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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 5.1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.12973#0244

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ein halbes Jahrhundert vorher erbauten Fapade der Dome zu
Siena und Orvieto richtete. Der Verfasser bedauert, daß bei
den beiden bedeutendsten Bauwerken der Lombardei, dem Mailän-
der Dom und der Karthanse bei Pavia, keine Gewißheit über
die Urheber der zum Grunde gelegten Pläne vorhanden ist.
Manche behaupten, daß ein Deutscher, Heinrich Gamenedin,
für einzelne Bauwerke den Plan entworfen habe; eine Meinung,
welche der Verfasser verwirft, ebenso daß Simon v. Orsenigo
oder G- A. Omoleo den Plan des Domes gemacht habe. Der
Verfasser geht bei dem Leben des Baumeisters Marco Frisone
di Campione auf genaue Untersuchungen über diesen Gegen-
stand ein. — Giovanni war einer der ersten Maler in Mai-
land, welcher in seiner Jugend gesehen hatte, wie der von Azzo
Visconti nach Mailand berufene Giotto aus Toskana dessen

großen Saal malte. So fährt der Verfasser mit dem Leben
der Künstler nach den literarischen und architektonischen Quel-
len fort, indem er noch den Bildhauer und Baumeister Bern-
hard von Venedig, die Baumeister Jacob Buona da Com-
pione, Lorenzo degli Spazia u. Filippe degli Organi,
die Maler Michele di Molinari, und Stefano da Pan-
dio, sowie den Bildhauer Jac opino da Tradate vorführt.

6-li ordini di architettura civile da M. G. Barozzi da
Vignola, designate dal Prof. D. Bracan, ed pnbli-
cate dal Prof. Am. Alfieri. Milano 1860. presso
Rossi.

Dies sehr gut ausgestattete Werk ist in 6 Heften erschienen und
kostet 30 Franken.

Kunst-Institute und Kunst-Vereine.

Stenerangelegenheiten.

Die nachstehenden Verhandlungen sind uns zum Zweck der
Veröffentlichung übersandt worden. Wir kommen diesem Wunsch
um so lieber nach, als das Ergebniß ein principiell wichtiges
und daher für die gesammte Künstlerschaft von Interesse ist.

Einem Königl. General Directorium der Steuern beehrt sich
der qehorsamst Unterzeichnete Nachstehendes zur Hochgeneigten
Entscheidung vorzutragen.

Der Historienmaler Herr Muhr in München hat sein neustes
großes Werk: „Gastmahl der Königin Johanna" zur
Ausstellung nach Wien und demnächst nach Berlin an meine
Adresse gesandt. Das Gemälde war, wie alle Kunstwerke grö-
ßerer Dimensionen, in zwei Kisten regelrecht verpackt, das Gemälde
in der einen, die einzelnen Rahmenstücke in der anderen. Ob-
gleich nun beide Kisten mit einem Frachtbrief liefen, und auf
letzterem ausdrücklich die Zusammengehörigkeit der Kisten bemerkt
war, so hat das Zoll-Amt in Bodenbach dennoch die Kisten von-
einander getrennt, die eine, das Gemälde enthaltend, versteuert,
die andere aber mit den dazu gehörigen Rahmenstücken mit Be-
gleitschreiben an das hiesige Haupt-Steuer-Amt gehen lassen.
Letzteres verlangt nun, daß die 231 Pfd. Rahmenstücke für sich
und ohne Rücksicht ans das dazu gehörige Gemälde mit c. 20 Thlr.
versteuert werden, während beide Kisten nach erfolgter Untersu-
chung und Ueberzeugung, daß sie ein zusammengehöriges Ganzes
ausmachen, zusammen mit 15 Sgr. pr. Centner hätten versteuert
werden müssen, wie es bei allen ähnlichen Sendungen von ganz
großen Kunstwerken, namentlich Dubufe's „Kongreß in Paris,"
Winterhalter's „Florinde" und vielen andern berühmten, hier
zur Ausstellung gelangten Werken, bisher stets gehalten und mir
von den Herren Senerbeamten auch bezeugt werden kann.

Das Haupt-Steuer-Amt berief sich aber auf eine Verfügung
vom Mai 1859, nach welcher, gegen den Wortlaut und den Geist
des Gesetzes, nur dann Rahmen und Kunstsachen steuern sollen,
wenn sie sich wirklich um die Gemälde selbst befinden,
und nicht in besonderer Kiste verpackt sind.

Der gehorsamst Unterzeichnete erlaubt sich nun gegen diese
Auslegung der gesetzlichen Bestimmung im Namen der Künstler
und im Interesse der Kunst, der Kunstvereine und Ausstellungen
bescheidene Einsprache zu erheben.

Nach dem Amtlichen Waaren - Verzeichnisse sollen Bronce-
Holzrahmen mit 15 Sgr. Pr. Ctr. besteuert werden, wenn sie,
wie es wörtlich heißt, zur Einfassunb der vom Auslande
eingehenden Gemälde dienen. Hier ist nicht gesagt, daß
die Rahmen sich ausdrücklich um die Gemälde in derselben Kiste
befinden sollen. Der Redakteur des amtlichen Waaren-Verzeich-
nisses muß unbedenklich ein Sachverständiger gewesen sein, wel-
cher wohl wußte, daß größere Gemälde gar nicht in ihren Rahmen
verschickt werden können, da kein Eisenbahn-Waggon zu ihrer
Aufnahme groß genug sein würde. Derselbe Sachverständige
wird auch gewußt haben, daß überhaupt größere Kunstwerke nur
aufgerollt, die oft 20 und mehr Fuß langen Rahmenstücke aber
auseinandergeschraubt und der Länge nach in besonderer Kiste
verpackt, transportirt werden können. Wahrscheinlich ist die neuere
Deklaration vom Jahre 1859 für einen bestimmten einzelnen Fall,
oder aus Unkunde mit dem höheren und akademischen Kunst-
Verkehre erfolgt, und es wird nur dieser einfachen, wahrheitsge-
mäßen Anführung bedürfen, um Seitens des General Direktoriums
bald geneigter Remedur versichert zu sein.

Denn unmöglich kann es im Sinne des Gesetzgebers gehandelt
sein, wenn gerade die eigentlich bildenden und belehrenden grö-

ßeren Kompositionen, welche selten am Platze verkauft, fast aus
schließlich mit ihren Rahmen wieder in das Ausland zurückgesandt
und nur im Interesse der Kunst und der Künstler zur öffentli
chen Anschauung gebracht werden, in der Folge von den Preu-
ßischen Ausstellungen ausgeschlossen würden. Und dies würde
im Fall des Bekanntwerdens jener neueren Bestimmungen un-
fehlbar geschehen, denn ohne abschließenden Rahmen stellt kein
Künstler sein Hauptwerk aus, und da große Bilder nur aufge-
rollt versandt werden können, und die Rahmenstücke mithin be-
sonders verpackt werden müssen, so wird keine Ausstellung die
hohe Steuer, für einen wieder znrückgehenden Rahmen tragen.

Ein hohes General-Direktorium bitte ich daher, indem ich
die betreffenden Papiere beifüge, das Haupt-Steuer-Amt hoch-
geneigtest anweisen zu wollen, die Rahmenstücke zum Muhr sichen
Bilde gegen den Steuersatz von t5 Sgr. pr. Centner zu verab-
folgen.

Sollte ich mich indeß in meiner Ansicht täuschen, und es
bei der Besteuerung von 10 Thlr. pr. Centner verbleiben, so
bitte ich dann nur um Bescheid, um die Künstlerschaft des Aus
landes und sämmtliche Akademien und Ausstellungen des Vater-
landes von dieser neuen Auffaffnng noch vor Beginn der Ver
sendungen zur diesjährigen großen Kunstausstellung rechtmäßig
in Kenntniß setzen zu können, wobei ich aber das Aufsehen nickt
verschweigen darf, welches überall hin diese plötzliche Umgestal-
tung der bisherigen Praxis hervorbringen wird.

In tiefster Verehrung

Eines Kgl. General-Direktoriums
Berlin, d. 27. Mai der gehorsamste Diener

1860. (gez.) L. Sachse.

Kgl. Kommerzieurath und Mitglied des
Kgl. Artist. Sachverständigen-Vereius.

Aus dem vorstehenden Schreiben ist die Sachlage deutlich zir
ersehen. Es erfolgte nun folgende Antwort:

Ew. Wohlgeboren erhalten hierneben außer den Beilagen Ihrer
Eingabe vom 26. v. M. eine Abschrift der Erwiederung, welche
unterm 27. Oktober 1351 dem hiesigen Kunsthändler Lepke ans
eine Vorstellung in Betreff der Verzollung von Rahmen zu Ge
mälden ertheilt worden ist. Hiernach unterliegen Rahmen von
Holz oder Metall, wenn sie zur Einfassung der vom
Auslande eingehenden Gemälde dienen, der allge-
meinen Eingangs-Ab gab e, wenn sie aber allein gehen,
dem durch ihre Beschaffenheit bedingten Zollsätze.
Da nun der Rahmen zu einem Gemälde, auf welchen sich die
Anlagen Ihrer Eingabe beziehen, bei der Einbringung vom Aus-
lande nicht zur Einfassung des betreffenden Gemäldes diente,
sondern allein eingegangen ist, so unterliegt derselbe nicht der
Allgemeinen Eingangs-Abgabe. Mit Rücksicht auf die obwalten
den Umstände wird jedoch in diesem Fall das hiesige Haupt-
Steuer-Amt nur den durch den Begleitschein des Grenzamts
überwiesenen Eingangszoll von 15 Sgr. für den Centner erheben,
wogegen in künftigen ähnlichen Fällen der tarifmäßig
gerechtfertigte Zollsatz wird erhoben werden müssen.
Berlin, d. 14. Juni Der General Direktor der Steuern.
1860. (gez.) v. Pommer Esche.

Anm. d. N. Wir werden demnach künftig, und auch zur
großen Kunstausstellung der hiesigen Akademie, große Gemälde
aus dem Auslande kaum mehr erwarten dürfen: eine recht an-
genehme Aussicht.

Kommissions-Verlag der Nicolaisichen Verlags-Buchhandlung (G. Parthey) in Berlin. — Druck von G. Bernstein in Berlin.
 
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