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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 23.1908

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Jaumann, Anton: Neues von Peter Behrens
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https://doi.org/10.11588/diglit.6701#0370

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Peter Behrens—Berlin.

U

PROFESSOR PETER BEHRENS BERLIN.

Ausstellungs-Gebäude der A. E. Gr. in Berlin.

vorhanden. Nicht eigentlich nach künst-
lerischen Entwürfen. Solche hätte man, wenn
nötig, von Fall zu Fall erwerben können.
Im übrigen genossen die Erzeugnisse der
Firma bereits einen Weltruf, eine Veredelung
durch den Künstler war also durch materielle
Rücksichten nicht geboten. Aber es zeigte
sich da ein merkwürdiger kultureller Vorgang.
Oder vielmehr: Es bestätigte sich in neuen
Verhältnissen ein altes kulturelles Gesetz:
Die Kraft sucht zur Selbstvollendung die
Form. Wie das Bürgertum, wirtschaftlich
erstarkt und gefestigt, Wohnung, Haus und
Lebensformen jetzt durch die schöne Form
zu gestalten und zu weihen strebt, so holte
sich die Erwerbsgesellschaft den Künstler,
nicht um mit ihm zu renommieren, sondern
aus einem tiefen inneren Kulturdrang. (Vor
fünf Jahren noch wäre man mit solchen
»Interpretationen« verlacht worden, heute
macht sich der lächerlich, der diese all-
gemeine Bewegung anzweifelt.)

Suchen wir der Psychologie des Falles
näher zu kommen. Die leitenden Männer in

der A. E. G. betrachten diese nicht als ein
bloßes Institut »of money-making«. Es sind
großgeartete, stolze Persönlichkeiten, erfüllt
von der Bedeutung und, fast möchte ich sagen,
der Schönheit ihres Unternehmens. Sie wissen,
daß ihr Werk eine nationale und kul-
turelle Größe darstellt: als Arbeits- und
Lebensquelle für ein Volk von Arbeitern, als
eine Vereinigung von Tausenden hervorragen-
der Kräfte, als Produktionsstätte wertvollster
Wirtschaftsgüter, als finanzielle Macht von ge-
waltigster Konzentration. In diesem kolossalen
Gebäude waltet die höchste Ordnung. Klar,
kraftvoll, großlinig ist die Organisation durch-
geführt, bis herab ins kleinste. Eine riesen-
hafte Präzisionsarbeit! Jede Kraft kann sich
an ihrer Stelle ohne Hemmung, ohne Reibung
auswirken.

Es bedeutete eigentlich schon eine künst-
lerische Tat, eine solche Kolossal-Archi-
tektur von weise verteilten Massen und Kräften
aufzurichten.

Aber Größe verpflichtet. Die Direktoren
bekunden nur eine gesunde Selbstachtung,

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