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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 23.1908

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Klein, Rudolf: Vom Wesen der künstlerischen Begabung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6701#0322

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Rudolf Klein—Berlin :

ARCHITEKT CARL WITZMANN WIEN.

Zimmer der Tochter. Schlafraum mit eingebautem Bett.

Ausgeführt von H. Irmler—Wien.

Wir sind gewohnt, vom Standpunkt der
Gegenwart aus, alle Dinge als Entwicklungs-
produkte zu betrachten und zwar so, als ob
das eine die logische Fortsetzung des andern
sei. Bei unorganischen Dingen, wie der
Mode, ist diese Annahme sogar ziemlich
einwandfrei. Ihre Produkte sind gleichsam
sublimierte Kristalle am Stamme eines Or-
ganischen , der ihnen Wesen und Ausdruck
verleiht. In der Kunst liegt die Sache schon
verwickelter. Da sehen wir die Vertreter
der entgegengesetztesten Richtungen dicht bei-

einander schaffen, sodaß die Annahme, die
Kunst sei ein reines Produkt des Milieus,
hinfällig wird. Können wir doch auch in
der Zoologie die Selektionstheorie ruhig fallen
lassen, ohne die Evolutionslehre aufgeben zu
müssen. Doch wie im letzten Grunde die
Evolutionslehre nur beweist, daß die Arten
zwar nacheinander, vom Niederen zum Höheren,
auf dem Plan erschienen sind, nicht aber
eine aus der anderen, eine jede vielmehr
vorbedingt war, scheint es auch in der
Kunst vielleicht nur so, als ob eine Schule

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