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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 39.1916-1917

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Bredt, Ernst Wilhelm: Sollen Staatssammlungen Modernes erwerben?
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https://doi.org/10.11588/diglit.8535#0052

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PROFESSOR MAX L1EISERMANN— BERLIN.

»POLOSPIEL IN KLEIN-l'LOTTBECK« (1902).

SOLLEN STAATSSAMMLUNGEN MODERNES ERWERBEN?

Die Meinung wächst, der Staat führe meist
schlecht mit seinen modernen Ankäufen.
Die Ausgaben erschienen zu oft nach wenig
Jahren zu hoch. Der Geschmack wechsle zu
schnell. Der Staat solle sicherer gehen und nur
Meister kaufen, deren Wert schon durch lange
Zeit als gesichert gelten könne. Später ent-
ginge ihm das Beste ja doch nicht. Das sei Er-
fahrungssatz. Im übrigen sei es Sache der
Privatleute, die Kunst der Lebenden zu fördern

— von allen Staatsankäufen zusammen könne
ohnehin kein Künstler leben. Wolle der Künstler
die wertvolle Anerkennung der Staatsgalerien

— so solle er sein Bestes dem Staat als Ge-
schenk anbieten. Die Annahme gelte als höchste
Anerkennung, sei dem Künstler auch wirt-
schaftlich von höchstem Vorteil.

So hörte ich schon mehrfach. Nicht etwa nur
von entschiedenen Verächtern der Modernen. —
Obwohl ich nicht glaube, daß solche Anschauung
so bald Eingang in unsere Staatssammlungen
finde — (das hieße die Gepflogenheiten der
englischen Staatssammlungen annehmen) — ist
die Vorbesprechung solcher Fragen doch zeit-

gemäß. Nach dem Krieg — was wird da nicht
alles vorgeschlagen und versucht werden?

Für erfahrene Museumsleute — zumal alte
— hat jene Anschauung viel Bestechendes. Wie
viel mehr Ruhe haben sie dann. Über Tote
läßt sich fast immer ruhiger urteilen. Über diese
nur schweigen die Neider, die Lobhudler, die
Größen, die Kleinen, die Tagesblätter. Und
noch ein Menschenalter nach dem Tode eines
Großen unserer Zeit — braucht man die Werke
gar nicht mehr anzuschauen — man liest „ gesät-
tigte, ruhige" Urteile großer Kenner, man weiß
genau was für so einen Meister nun bezahlt
wird, Neues kommt nicht mehr hinzu — kurzum
volle Orientierung ist möglich. Bei einiger Vor-
sicht sind dann Übervorteilungen des Käu-
fers fast ausgeschlossen. — Moderne Ankäufe
sind dagegen oft genug Wagnisse des Käufers
und seines persönlichen Ansehens. Der Kauf
vom noch Unbekannten ist am billigsten. Aber
rechnerisch kann der Käufer das noch lang
nicht beweisen. Der Staatsankauf wird zur
Kurssteigerung des Künstlers führen — aber
wie lange hält der Kurs? Ankäufe von schon
 
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