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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,4.1917

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Heft 24 (2. Septemberheft 1917)
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Corbach, Otto: Geld, 3: die Zukunft des Geldes
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https://doi.org/10.11588/diglit.14298#0274

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Vermehrung sollte vielmehr Schritt für Schritt dem wachsenden Bedarf
folgen. Ls fehlte aber immer an einer unbedingt zuverlässigen, vertrau--
enswürdigen Negierung, die bei Ausgabe von Geld aus andern Stoffen
als Edelmetallen eine solche regulierende Wirksamkeit hätte entfalten kön-
nen. Als daher die umlaufenden Münzen im Mittelalter immer weiter
hinter der wachsenden Nachfrage für Tauschmittel zurückblieben, scheiterten
doch alle Versuche, in der Geldfabrikation von den Edelmetallen loszu«
kommen. Immer stärker wurde infolgedessen die Monopolgewalt der je-
weiligen glücklichen Inhaber der ungenügenden Metallgeldvorräte. Das
Geld trug dreißig, vierzig Prozent Zinsen. Auf einmal erscheint nun die
mittelalterliche Alchimisterei in völlig neuem Lichte. Allerwärts strebten
Handel und Verkehr mit Macht aus der Gebundenheit der Naturalwirt-
schaft heraus, aber es mangelte an Tauschmitteln für die Marktwirtschaft.
Die (Ldelmetallvorräte waren viel zu knapp und man fühlte sich doch
wie mit Ketten daran geschmiedet. Und je größer und dringender der Be-
darf wurde, desto gieriger beuteten die reichen Kaufleute ihren Vorteil
aus. sOO, (50, 200 Prozent Aufschlag für gewisse tzandelswaren galten im
Großhandel als nichts Außerordentliches. Was Wunder, daß sich schließ-
lich der gefesselte Wille zum Fortschritt in alchimistischen Delirien austobt.

Nur der Charakter der Edelmetalle als Monopolgüter kann darum auch
die Wirkungen erklären, die die Erschließung der amerikanischen Gold- und
Silbervorräte auf den europäischen tzandel ausübte. Diese Wirkungen
gleichen ja denen, die später die Erschließung der überseeischen jungfräu-
lichen Böden auf die europäische Latifundienwirtschaft ausübte. In beiden
Fällen handelte es sich darum, daß ein Monopol durchbrochen wurde, und
beidemal führten die Erschütterungen aller Maßverhältnisse durch die allzu
jäh hereinflutenden überseeischen Monopolzerstörer (Ldelmetalle — Getreide)
zunächst zu heftigen Krisen. Also auch die Theorien der Merkantilisten
waren gar nicht so ungereimt, wie sie heute erscheinen. Ls kam allerdings
damals für die Wettbewerbsfähigkeit einer Nation ungemein viel darauf
an, daß möglichst viel Geld ins Land kam und möglichst wenig wieder
hinausging. Es ist aber nun wiederum höchst interessant, daß schon im
(6. Iahrhundert ein französischer Staatsmann den Vorschlag machen konnte,
man solle künftig das Silber nicht mehr als Geld verwenden, sondern die
Münzen aus Eisen prägen, und zwar von dem Gesichtspunkte aus, daß die
Masseneinfuhr des Silbers aus Amerika diesem Metalle seine Seltenheit
raubte. Nähme man dagegen ein Metall, das ausschließlich durch die
staatliche Prägung überhaupt einen Wert erhalte, so läge darin eine
bessere Garantie für die erforderliche Eingeschränktheit des Geldquantums,
während, wenn jeder Besitzer von Silber damit unmittelbar auch Geld
habe, es an jeder Grenze für seine Masse fehle. Man sieht also, daß sich
die Möglichkeit, aus irgendwelchen Stoffen Geld zu machen, aufdrängt,
sobald die Quantität eines Ldelmetalles, das zur Geldfabrikation diente,
rasch zunimmt. Was die Währungstheoretiker den „inneren Wert" des
Edelmetallgeldes nennen, das ist nichts als sein Monopolwert, der für seine
Tauschfunktionen ebensowenig nötig ist, wie der Monopolwert eines Grund-
stückes für dessen Gebrauch. Das private Grundeigentum ist, wo Freizügig-
keit gilt, ein künstliches, kein natürliches Monopol, das durch Sperrung
alles erreichbaren freien Bodens geschaffen wird; Gold ist ein natürliches
Monopol, weil seine Menge viel zu gering ist und viel zu langsam durch
neue Schürfungen wächst, als daß das Angebot die Nachfrage auch nur

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