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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,2.1918

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Heft 12 (2. Märzheft 1918)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14372#0191

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benutzen wollen, sehr in die Höhe ge-
trieben worden. Für den Berufsland-
wirt, der eine entsprechende Rente aus
seinenr Kapital und seiner Tätigkeit
beanspruchen muß, wird dadurch die
Erwerbung eines eigenen Besitzes
außerordentlich erschwert.^

Wann endlich raffen sich die gesetz-
gebenden Kräfte auf, diesem Wesen und
damit vielleicht dem schlimmsten Vam-
phr, den das Wirtschaftsleben im
Kriege gezüchtet hat, zuleibe zu gehen?
Verteidigt der deutsche Krieger des-
wegen nnn schon im vierten Fahre sein
Vaterland, damit dieses Vaterland mehr
und mehr in den Besitz von Kapitalisten
übergehe, für die es nur ein Mittel
bedeutet, ihre arbeitslose Rente zu
steigern? Rnd wo arbeitet dagegen diese
selbe Lagespresse, die sich im Friedeir
über den „Brotwucher" der „Iunker"
nicht genug entrüsten konnte? Wird
sie schweigen gegenüber dem vielmals
schlimmeren und gefährlicheren Brot-
wucher von Kriegsgewinnlern, die sich
als Eigentümer landwirtschaftlichen
Bodens, den sie maßlos verteuern hel-
fen, in den Preisen für die Boden-
erzeugnisse einen dauernden Tribut von
der Gesamtheit entrichten lassen kön-
nen? Wofür fordern sie denn einen
solchen Tribut? Dafür, daß sie Ge-
schäfte machen konnten, weil andere für
die Gesamtheit bluteten nnd starben.

L.

Seid vor den Rerven auf der Hnt!
on zwei Lesefrüchten die erste: „Ein
Schlosser Karl E. aus Charlotten-
burg schläft im Stadtbahnzuge ein
und wird an der Endstation vom
Bahnbeamten geweckt. Vor Wut, daß
er zuweit gefahren und wohl auch,
daß er unsanft geweckt wurde, ver-
greift er sich an dem Beamten. Die-
ser holt einen Schutzmann zu Hilfe,
der mit dem flachen Säbel dem Wü-
tenden so viel Schläge versetzt, bis er
„kampfunfähig" wird. E. wurde in
die Lharite gebracht. Dreißig Vor-
gesetzte und Mitarbeiter des E. wen-
deten sich daraufhin mit folgender Zu-
schrift an die Presse Berlins: »E. hat
in diesem Kriege, bei dessen Beginn
er gerade sein zweites Iahr aktiv
diente, ll8Gesechte, Stürme und Schlach-
ten mitgemacht, wurde wegen seiner

Tapferkeit zum Vizefeldwebel beför-
dert, erhielt das Eiserne Kreuz, die
hanseatische Tapferkeitsmedaille und
den Kronenorden vierter Klasse. Nach
schwerer Verwundung der Älrtillerie-
werkstatt Spandau Süd überwiesen,
hat er dort seit sechs Monaten schrift-
liche Arbeiten ausgeführt. Sein An-
griff auf den Schutzmann und den
Bahnbeamten scheint bei dem sonst
ruhigen nnd sich durchaus tadellos
führenden Mann durch eine nervöse
Äberreizung hervorgerufen zu sein.«"

Lesefrucht Nr. 2: „Kürzlich ging
frühmorgens um 6, als die Arbeiter
Berlins zur Arbeit gingen, ein vor-
nehm gekleideter Herr vor einer Gruppe
von Arbeitern her, müde und über-
nächtig aussehend. Erster Gedanke der
hinter ihm Gehenden: Aha, ein Kriegs-
gewinnler, der eine lustig verpraßte
Nacht hinter sich hat! Stichelreden
folgten . . . bisfige Bemerkungen . . .
sogar Unflätigkeiten .... bis dsr
Zusammenstoß fertig war und der
obligate Schutznrann dazwischentreten
mnßte. Das Ergebnis: Der vornehme
Herr war ein bekannter Arzt, der in
dieser Nacht eine schwere Operation
ausgeführt und hinterher stundenlang
am Krankenlager des Patienten ge-
wacht und gearbeitet hatte . . . Mit
dunklen Köpfen zogen die Neugierigen
ab, beschämt die am Streit Beteilig-
ten."

Die Glosse dazu? Achtet mehr auf
die Nerven, sie sind jetzt Kobolde,
8ie überall dreinkläffen, wo früher
die Vernunft sprach. Denkt an die
Biester, wenn sie aus irgendeinem
Loch hervorflitzen, und haltet ihr Ge-
bell nicht für Menschenrat. Duckt
sie bei euch; wenn sie aber einem
andern durchbrennen, so meint auch
nicht, e r tue das, was nur seine Ner-
ven tun. R. A l b e r t

Widerspruch

eit wir auch Politik mit heran-
ziehn, bringe ich ziemlich häufig
Veiträge, deren Ansichten weit von
der meinigen abweichen. Da bekomme
ich nun Briefe: „Wie können Sie
nur! Wir wissen doch aus Ihrer
ganzen Vergangenheit, daß Sie der
oder jener Meinung nicht sind.
Warum lassen Sie den Mann zn
 
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