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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 35.1914-1915

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Mittenzwey, Kuno: Maler Julius Hess, München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7013#0440

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Maler Julhis Heß-München.

sich Julius Heß ganz auf sein koloristisches
Temperament. Er gewinnt die Einheit des
Bildes aus dem koloristischen Zusammenklang
heraus, den ihm sein Temperament eingibt.
So neu und eigenartig dieser Klang in jedem
Werke ist, so lassen sich doch die wieder-
kehrenden Eigenheiten der Individualität mit
Worten andeutend bezeichnen. Stets sind die
tiefen Töne warm und sonor angeschlagen, da-
rüber schweben dann, in deutlichem Abstand
abgehoben, die hohen Werte, ein scharfes Gelb,
ein vielfach gebrochenes Grün, und dienen mit
ihremfunkelndenLeuchten dazu, dieTiefen noch
wärmer und glutreicher erscheinen zu lassen.
Es wird als verfehlte Tautologie erscheinen,
von Werken, die ganz auf Farbe gestellt sind,
zu sagen, daß sie „chromatisch" seien, und
doch mag dieses Wort, von der Musik wieder
zurückgenommen, zur Bezeichnung der Klang-
verhältnisse der Farben einen Sinn gewinnen.
Diese im weitesten Sinne moderne Farben-

behandlung hat Julius Heß in München nicht
einfach erworben, er hat sie sich zum besten
Teil selbst geschaffen, wenn es auch gewiß
kein Zufall ist, daß der Künstler (er ist 1878 in
Stuttgart geboren) und München zusammen-
kamen. Es ist wenig bezeichnend zu berichten,
daß der Künstler seine erste akademische
Unterweisung bei Herterich empfangen hat.
Wie wenig er hiervon angenommen hat, spricht
ebenso für das sichere Orientierungsvermögen
des Schülers, wie für den Takt des Lehrers.
Julius Heß hat sich als Künstler konstituiert aus
der Gesamtheit dessen heraus, was in der Mo-
derne an koloristischen Dingen im Fluß ist.
Aber so sehr er sich hier allen wesentlichen
Anregungen mit sichtlicher Großzügigkeit er-
öffnet hat, so sehr ist er doch dabei unverlier-
bar derselbe geblieben. Nicht nur als Indivi-
duum, sondern auch als Deutscher. Seine Kunst
gehört zu jener nicht zahlreichen (weil das Thema
aktuell ist, kommen wir darauf zu sprechen),

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