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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 23.1908

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Muschner, Georg: Zur Tierplastik. Eine Ergänzung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6701#0046

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mancherlei Vorwürfe machen, erst recht aber der
Kleinplastik. Warum schafft die Natur bei den
Pferden die verschiedenen Rassen? Warum
suchen die Menschen Pferdegeschlechter heran-
zuzüchten mit scharf herausgebildeten und be-
grenzten typischen Formen? Weil der kultivierte
Kenner hier edelste Merkmale würdigt, die ihre
tiefe Bedeutung haben. Die Künstler aber bilden
recht oft Pferde, deren Stamm nur ihre Phantasie
kennt, deren Formen grade das Interessanteste
verwischen. Das Gleiche gilt von Rehen, Hirschen,
von Pelikanen, Fasanen. Ich sah Fasanenhennen
modelliert, die stark zum Perlhuhn neigten. Ich
sah jüngst erst in einer Porzellanfabrik eine Meise,

die durch den breiter modellierten Kopf zum
Kleinspecht hinüberging.

2. Die Frage hängt aber auch sehr mit der
Materialfrage zusammen. Hier jedoch lautet das
Problem nicht: in der Modellierung breit und
flächig bleiben, weil das Material dadurch am
besten zur Geltung kommt — das ist ein Schein-
grund und heißt das Problem nicht eigentlich
packen, vielmehr es sich und dem Material leicht
machen. Sondern die Aufgabe lautet: mit der
durchgebildeten Form dem Material noch größere
Feinheiten ablocken. Warum wirken die Rosen
eines Meißener Porzellans so unerhört klassisch?
Weil das Material bis zur spielenden Leichtigkeit

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