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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 35.1914-1915

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Storck, Willy F.: Linie und Form: Ausstellung von Zeichnungen und Plastiken neuzeitlicher Bildhauer in der Kunsthalle zu Mannheim [und] I. Plastiken
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https://doi.org/10.11588/diglit.7013#0042

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Linie und Form.

WILHELM LEHMBRUCK.

& BÜSTE« TERRAKOTTA.

von intensiver Geschlossenheit und intimem
Reiz ergeben. Die Stiltendenzen der zeitge-
nössischen Plastik bewegen sich gewissermaßen
in drei Richtungen. Die eine sucht die rein
in der „Form" ausgedrückte Schönheit der
plastischen Erscheinung, in ihrem geschlossenen
substantiellen Sein: eine durch die klassische
Schönheit bestimmte imitativ - naturalistische
Form, wie sie in dem Schaffen Hildebrands
ihren theoretischen und sichtbaren, ihren logi-
schen und künstlerischen Ausdruck gefunden
hat. So verschiedene Naturen wie Klimsch,
Kraus, Behn, Engelmann, — selbst Kolbe be-
gegnen sich auf diesem Wege. Die andere
Richtung geht auf die plastische Formulierung
eines Bewegungseindruckes aus, zunächst be-
stimmt durch die körperliche Bewegtheit, aber
schon (und am tiefsten) hineinbezogen eine
seelische Bewegtheit und Erregtheit durch
Rodins große Kunst. Hier tritt die impressio-
nistische Tendenz klar zu Tage, durchaus analog

den Strömungen der zeitgenössischen Malerei.
Bourdelle und Desbois, sowie viele andere
aus Rodins Gefolgschaft (auch in Deutschland)
wären hier an erster Stelle zu nennen. Eine
dritte Strömung betont die seelischen Momente
in ihrem gepreßten und durchfühlten Formen,
— Linien und Flächen, Lichtern und Schatten, —
als Ausdruck inneren Seins. Die Absicht, die
Schönheit der plastisch-körperlichen Erschei-
nung oder deren Bewegungseindruck wieder-
zugeben, weicht dem Willen, Gefühlserregungen
auszudrücken, in der Form herauszupressen,
wenn auch der klassisch bestimmte Kanon
anatomischer Korrektheit dabei zerbrochen
wurde. Hier tritt uns das plastische Gegen-
spiel des malerischen Expressionismus entgegen.
Auch hier betont eine ausdrucksvolle Ver-
schiebung, Streckung und Dehnung, Kürzung
und Einschnürung der Körperproportionen
die seelische Spannung und Gefühlsstärke.
Die Herausstellung dieser Stiltendenzen soll

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