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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,2.1918

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Heft 11 (1. Märzheft 1918)
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Avenarius, Ferdinand: Öffentliches Vertrauen
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Schumann, Wolfgang: Zu Franz Werfels Lyrik
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https://doi.org/10.11588/diglit.14372#0139

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unfehlbar ist. Aber er muß auch die behalten: daß alles da nicht nur im
Taten, auch im Planen in peinlich reinlicher Sachlichkeit zugeht, daß
von einer Absicht, irgendwie hintenherum zu arbeiten, auch ein noch so
witziger Gedanke niemals bestehen kann. A

Zu Franz Werfels Lyrik

m die folgenden Bemerkungen wenigstens einigermaßen an die Selbst»
anschauung der Leser anknüpfen zu können, gebe ich zunächst drei Proben
aus den Gedichtbüchern Werfels wieder.

Das Malheur

Hikls das Mädchen die Schüssel fallen ließ, blieben alle GLste anfangs stumm,
^»-Nur die Hausfrau sagte etwas und drehte sich nicht um.

Das Mädchen aber stand regungslos, wie in unnatürlichen Schlaf gesenkt,
Krampfhaft die Arme zu einer rettenden Geste verrenkt.

Iedoch dem Mitleid der Gäste hatte sich scheues Erstaunen zugesellt.
Denn sie sahen plötzlich Eine mitten in ein Schicksal gestellt.

Kamen schon die Stubenmädchen mit Tüchern und
Besen, der Diener und selbst der Herr vom Haus.

Sie aber ging ganz wunderschön von Kindheit und Heimweh hinaus.

Fn der Küche setzte sie sich auf die Kohlenkiste, legte die Hände in den Schoß
Und weinte vielfach, in allen Lagen, nach aller Kunst, voll Genuß, laut und

grenzenlos.

Als man dann spät und geräuschvoll Abschied nahm,

War sie es, die wie aus Ehrfurcht das reichste Trinkgald bekam.

(Aus dem „Weltfreund")

Ein Lebens-Lied
^Lseindschaft ist unzulänglich.

O Der Wille und die Taten,

Ein erdbewußtes Leben
In sich, was sind sie, Welt?

Es schwebt in jedem Schicksal,

Im Schritt der Lust und Schmerzen,
Im Morden und Umarmen,

Anmut des Menschlichenl

Nur ist das unvergänglich!

Sahst Du die wilden Augen
Buckliger Bauernmädchen?

Sahst Du, wie sie sich langsam
Weltdamenhaft verschleiern,

Sahst Du in ihnen blinken
Das Grün von Festestraden,

Musik und Lampennacht?

Sahst Du den Bart von Kranken,
(Ihr Wolken über Pappeln)

Wie er an Gott erinnert,

Getaucht in einen Sturm?

Sahst Du die große Güte
Im Sterben eines Kindes?

Wie uns der holde Körper
Mit Zärtlichkeit entglitt?
 
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