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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 35.1914-1915

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Mittenzwey, Kuno: Maler Julius Hess, München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7013#0441

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Maler Julius Heß-München.

JULIUS HESS —MÜNCHEN.

GEMÄLDE »STILLEBEN «

welche, ohne im geringsten deutsch sein zu
wollen, so sehr sie an den übernationalen Pro-
blemen des Kunstgeschehens Anteil nimmt,
doch unabsichtlich und unvermeidlich irgend-
wie deutsch ist; aus welcher der internationale
Kunstfreund stets irgend etwas Deutsches spü-
ren wird. Eine Begabung wie die geschilderte,
welche die Einheit ihres Werkes aus dem tem-
peramentvollen Ergreifen der Farbe gewinnt,
trägt in sich die Gefahr, ins Dekorative hinüber-
zugleiten. Die Belebung der Farbe so heraus-
zutreiben, daß schließlich die Ruhe bildmäßigen
Seins gesprengt wird und alles wie ein ruheloser
Strom vorrüberrauscht. Dies ist die entschei-
dende Stelle in Heß' Künstlerschaft, die Stelle,
wo die Gnade ihr Ende erreicht und die Zucht
des Willens anfängt. Betrachtet man die Werke
des Künstlers unter dieser Perspektive, so
trifft man auf hervorragende Kräfte der inne-
ren Konsolidierung, die für die weitere Ent-

wicklung des Künstlers das Beste verbürgen.
So gewiß man Heß, wenn man ihn von seiner
hervorstechenden Seite her bezeichnen will,
einen Koloristen nennen muß, so wenig ist sein
Wesen mit dieser Charakterisierung erschöpft.
Überall finden wir, bei allem souveränen Schal-
ten über die persönlichen Mittel, doch wieder
ein zähes Bemühen um das Gegenständliche,
eine Ehrfurcht vor dem Objekt, die den Wer-
ken bei aller Verführung doch wieder etwas
Sprödes, mitunter beinahe Herbes verleiht.
(Vielleicht ist es dieses streng sachliche Heran-
gehen, welches den Arbeiten den oben erwähn-
ten Charakter der Deutschheit gibt, ich weiß
es im Augenblick selbst nicht.) Und in dieser
Sachlichkeit der Gesinnung, in dieser Scheu
vor der Eigengesetzlichkeit des Gegenstandes
dürfen wir wohl die weitertreibenden Kräfte
von Heß' Künstlerschaft erblicken. Sie werden
ihn davor bewahren, die ihm jetzt virtuos zur

1916. TL 3.

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