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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,2.1918

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Heft 10 (2. Februarheft 1918)
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Avenarius, Ferdinand: "Wer hat die Schuld?"
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https://doi.org/10.11588/diglit.14372#0106

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„Wer hat die SchuW?"

as so vielen „ausgeschlossen" schien, nun ist es da: em Massen-
^V^streik, und auch in den kriegswichtigsten Fabriken. Wie's damit
aussehen wird, wenn dieses Blatt bei den Lesern liegt, das kann
ich heut noch nicht ahnen. Nehmen wir an, er sei dann „erledigt". Dor-
läufig geht ja alles ruhig, besonnen, ordentlich zu. Immerhin: Ruhe
und Ordnung allein liefern denen draußen keine Schutz- und Trutzwaffen
und den heruntergekommenen Verkehrsmitteln keine Achsen. Dafür liefern
aber die Ausstände den Feinden schön kriegswichtige Scheingründe für
das Geschrei: „Deutschland ist am Ende! Deutschlands Volk will, daß
Deutschland sich ergibt!" Am tzorizont steht die Frage: entweder ein
Friede, der nicht nur jeder Gerechtigkeit, sondern auch der Kriegslage
zum tzohne und der deutschen Arbeiterschaft zu schwerstem Zukunftschaden
uns den Feindesinteressen ausliefert, oder wiederum eine Verlängerung
des Kriegs. Auch in sozialdemokratischen Blättern war das ja allenthalben
zu lesen. Ietzt aber stehen die „Bürger" und die „Genossen" und fragen
in ihren „Organen": „wer hat die Schuld?"

„Die Sozialdemokraten!" rufen die Bürgerlichen. Die erklären:
auf ihren Rat hin sei das durchaus nicht geschehn. Aber sie sind doch
die Arbeiter-Führer, dacht' ich? Ich habe einen Studenten gekannt, der
hatte einen Dachshund - ging er spazieren, so wartete er bei jedem Scheide-
weg, welchen der Teckel vorzog. „Führen" unsre Sozialdemokraten auch
so? Zugegsben: die Lage der einsichtigen Arbeiterführer ist jetzt unsäglich
schwer, und wer von uns nachdenken will, der muß billigen, daß sie den
Platz auf dem Bock und damit Zügel und Bremse zu behalten suchen.
Aber Mitschuld trifft sie doch. Oder haben auch sie, wie die in Osterreich,
die Trotzkische Mache nicht rechtzeitig durchschaut, um vor einem Auflösen in
maximalistische Zustände zum mindesten so lange mit aller Kraft zu warnen,
wie das der ganz und gar nicht trotzkisch denkende Westen zu unsrer Vernich-
tung benutzen könnte? Man hat in der deutschen sozialdemokratischen Presse
einem Massenstreik lange nicht mit der nötigen Energie und Ausdauer

2. Februarheft isis (XXXI, io>
 
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