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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,2.1918

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Heft 7 (1. Januarheft 1918)
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Vom Heute fürs Morgen
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14372#0046

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Dee Mensch in der Zeiten Kreislaufl
nter dem großen Banme Allvaters,
dessen Gipfel über alle Himmel,
dessen Wurzeln unter Welten und Hölle
reichen: bin ich Adler auf diesem
Baume? bin der Nabe, der auf seiner
Schulter ihm täglich den Abendgruß
der Welten zu Ohr bringt? Welch eine
kleine Laubfaser des Baumes mag ich
sein! Kleines Komma oder Strichlein
im Buche der Welten.

Was ich auch sei! Ruf von Himmel
zu Erde, daß, wie alles, so auch ich
an meiner Stelle etwas bedeute. Mit
Kräften ausgespart zum Ganzen und
ja nur mit Gefühl der Glückseligkeit
auch nach Maß dieser Kräfte! Wer,
meine Brüder, hatte Vorrecht, ehe er
war? und wenn's Zweck und Zusam-
menstimmung des Hausrats forderte,

daß er Gold — ich Erdgefäß wurde —
ich nun eben Erdgefäß, auch in Zweck,
Klang, Dauer, Gefühl und Tüchtigkeit,
kann ich mit dem Werkmeister streiten?
Ich bin nicht übergangen, niemand vor--
gezogen: Fühlbarkeit, Lätigkeit und
Tüchtigkeit des Menschengeschlechts ist
verteilt. Hier reißt der Strom ab,
dort setzt er an. Wem viel gegeben
ist, der hat auch viel zu leisten. Wer
mit viel Sinn erquickt wird, hat mit
viel Sinnen zu streben.

Lasset uns, meine Brüder, mit muti-
gem, fröhlichem Herzen auch mitten
unter der Wolke arbeiten; denn wir
arbeiten zu einer großen Zukunft. Und
lasset uns unser Ziel so rein, so hell,
so schlackenfrei annehmen, als wir kön-
nen; denn wir laufen in Irrlicht und
Dämmerung und Nebel. Herder

Unsre Bttder und Noten

^t^V^äre jetzt Frieden, so würde der Kunstwart über ein Werk wie „Vale
V ^solis" von Bruno Heroux den Aufsatz bringen können, der ihm nach
^ seinem Werte gebührt. Da das jetzt nicht angeht, so möchten wir wenig-
stens an dieser Stelle die bemittelten Kunstfreunde unter unsern Lesern darauf
hinweisen, daß hier eine sehr schöne Folge erschienen ist, die zum Wesentlichen der
graphischen Kunst unsrer Zeit gehört. Acht, eigentlich neun große radierte Phanta-
sien, die das Thema von den Zweien, die die Einsamkeit ihrer Seele zusammen-
drängt, iu „Zwei Menschen"-Gestaltungen erzählt. Besser als Worte zcugen
unsre zwei Beilagen davon. Wer oberflächlich hinsieht, mag an Klinger
denken, wer näher zusieht, gibt das nicht nur deshalb auf, weil Heroux auf Aqua-
tinta verzichtet. Nur wer am Oberflächlichen haftet und Klinger in seinem Stärk-
sten und Tiefsten, in der leidenschaftlichen Glut seines seherischen Schauens
noch gar nicht nacherlebt hat, kann hier von Verwandtschaft sprechen, obgleich
wirkliche Stimmung auch in einigen Blättern von Heroux nicht fchlt. Für
Heroux steht der schöne Körper sowohl des Menschen wie der Landschaft nicht
nur, wie Klinger auch, als die große Wichtigkeit im Bewußten, sondern
ihm, Heroux, ist sie auch im Unbewußten das Wichtigste, dort tief innen,
wo das Schaffen quillt. Die Gefahr des falsch so genannten „Literarischen"
kommt ihm also gar nicht, und ebensowenig die von Verstößen gegen den bild-
nerischen Geschmack. Innerhalb seiner Grenzen aber ist Heroux reich an Kom-
positionseinfällen, und wenn seine Formengebung gewissenhaft naturalistisch ist,
so ist sie anderseits stets voller Anmut und Schönheitfreude. Kein Wunder,
daß er bei solcher Begabung besonders als Ex-libris-Ieichner zu den beliebtesten
gehört. Wir geben auch von diesen Blättern eine Probe. Wer mehr bavon wünscht,
lasse sich das Braungartsche illustrierte Verzeichnis von tzeronx' „sOs Exlibris"
kommen, das Arthur Liebsch bearbeitet hat (20 M.). Ihm ist auch unsre

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