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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 23.1908

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Lux, Josef August: Kunstschau Wien - 1908
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https://doi.org/10.11588/diglit.6701#0062

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Kunstschau
Wien 1908.
Maler Max
Kurzweil;
»Bettina«.

drücke ausnützt und erblinden macht, befreit
die Kunst, die das Ungewöhnliche sichtbar
macht. Schließlich ist alles, was wir sehen,
und als Seelenbild in unseren geistigen Besitz
aufnehmen, eine persönliche künstlerische
Schöpfung. Aber der Künstler geht als Seher
voran und bestimmt die Art der Eindrücke,
die seine Generation erleben wird. Ich kann
mir denken, warum die klugen Frauen so
gerne von Klimt gemalt werden wollen. Die
Sehnsucht ist groß, über dem Alltag zu stehen,
in Gold und juwelenhafte Farben gefaßt, wie
Fürstinnen oder Madonnen, mit bedeutsamen
Lächeln, hinter dem mild verschleiert ab-
grundtiefe Geheimnisse liegen, und in einer
Schönheit, die von den gierigen Händen des
Lebens nicht mehr zerpflückt und verwüstet
werden kann. So hat mich der Künstler ge-
träumt, so möchte ich vor den Kindern und

den Enkeln stehen, denken die klugen Frauen,
beglückt, daß der Künstler ihren Adel ent-
deckt, den Adel, nach dem sie sich sehnen.
In den »Drei Lebensaltern« verhüllt die
Mutter ihre Augen über den eigenen ver-
welkten, ausgeschöpften Leib, der ganz un-
ähnlich geworden ist, unähnlich der Schönheit,
die in der Tochter aufs neue erblüht, und
die in dem Kind am Arm der Tochter im
Traumschlaf gebunden liegt.

Aber hinter aller Zartheit steht die herrische
und gewaltsame Natur des Künstlers. Sein
Griff bezwingt jeden Widerstand. Die mensch-
liche Form gibt ihm ihre letzten Geheim-
nisse preis, das Material seine letzte und
höchste Kostbarkeit. In der Zeichnung ist
er konsequenter Naturalist, als Impressionist
beherrscht er die feinsten impressionistischen
Valeurs, als Stilist geht er über alles hinaus,

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