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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 5.1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.12973#0159

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ist erobert zu werden. In technischer Beziehung erwähne
ich nur des tresslichen I. I. Eeckhout „Rostöro äs 8a-
lency“, die weniger durch den uns serner liegenden Ge-
genstand, als durch den breiten, meisterhaften Farbenauf-
trag intereffirt. Äuch aus den Belgiern eine Auswahl
zu treffen, ist diesmal leicht, weil sich die uns bekannten
de Loose, Henri Dillens, Wilhelm Linnig, nebst den
uns bisher fremden David Cot als die in jeder Beziehung
bemerkenswerthesten Herausstellen. Ersterer brachte „das
Atelier einer Malerin", ein Bild, dem es bei seinem Reich-
thum an Figuren an einer rechten geistigen Pointe, aber nicht
an feiner vollendeter Malerei fehlt. Dillens' Scene,
wie eine Mutter ihren sechsjährigen Jungen wäscht, dem
das kalte Wasser zum kläglichen Schreien treibt, ist etwas
drastisch ausgesührt: beide Gestalten sind nichts weniger
als schön, aber völlig wahr und aus dem Leben gegriffen.

(Fortsetzung folgt).

^ München, Mitte April. (Wand erungen durch
Knnstwerkstätten.) Die moderne Kunst schien bis
jetzt nur den Ernst des klassischen Alterthums zu kennen,
und doch war unzweifelhaft seine heitere Seite zugleich
auch seine breiteste. Unser genialer Böcklin hat nun
in einem köstlichen Bildchen diese heitere Seite ausgefaßt,
indem er uns einen Ziegenhirten zeigt, der mit seinen
Thieren aus felsiger Höhe einem kolossalen Faun begegnet,
und vor ihm, dem sein jäher Schreck offenbar die bos-
hafteste Freude macht, in rasender Flucht kopfüber den
Berg herab stürzt, daß den Beschauer fast für dessen Leben
bangt. Wenn bei Besprechung des von Sie ff an zuletzt
ausgestellten Bildes gesagt wurde, es zeige noch ein
Schwanken zwischen Stil und Naturalismus, so sollte damit
nur angedeutet werden, daß sich darin zwei unvereinbare
Momente gegenseitig den Platz streitig zu machen schienen.
Stefsan's „Partie am Bierwaldstädter-See" ist nun aber
von so entschiedener Naturwahrheit, daß seine neue Rich-
tung hiermit vollkommen befestigt erscheint: nichts stört
mehr die nothwendige Einheit des Gedankens und ich
konstatire dies um so lieber, als ich den neueren Schritt als
einen wahren Fortschritt begrüßen darf. — I. H autmann
arbeitet an einer lebhaft bewegten Gruppe spielender Kna-
ben und genügte der schwierigen Ausgabe, die einzelnen
Theile seiner Komposition zugleich zu lösen und zu ver-
binden, so daß sich nirgends Ecken, nirgends Lücken zeigen,
auf's glücklichste. Auch seine „Bacchantin mit dem Panther"
ward noch feiner durchgebildet und sieht, nunmehr im
Modell vollendet, der Ausführung in Marmor entgegen. —
P. Martin, dessen „Gassenjungen" aus der großen Aus-
stellung des Jahres 1858 allgemeinsten Beifall fanden,

hat in einem eben ans seiner Staffelei stehenden Bilde
zwei lebensgroße arme Kinder dargestellt, welche mit sehn-
süchtigen Blicken nach den Raritäten einer Nürnberger
Spielwaaren-Bude blicken. Ganz vortrefflich ist nament-
lich der Ausdruck des Mädchens, das in kindlichem Ver-
langen an einem Finger saugt und die eine große Zehe
ihrer nackten Füßchen auf die andre preßt, als könnte sie
damit das herzinnige Verlangen unterdrücken. Diese durch
und durch wahre Auffassung spricht von dem scharfen
Blicke des trefflichen Künstlers und dessen seinem Gefühle.—
Bei Friedrich Voltz fand ich eine große „Viehweide" mit
weit hingedehnter Landschaft und daneben ein kleines
allerliebstes Kabinetbildchen: in einem Kuhstall hält ein
frischer rothbackiger Bube seine Mahlzeit, die mit ihm
zu theilen Hund und Katze Anstalt machen, so daß der
arme Junge von zwei Seiten in Gefahr ist. Ein drittes
Bild von etwas größeren Verhältnissen zeigt uns ein stilles
heimliches Plätzchen am Waldeingang, an dem sich der
Hirtenjunge zum Schlaf hingestreckt hat, während das
Vieh wiederkäuend sich der Ruhe zu erfreuen scheint. Ein
viertes, mit dem vorigen in gleicher Größe führt uns
an eine Felswand, au der sich ein junges Bauernweib
zwischen Kühen und Ziegen arbeitend nieder gelassen. Alle
diese Kompositionen zeichnen sich durch Klarheit und Ein-
fachheit der Komposition und wohlberechnete Vertheilung
der Licht- und Schatten-Maßen aus das Vortheihafteste
aus. — Julius Lange beschäftigt sich mit einem Cyklus
aus der großartigen Gebirgswelt von Berchtesgaden: zwei
seiner neuesten Gemälde behandeln den „Obersee" von zwei
einander gegenüber liegenden Punkten, auf dem Mittel-
bild zeigt er den durch Formenschönheit bekannten „hohen
Göhl." — Unser tüchtiger Emele, der in wahrhaft patri-
otischer Weise ausschließend die Ehre deutscher Waffen
verherrlicht, malt an einer Episode aus dem niederländischen
Feldzug der Oesterreicher unter ihrem großen Erzherzog
Karl. Von Schwind wird demnächst mit seinen Bildern
aus dem Leben Mariä für den Hauptaltar der restaurirten
Frauenkirche zu Ende kommen, welche durch Innigkeit der
Empfindung und ächt deutsches Wesen den wohlthuendsten
Eindruck machen. — Der treffliche Spitzweg malt an einem
Bildchen, das die erste Scene des früher so beliebten
Singspiels „Doctor und Apotheker" von Dittersdorf in
der diesem Meister eigenthümlichen durch und durch sein
empfundenen, ansprechenden Weise vorsührt. Die Worte
jenes einfachen herzlichen Liedes: „Wie erquickend, o wie
labend ist ein schöner Sommerabend"! können nicht lieb-
licher und behaglicher ausgesprochen werden, als Spitz weg,
der tiesgemüthige Künstler, es mit wenigen Mitteln ge-

than. —

Kunst-Chronik.

Berlin. — Der Maler Gustav Richter wird sich,
wie wir hören, in Kurzem nach Aegypten begeben, um
dort an Ort und Stelle Studien zu seinem großen Bilde
für das Maximilianeum zu machen.

— — Se. Kgl. Hoheit der Prinz Regent, so wie
II. KK. HH. die Prinzen Friedrich Wilhelm, Carl,
Albrecht, Friedrich, Albert, der Prinz von Hohen-
zollern und Prinz von WürtemberH, und II. KK.
HH. die Prinzeß von Preußen, Prinzeß Friedrich
Wilhelm, Prinzeß Carl, haben heute das in der Kgl.
Kunstakademie aufgestellte Modell des neuen Berliner
Rathhauses mit großem Interesse besichtigt und Höchst-
Jhre Anerkennung über die Großartigkeit des Gebäudes
den zum Empfang der Hohen Herrschaften anwesenden
Oberbürgemeister Krausnick, Stadtverordneten Vorsteher
Esse, dessen Stellvertreter Lüttich und Bauinspektor
Wäsemann auszusprechen geruht. Außerdem nahmen
auch die Minister von Bethmann - Hollweg, Gras
Schwerin, Gras Pückler, der Oberpräsident von Flott-

well, ferner der Kommandant Gras von Al vensleben,
der Polizeipräsident von Zedlitz und der Ministerial-
Direktor Mac Lean das Modell in Augenschein. Bei der
Schönheit und Kostbarkeit des Projektes wurde doch be-
dauert, daß das Gebäude an eine so enge Straße wie
die Königsstraße zu stehen komme.

-Se. königliche Hoheit der Prinz-Regent haben

dem durch seine Leistungen rühmlichst bekannten königli-
chen Hof-Kalligraphen und akademischen Künstler Ernst
Schütze für eine Allerhöchstdemselben gewidmete kalli-
graphische Arbeit, die mit Allerhöchstdessen Bildniß gezierte
goldene Medaille verlieben.

-Nach einer Uebersicht des Comitös zur Errichtung

eines Melanchthondenkm als inWittenberg sind vom

I. März 1857 bis zum 1. September 1859 eingegangen
10623 Thlr. nebst 576 Thlr. Ziusen, also zusammen

II, 200 Thlr. Danach sind die Kosten für die Erzstatue
(die Prof. Drake herstellt) gesichert; hingegen fehlen noch
die Kosten für Postament, Ausschmückung und andere Be-
 
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