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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 23.1908

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Muthesius, Hermann: Mein Haus in Nikolassee
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https://doi.org/10.11588/diglit.6701#0019

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Haus in Nikolassee.

ARCHITEKT HERMANN MUTHESIUS.

Ansicht von Süden.

ist wilde Natur geblieben, nach der Potsdamer
Chaussee hin ist der ursprüngliche Kiefern-
wald, nach der Rehwiese hin das den Ab-
hang bedeckende Buschwerk stehen gelassen. In
diesen Abhang hinein schieben sich vor jedem
der Häuser geräumige Terrassen, die den sich
hier bietenden Fernblick vermitteln. Die
Terrassen sind aus der Ausschachtungserde
des Bauplatzes aufgeschüttet, wie überhaupt
die ganze Erdbewegung so berechnet ist, daß
weder ein Karren Erde ab- noch zugefahren
zu werden brauchte. Der geräumige freie Platz
zwischen meinem Hause und der andern
Häusergruppe ist für ein weiteres Haus be-
stimmt, zunächst soll dort jedoch die auf dem
Lageplan eingezeichnete Obstterrasse angelegt
werden.

Da sich bei allen Häusern des Grundstücks
der Fernblick nach Norden erschließt, also
nach der schlechten Wohnseite, so lag hier
jener eigentümliche Widerstreit zwischen der
guten Aussicht und der gesunden Lage vor,
der bei Haus-Grundrissen häufig zu so großen
Schwierigkeiten-führt. Denn es ist unbedingt

daran festzuhalten, daß die Haupt-Wohn- und
Schlafzimmer des Hauses die Sonnenlage
haben müssen. Liegt die Aussicht nach
Norden, so rücken sie an die aussichtslose
Seite des Hauses. Daneben ist es aber na-
türlich auch sehr erwünscht, daß die schöne
Aussicht nach Möglichkeit ausgenutzt wird.
Es muß nun für jedes einzelne Zimmer eine
sorgfältige Erwägung stattfinden, ob ihm die
nichtsonnige Lage bei schöner Aussicht oder
die gute Sonnenlage ohne Aussicht zuerkannt
werden soll. Im allgemeinen kann die Wahl
nicht schwer fallen. Man wird am ersten das
Eßzimmer und das Arbeitszimmer des Herrn
von der Sonnenlage dispensieren. Im Eß-
zimmer verweilen wir nur kurze Zeit, so-
daß die Gesundheitsanforderungen nicht so
wichtig sind, wie etwa in den Schlaf- und
Wohnzimmern. Dafür ist uns in den genuß-
frohen Stunden der Mahlzeit die schöne Aus-
sicht eine sehr erwünschte Zugabe. Das Ar-
beitszimmer des Herrn aber erfordert seiner
Natur nach Nordlicht. Die schöne Aussicht
ergibt sich dann sozusagen von selbst. Des

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