Die neuen Inhalte.
MAX BURI BRIENZ.
GEMÄLDE »BILDNIS MEINER FRAU«
sie dem Zeitalter seinen monumentalen Aus-
druck zu geben hat; daß sie alles Äußerliche,
Bedingte, Zweifelhafte des Säkulums mit
Innigkeit durchglühen und endlich zum Posi-
tiven dieser Zeiten einen künstlerischen Weg
bahnen muß.
Aber eben dieses Wort: „das Positive"
gibt uns das zu fühlen, was der neuen künst-
lerischen Produktion trotz allem noch fehlt:
das Bejahende, die positive Stellung zu Welt
und Leben, jede Art von Klassizität.
Die jungen Maler haben richtig erkannt, daß
in der Kunst des alten Orients, ja sogar der
dunkelfarbigen Völker, etwas liegt, das unserer
heutigen Kunst fremd geworden ist. Sie such-
ten dieses fremde Gut ihrer Kunst dienstbar
zu machen, manchmal auf jene romantische,
abgekürzte Weise, für die der Name Gauguins
bezeichnend geworden ist. Aber jenes Fremde
und Gute waren nicht die strengen, einfältigen
Formen, sondern die starken metaphysi-
schen Beziehungen, die ihnen zugrunde
lagen. Sie sind letzten Grundes aus einer un-
erschütterten religiösen Positivität gespeist.
Um nun mit aller Schärfe zu betonen, worauf
es mir hier ankommt, möchte ich sagen: man
hält es in den Kreisen der Künstler für verein-
bar, sich an polynesisch-tropischer Formenin-
brunst seinen Stil zu bilden und im übrigen an
Ernst Haeckel zu glauben. Man hält es für
möglich, die formende Hand bei der gotischen
Ekstase in die Schule zu schicken, während im
Gehirne die Namen der größten Menschheits-
ideen eben nur als unerlebte Namen vorhanden
sind. Ähnlich ist ja die Situation der aller-
neuesten deutschen Lyrik. Es gibt hier sogar
409
MAX BURI BRIENZ.
GEMÄLDE »BILDNIS MEINER FRAU«
sie dem Zeitalter seinen monumentalen Aus-
druck zu geben hat; daß sie alles Äußerliche,
Bedingte, Zweifelhafte des Säkulums mit
Innigkeit durchglühen und endlich zum Posi-
tiven dieser Zeiten einen künstlerischen Weg
bahnen muß.
Aber eben dieses Wort: „das Positive"
gibt uns das zu fühlen, was der neuen künst-
lerischen Produktion trotz allem noch fehlt:
das Bejahende, die positive Stellung zu Welt
und Leben, jede Art von Klassizität.
Die jungen Maler haben richtig erkannt, daß
in der Kunst des alten Orients, ja sogar der
dunkelfarbigen Völker, etwas liegt, das unserer
heutigen Kunst fremd geworden ist. Sie such-
ten dieses fremde Gut ihrer Kunst dienstbar
zu machen, manchmal auf jene romantische,
abgekürzte Weise, für die der Name Gauguins
bezeichnend geworden ist. Aber jenes Fremde
und Gute waren nicht die strengen, einfältigen
Formen, sondern die starken metaphysi-
schen Beziehungen, die ihnen zugrunde
lagen. Sie sind letzten Grundes aus einer un-
erschütterten religiösen Positivität gespeist.
Um nun mit aller Schärfe zu betonen, worauf
es mir hier ankommt, möchte ich sagen: man
hält es in den Kreisen der Künstler für verein-
bar, sich an polynesisch-tropischer Formenin-
brunst seinen Stil zu bilden und im übrigen an
Ernst Haeckel zu glauben. Man hält es für
möglich, die formende Hand bei der gotischen
Ekstase in die Schule zu schicken, während im
Gehirne die Namen der größten Menschheits-
ideen eben nur als unerlebte Namen vorhanden
sind. Ähnlich ist ja die Situation der aller-
neuesten deutschen Lyrik. Es gibt hier sogar
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