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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,2.1918

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Heft 12 (2. Märzheft 1918)
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Avenarius, Ferdinand: Faust bei Michelangelo
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https://doi.org/10.11588/diglit.14372#0174

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Airsgleich ihm. Mein Ich, i>as dient ihnr rnit —
Nrrir: denr, was uns gemeinsanr.

Faust:

And es fragt

Nach Brudergeist, indenr es sich betennt.

Michelangelo:

Meist nennt man so, rvas ich Verlangen nenne
Nach Lhr' und Ruhnr. Die schätzt' ich, als ich jung.

Faust:

IVann wart Ihr glücklich?

Michelangelo:

Glücklich, gilt Luch das?
Faust:

wann lebtet Zhr am höchsten?

LNichelangelo:

Li, ich tönnt'

Lnch allerlei erzählen, datz Ihr Luch
Verwundertet, wie der, den alle xreisen,

So lindisch sei. Linst stach mich eine Lllücke,

Da fing ich sie, und wie ich sie besah,

Bestaunt ich erstmals ihren lvunderbau.

Saht Ihr, und wär' es von Lellinis lsand,

Lin Aünstlerwerk wie diese Sxinn' am L>feiler,

Gder ein Bild, in Farb' und Form so schön,
wie dort bie Lllotte? Und der Menschenleib!

LNrr ward einmal ein toter LNohr geschenkt,

Das LNesser in der Lsanö, ging seinen wundern
Zch Tag' und Llächte nach — nie lebt' ich höher!
LNann: jeöe Form der welt ist eine Llraft.

Lrfatzt die Form und bilöet sie in Luch,

In Luch hinein und dann aus Luch heraus, —

Und in Luch lebt die Araft. Als ich Gestalten
Lür jene Decke hinwarf, da hab' ich . . .

Ia: LNensch auf LNenschen aberhundertmal
Linströmen in mich fühlen, in mir sein.

Ich durft sie bannen. Und sie leben noch.

Für mich. Für andre? Ach, die malten ab,

Arauften, verrentten, trumxften, bliesen auf,

Und sagten: das ist Aunst. wie viele Llarren
lsab' ich gemacht!

Fa u st:

Amd gab das Gott?

Lll i ch e l a n g e l o:

Lr dulöet es, öenn witzt:

Die Llarren zählen nicht. Die Lllenschheit geht
Mit leisem Tritt durch ihr Geschrei. Fühlt einer,

Nur einer im Iahrhundert jenen lsauch

Der Gottheit, der durch mich ging, aus dem werk,

Befruchtet's mit ihm auch die Aommenben.

Faust:

Du Glücklicher, der das (auf Llloses hinweisenb) vollenöet hat

Lllichelangelo:

Iung war ich, und der edelste der päxste
Vertraute mir sein Grab. Aus Marmorblöcken
Rief mich Gestalt an auf Gestalt: erlöse
Mich aus bem Stoff, damit ich sxrechen kann!
wo nur ein lsöcker war im Stein, ein Fleck,
 
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