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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 39.1916-1917

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Gold, Alfred: Max Liebermann, Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.8535#0036

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Max Liebermann-Berlin.

PROFESSOR MAX LIEBERMANN BERLIN.

GEMÄLDE »HOLLÄNDISCHE DORFSTRASSE« (1885).

alle Mitstrebenden neben ihm, und das Ent-
scheidende, das Schicksalhafte: Er schließt ihn.
Ein Bild wie die „Gänserupferinnen" mit seiner
vom Himmel geholten Unabsichtlichkeit und
Ursprünglichkeit des Entwurfs, mit seinem
großen breiten Grauschwarz, auf dem sich das
Muster der Einzelheiten in verborgenem Reich-
tum, intim, leise, wie in stillem Erröten stuft
und steigert, ist der Einbruch in ein neues Land.
Noch herzhafter, größer wirkt das „ Kartoffel-
ernte"-Bild. Hier lebt zum ersten Male etwas
wie freie Luft und gemalte Erde, so gesund und
überzeugend wie wirkliche Erde, und darüber
fließt das silbrige Grau des Morgennebels, und
Vordergrund und Ferne sind zu einer Raum-
wirkung verwachsen, die seit den großen
Tagen der Rembrandtschule kaum wieder er-
reicht worden war.

Mit Leibi hat diese Kunst in der Tat keine
Verwandtschaft, aber nun folgt eine Zeit, die
Liebermann in München verbringt und in der
er zu dem Meister in Aibling doch in eine ge-
wisse indirekte Beziehung kommt. Wieder stellt

eine neue Kombination sich ein, wenn sich auch
äußerlich die kämpfe- und arbeitsreiche Reihe
schlichter und in ihrer Schlichtheit echt Lieber-
mannscher Motive fortsetzt. Ein Blick auf die
letzte Fassung der mehrmals gemalten Kon-
servenmacherinnen, die jetzt im Leipziger Mu-
seum hängt, oder die holländische Kleinkinder-
schule, die bei Exzellenz von Krupp ist, oder
die Straße in Zandvoort (Liebermann malte die
holländischen Anregungen damals immer in
München zu Ende) zeigt, daß die Palette des
tieftonigen Graumalers Liebermann heller und
leichter, daß sie, wie er selbst heute sagt, blon-
der zu werden beginnt. Das wird ihm zweifel-
los von München gegeben. Jene eigene kolo-
ristische Kultur, die in der bayrischen Kunst-
stadt niemals ganz unterdrückt worden war,
auch in ihren schwächsten Akademikerjahren
nicht, gibt ihm die Anregung und Kraft zur
Bereicherung und Aufhellung seiner Farben-
skala — langsam, bedächtig sogar, wie bei Lie-
bermann sich im Grunde jeder neue Entwick-
lungsprozeß , trotz blitzartig raschen Erfassens
 
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