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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,4.1917

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Heft 24 (2. Septemberheft 1917)
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Corbach, Otto: Geld, 3: die Zukunft des Geldes
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https://doi.org/10.11588/diglit.14298#0275

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annähernd befriedigen könnte. Das Bodenmonopol läßt sich durch Mer-
windung des großen Grundeigentums, innere Kolonisation, aufheben; wenn
das plötzlich geschähe, würde natürlich das ganze Wirtschaftsleben heftig
erschüttert werden. Dieselben Wirkungen muß eine plötzliche Schwächung
des Geldmonopols des Goldes bewirken. Großgrundbesitzer und Gläubiger
sind daher am meisten an der Aufrechterhaltung der herkömmlichen Maß«
verhältnisse interessiert. Als man bei uns von der Silberwährung zur
Goldwährung überging, entschädigte der Staat die Inhaber der alten Taler
durch Tausch gegen neues Geld, sonst hätten sie infolge des Preissturzes
des Silbers, dessen Tauschverhältnis zum Golde von (6 auf 30 und 33
sank, gewaltige Verluste erleiden müssen. Der Staat entzog dem Silber
das Geldmonopoh aber er übertrug die Monopolanteile der Silberbesitzer
auf das neue Monopolobjekt, das Gold. Die ganze Währungsreform
wurde im Gesamtinteresse der Gläubiger unternommen, weil die Preis-
steigerungeN) die die rasche Vermehrung der Silbervorräte bedingten, sie
zugunsten ihrer Schuldner schädigten.

Das Geld kann wie der Boden dem Gebrauch durch Leute, die daran
Äberfluß haben, vorenthalten werden, weil es Monopolgut ist, das ist jeden-
falls sein alleiniger Fehler. Die freie Entwicklung wirkt aber darauf hin,
das Geldmonopol des Goldes von selbst aufzuheben. Wie die Botwendig-
keiten der Rnterbringung einer wachsenden Bevölkerung dazu führen, die
tzäuser in den Städten viele Stockwerke hoch zu bauen, ja in amerikanischen
Großstädten bis in die Wolken hineiN) weil man dadurch dem Drucke der
Bodenrente ausweichen kann, so führen die Notwendigkeiten der wachsenden
Marktwirtschaft dazu, Metallgeld durch „Geldsurrogate" zu ergänzen, und
je mehr das bare Geld durch Papiergeld und die mannigfaltigen Formen
des Kredits ersetzt wird, desto schwächer wird die Abhängigkeit der tzandel--
treibenden gegenüber dem Substanzwert des Währunggeldes. Diese Be-
sreiung kann aber nur in dem Maße fortschreiten, als infolge der Arbeits--
teilung die Wirtschaftskreise größer werden, in denen das Prinzip gilt:
einer für alle und alle für einen. Im Mittelalter vollzog sich das gesamte
Geldgeschäft noch in enger Anlehnung an die technische tzerstellung der
Münzen oder an den tzandel mit Edelmetallen. In Wien besorgten an-
fangs des (3. Iahrhunderts die vlämischen Tuchfärber die regelmäßigen
Wechselgeschäfte, in England und teilweise auch in Deutschland die Gold-
schmiede. Wie weit ist nicht inzwischen die Emanzipation des Geldwesens
schon gediehen! In Lngland sollen heute bereits mehr als neun Zehntel
aller Käufe und Verkäufe durch Wechsel und Schecks vollzogen werden.
Welche Rolle aber spielt das Kreditgeld nicht erst im internationalen tzandel?
Nach sachverständiger Schätzung wird zum Beispiel der ungeheure tzandels--
verkehr zwischen Deutschland und der amerikanischen Union zu etwa Y3 v. tz.
durch Rimessen (Wechsel usw.) und nur zu 5 v. tz. durch Goldverschiffungen
ausgeglichen. Inzwischen wird in allen Kulturstaaten die Macht des Geld-
kapitals von revolutionären Kräften unterwühlt. Aberall befinden sich die
großen Grundeigentümer wie die großen Geldbesitzer auf politischem Ge-
biete in der Defensive. Die Latifundien gehen dem Bankerott entgegen,
weil die Industrie ihnen die billigen Arbeitskräfte entzieht; sobald aber
in diesen entvölkerten Gebieten lebhafte innere Kolonisation großen Stiles
betrieben wird, erhalten die Konsumenten nach und nach gegenüber Er--
pressungsversuchen des beweglichen Kapitals wieder einen starken Rückhalt
an der Urproduktion. Erfolgreiche Streiks, Gründungen von Konsumvereinen
 
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