den Stoff, so sehen wir in den weitaus
meisten Fällen auch nicht viel mehr als einen Fidibus. — Wir brauchen
das Piano nicht als Brennholz, die Lokomotive nicht als Gußeisen und
das Papiergeld nicht als Tapete. Also warum spricht man nur immer
vom Zellstoff, wenn vom Papiergeld die Rede ist? Warum sprechen wir
nicht vom Lauschmittel?"

Anser heutiges Geld ist irgendwie von (Ldelmetallvorräten abhängig,
auch wenn es in Papier zirkuliert. Geld, meint Gesell, darf aber nicht
aus Gold (oder Silber) bestehen oder daran gebunden sein, weil die Edel-
metalle ihrer Natur nach zu viele Vorteile vor den gewöhnlichen Waren
voraus haben: „Das Gold rostet nicht und fault nicht, es bricht nicht und
stirbt nicht. Frost, tzitze, Sonne, Regen, Feuer, nichts kann ihm schaden.
Das Geld, das wir aus Gold machen, schützt seinen Besitzer vor jedem
Substanzverlust. Auch die Qualität ändert sich nicht. Vergraben wir
einen goldenen Schatz meinetwegen in einen Morast, ohne irgendwelche
tzülle, so wird dieser Schatz noch nach tausend Iahren ganz unversehrt
sein." Ganz anders verhält es sich mit den gewöhnlichen Waren: „Iede
Ware hat ihren besonderen Feind, den Bruch für Glaswaren, die Motten
für Pelzwaren, Rost für Lisenwaren, die Krankheiten für Tiere, und zu
diesen Spezialfeinden gesellen sich noch die Generalfeinde, die für alle
Waren gemeinschaftlich gelten — Wasser, Feuer, Diebe usw. und der
Sauerstoff der Luft, der langsam, aber sicher alles verbrennt. — Aber die
Ware verdirbt nicht allein, sondern sie veraltet. . . . Die Warenproduktion
wirft beständig neue, bessere Modelle auf den Markt. . . . Dabei ist zu
bedenken, . . . daß die Kuh regelmäßig alle Tage gemolken werden muß,
daß der Proletarier durch den unmittelbaren tzunger gezwungen ist, täg--
lich zu arbeiten." Das Angebot muß also größer, dringender werden, in
demselben Maße, wie etwa der Verkauf, der Absatz stockt: Rnd diesen
Umstand macht sich eben der Geldbesitzer, dessen Schätze weder Motten,
noch Rost fressen, zunutze. Er bereitet den Warenverkäufern immer neue
Verlegenheiten, um von ihnen in Gestalt des Zinses Tribut zu erpressen.
Das sollte ihnen unmöglich gemacht werden: „Der Staat baut Straßen
für den Transport der Waren, und er verfertigt Geld für den Tausch der
Waren, und wie der Staat verlangt, daß niemand eine belebte Straße
durch zu langsames Fahren mit Ochsenkarren versperre, so muß er auch
 
Annotationen