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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 39.1916-1917

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Müller-Wulckow, Walter: Mode-Entwürfe: zu dem Wettbewerbe des Modebundes Sitz Frankfurt a. M.
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https://doi.org/10.11588/diglit.8535#0344

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FRAU ULLI TERSTEGEN—MÜNCHEN.

»HAUSKLEID AUS WEISSEM WOLLFRIES«

MODE-ENTWÜRFE.

ZU DEM WETTBEWERBE DES MODEBUNDES SITZ FRANKFURT A. M.

Das Modebild begibt sich seiner Hauptwir-
kungskraft, wenn es nur Wirklichkeitswert
anstrebt. Es muß, um seine künstlerische Mis-
sion zu erfüllen und volle Propagandakraft zu
erreichen, mit stärkeren Reizen arbeiten, auch
wenn sie dergestalt garnicht verwirklicht wer-
den können. Das Modebild eilt also der zeit-
lichen Entwicklung voraus und darf daher an
das Einbildungsvermögen der Betrachter weit-
gehende Anforderungen stellen. Ja, es wird
sogar um so sympathischer empfangen werden,
je höher es die Phantasie der Interessenten
einschätzt. Dann sehen sich die Kreise, an die
sich das Modebild wendet, als vollwertig, als
kunstverständig und geschmackssicher genom-
men und werden alles aufbieten, diese Ein-
schätzung zu rechtfertigen. Und die Frau ist ja
gerade zu einer quecksilberschnellen Steigerung
ihrer Kräfte und ihrer Fähigkeiten bereit, wenn
sie psychisch dazu angeregt wird.

Das Modebild soll also den Anreiz geben.
Es wird dabei die Charakteristika einer kom-
menden Mode recht deutlich, recht reizvoll

unterstreichen. Nur wenn schlummernde Wün-
sche und ungenützte Schöpferkräfte dadurch
geweckt werden, erfüllt es seinen Zweck, nicht
etwa durch schulmeisterliches Vorschreiben
aller Schnitte und Nähte; das Technische muß
jede Schneiderin schon können. Solche geschul-
ten Kräfte vermögen dank der ihnen in die Hand
gegebenen schöpferischen Anregung jene unter-
geordneten Einzelfragen des Schnitts und der
Anpassung für jeden Spezialfall spielend leicht
zu bewältigen. Denn umgekehrt, aus Schnitt-
mustern und Formlappen entsteht nie ein trag-
bares Kleid, immer nur etwas Geschneidertes.

Was man den durch das Preisausschreiben
des Frankfurter Modebunds zutage geförderten
Entwürfen jedenfalls schon nachrühmen kann,
ist weniger die verblüffende Wirkung der ein-
zelnen Skizze, als vielmehr diese Parallelität
in den Absichten, die der Gesamtheit der Er-
scheinungen erst das spezifisch Modegemäße
gibt. So weit dieser Vortrupp der Künstler auch
dem breiteren Troß des Publikums vorauseilen
und wagemutig ausschwärmen muß, die Ein-

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