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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 23.1908

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Zuckerkandl, B.: Die Jubiläums-Möbel-Ausstellung in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.6701#0306

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Die yubiläumx-Möbel-Ausstellung in Wien.

ARCHITEKT CARL WITZMANN WIEN.

Ausstellungs-Empfangshalle. Ansicht gegen die Verbindungsgänge.

ist die Raumeinteilung gedacht. Längs- und
Quer-Gänge ergeben Verbindungen zwischen
den einzelnen Wohnungen und zeigen Fenster-
Motive in den glücklichsten Varianten. Daß
auch ein uniformer Zinsbau Phantasie, Trau-
lichkeit und Schmuckmöglichkeit der Fenster-
nischen nicht ausschließt, wollte Architekt
Witzmann ganz besonders betonen. Und
wirklich haben alle mitwirkenden Künstler
dem räumlichen Ausschnitt und der dekora-
tiven Ausgestaltung dieser Licht zuführenden
und daher wichtigsten Baugliederung die schön-
sten Wirkungen zu danken.

Doch darf man da nicht etwa an die Be-
nutzung jener malerischen Stimmungsmomente
denken, die noch vor kurzem als die Rück-
kehr zu einer individuellen Wohnungskultur
galten. Die vierunddreißig durchweg dem
Zeitstil dienenden Interieurs sind von der
Wesensart jener Modernen, die allmählich den
schönen Zug ruhiger Selbstverständlichkeit zeigt,
Weil aus einer Gemeinsamkeit der Lebens-
auffassung eine Gemeinsamkeit des Schaffens

entstanden ist, weil ein Höheres als der Einzel-
wille eines noch so begabten Individuums den
Ausschlag gab, weil der Gesamtwille zum
gemeinsamen Ideal unerschütterlich sich
kundgab, deshalb kristallisierte sich unserer
Epoche auch ihr Stil.

Nirgend vielleicht sind Gesetze und Diktate
der Tektonik, der Materialanwendung und der
ornamentalen Zier so strengem Rhythmus unter-
worfen als in Wien. Die Klimt-Gruppe mit
dem um die Wiener Werkstätte sich schließen-
den Kreis von Künstlern hat die Erneuerung
der Daseins-Requisiten auf so grundfeste Fun-
damente gestellt, sie sind zu einer so innigen
Verschmelzung von seelischer Atmosphäre und
deren materialisierten Lebensformen gelangt,
daß das Schaffen des Einzelnen nur mehr
wertvoll und echt ist, wenn es in Beziehung
zum Ganzen steht. So wurden die notwendigen
Disziplinen festgestellt, welche dem Kollektiv-
Ideal einer Durchdringung von Kunst und
Leben Realität gibt.

Die jetzt den Führern nachfolgende jüngere

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