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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,2.1918

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Heft 11 (1. Märzheft 1918)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Öffentliches Vertrauen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14372#0137

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s sind nicht wenige, und es sind welche von unsern Besten, denen
vor keiner andern Erscheinung unsres Lebens jetzt so übel wird, wie
vor dem Sinken der öffentlichen Redlichkeit. Erscheinungen, wie sie
früher den tzochzeitreisenden im schönen Land Italien ärgerten oder bei
dem Kindervolke dort belustigten, Listigkeiten, Gaunereien, ja Entwendungen
tauchen jetzt plötzlich an Stellen auf, deren Zuverlässigkeit unserm Bewußt-
sein feststand. Wenn „gehamstert" wird, wer macht da nicht mit, wenn
es einen Privatvorteil auf Kosten der Allgemeinheit zu erreichen gilt,
wer fühlt sich da noch von Skrupeln geplagt, wie vor drei Iahren?
Wir sind allesamt Auguren geworden, ein Geist des Augenzwinkerns geht
unter uns um. Wir sind dazu durch die Kriegsverhältnisse wie durch
allerlei verfehlte Maßregeln geradezu erzogsn worden — „wenn's alle
machen, muß man ja wohl". Man kann das nicht einmal mehr ein
„öffentliches Geheimnis" nennen, es ist laut den Besprechungen in allen
Blättern nichts mehr Geheimnis dabei, als die Fülle nur von Mund
zu Mund vermittelter Belege.

Daß diese Erscheinungen an sich gar so tragisch zu nehmen seien, glaube
ich nicht. Anständige Menschen fühlen sich in dieser ihrer Kriegshaut
doch zu wenig wohl, sie möchten sie gern wieder wechseln. Leicht nehmen
dürfen wir aber das Abel auch nicht. Wessen Bedürfnis nach Neinlichkeit
in solchen Dingen, sagen wir: bescheiden war, der nimmt den Schmutz
eben hin, und eine Leichtfertigkeit, die jahrelang eingeübt wird, kann zur
Volksgewohnheit werden. Immerhin: solange der einzelne sich sagsn muß
und — kann: nur du und deinesgleichen sind heruntergekommen, wascht
euch und haltet euch künftig sauberer, so lange fehlt noch nicht der Halt.
„Wann sonst?" Dann, wenn der Schmutzfink an der Sauberkeit auch der
Ordnung zu zweifeln beginnt, die ihm als Deutschem in weltlichen Dingen
als die höchste gilt, an der staatlichen Ordnung.

Dazu hat er noch keinen Grund. Aber wir sollten doch recht sehr
darüber wachen, daß er auch nicht den leisesten Trugschein einss Grundes

,. Märzheft ,s,s (XXXI, ,,)
 
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