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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 39.1916-1917

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Lene Scheider-Kainer
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Jaumann, Anton: Die Geburt des Impressionismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.8535#0399

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Lene Schneider-Kainer.

lene schneider-kainer - berlin.

gemälde »am hafen, lübeck«

des Geistes nicht mitkommen, zu einer gewissen
Brutalität des Zugriffes verleiten. Sie macht
es sich nie leicht, lieber hetzt sie sich selber,
steigert sich, nie selbstgenügsam. Und gerade
dieser ehrlich unbändige Ehrgeiz entscheidet,
— bei soviel Veranlagung — ihre Bedeutung als
eine der echten und starken malerischen Hoff-
nungen unserer Zeit...............gfk.

£

DIE GEBURT DES IMPRESSIONISMUS.

Es ist zweifelhaft, ob der Impressionismus
im Auge entstanden ist oder im Pinsel.
Man sagt, er habe eine neue Art, die Welt zu
sehen, verkörpert, eine Art, die mehr dem
modernen, nervösen, hastigen Wesen entsprach.
Er wollte die flüchtigen optischen Reize ein-
fangen, die auf der Oberfläche spielen, er sei
also der genaue Ausdruck einer Periode ge-
wesen, die im Zeichen der „Reizsamkeit" wie
es Lamprecht nannte, stand.

Sehen wir genauer zu! Ist der Impressionis-
mus nicht gerade in einer Zeit zur Welt ge-
kommen, wo in der Naturwissenschaft die ge-
naue Forschung und die tiefschürfende For-
schung Triumphe feierte, wo sie die großartig-

sten Systeme baute? Hat nicht ein Zweig des
Impressionismus für die Zerlegung der Farben
sich geradezu auf die Wissenschaft berufen?

Ob die Erfinder des Impressionismus be-
sonders nervöse, „reizsame" Persönlichkeiten
waren? Nun, nach ihren Bildnissen zu schließen,
müßten sie im Gegenteil recht robuste Kerle
gewesen seia. Cezanne, der extremste, sah
aus und lebte wie ein Bauer. In seiner Lehre
war er starr und rechthaberisch. Keineswegs
„flüchtig". Auch die andern verwandten recht
viel Geist und Schweiß auf die logische, wissen-
schaftliche Begründung ihres Tuns.

Wir dürfen annehmen, daß auch hier, wie
so oft, die Träger einer großen Bewegung sich
über deren eigentlichen Sinn im Unklaren waren.
Was hilft eine noch so geniale neue Art, zu
sehen, was hilft alle wissenschaftliche Be-
gründung , wenn der Pinsel sie nicht recht-
fertigt? Wenn das nach der neuen Methode
entstandene Bild der Reize entbehrt? Vielleicht
war auch hier die Entwicklungsfolge gerade
umgekehrt, als wie es die Theorie nachher dar-
stellte. Vielleicht hat auch hier der Pinsel das
Auge gelehrt? — Etwa so: Jene Maler sahen
die Reize der Skizzenhaftigkeit, sowohl in der
 
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