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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 23.1908

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Lux, Josef August: Kunstschau Wien - 1908
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https://doi.org/10.11588/diglit.6701#0060

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Kunst schau
Wien 1908.
Professor
Kolo Moser:
Malerei-Saal.

IV. GUSTAV KLIMT.
Eigentlich scheint mir die Ausstellung ein
Festkleid um Klimt zu sein, eine Verherr-
lichung, die mir gerecht erscheint. Klimt ist
der künstlerische Gipfelpunkt. Ein Saal ver-
einigt sein Schaffen aus den letzten vier
Jahren, die ich als dritte Epoche seiner
grandiosen Entwicklung bezeichnen möchte.
In seiner Burgtheaterzeit war er eminent, in
dem Wiener Umkreis vorerst eine lokale Be-
rühmtheit; seine Sezessionszeit, durch die drei
Universitätsbilder charakterisiert, bedeutete
einen Aufstieg, der ihn in die vorderste Reihe
der modernen europäischen Kunst rückte.
Damals, als sich die Sezessionsfreunde schützend
um ihn stellten, um ihm den Mut und die
Zuversicht zur Entwicklung seiner ungewöhn-
lichen Kräfte zu geben. Das war die Mission
der »Sezession« in den ruhmreichen Jahren
ihres Bestandes. Sie hatte späterhin, als
Klimt und sein Kreis aus der Sezession aus-
traten, die Kraft für eine programmatische
Entwicklung erschöpft. Aber ihre Mission ist
erfüllt gewesen und geschichtlich beglaubigt,
daß sie einen Künstler ins Feld stellen konnte,

der imstande war, die Malerei um ein gutes
Stück vorwärts zu bringen und über die Ge-
fahr hinauszugehen, von der kunstgewerblichen
Materialkunst gänzlich in den Schatten gestellt
zu werden. Nun stellt er seine eigene Ver-
gangenheit in den Schatten durch die reiferen
Werke seiner dritten Epoche, die wir nun in
der »Kunstschau« sehen.

Wie er seine Bildnisse, Frauenporträts, in
Gold und in die Farben der Blumen und der
Edelsteine faßt, das ist berückend. Eine
mystische Verklärung ist an diesen Bildern,
eine Stimmung von leichter Ekstase, die fast
an das Religiöse streift, obwohl nichts Kirch-
liches da ist. Im Gegenteil. Die Erschei-
nungen und Symbole sind mondän. Aber
eine Heiligkeit ist trotzdem an ihnen, die zur
Anbetung zwingt. Die Blumenwiesen sind
noch einmal so schön, seit sie Klimt gemalt
hat; der Künstler gibt uns ein Auge, das
leuchtende Prangen ihrer Farben zu sehen;
die Natur lernen wir niemals in ihrer zauber-
haften Schönheit ergreifen, wie durch die
Kunst, die ihr Bild stets erneuert. Von der
abstumpfenden Gewohnheit, die alle Ein-

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