Max Liebermann —Benin.
[•KOK. MAX I.IKBERMAXX BERLIN.
GEMÄLDE »VILLA« (1911).
einer neuen Aufgabe oder Notwendigkeit,
langsam und in stets wiederholten Versuchen
vollzieht. Langsam, aber dieses Langsame ist
das zähe Fortwirkende. Und da er, der Gast
aus dem Norden, einmal auch dem Genius des
Ortes opfern und ein richtiges akademisches
Bild malen will, entsteht eben in München jener
„ Christus im Tempel", der damals soviel schmut-
zigen Staub aufwirbeln konnte und uns heute,
(das Bild hängt in der Hamburger Kunsthalle)
abgesehen selbst von dem eminenten Stück
Malerei, das in dieser hellen und doch tonig
abgestuften Menschengruppe liegt, auch erzäh-
lerisch nähergerückt ist, seitdem Uhde, Lieber-
manns treuer jüngerer Freund aus jenen Jahren,
diese moderne Art, die Legende zu erzählen,
bei uns eingebürgert hat.
Es kommen die Achtzigerjahre. Die Reisen
nach Holland werden regelmäßig, werden ent-
scheidend. Freilicht-Versuche beginnen aus
Amsterdamer Anregungen. Wieder wie so oft
bei Max Liebermann verbindet sich ein das
Auge beglückender, bereichernder, anstacheln-
der Eindruck mit einem ganz bestimmten Motiv.
Das Motiv wird in einem tieferen ästhetischen
Sinn zum „Inhalt" einer neuen Art Malerei.
Das Amsterdamer Altmänner-Hospital wird,
wie Hanckes Buch anschaulich erzählt, zum Er-
lebnis, In einer von einem Laubdach geschlos-
senen Allee, in der das Sonnenlicht silbrig und
die Atmosphäre dunkel wirkt, sitzen schwarz-
rockige Männer, müde, nachdenklich ruhend.
Die schwarzen und silbernen Töne zittern in
der Luft und verbreiten in ihr etwas Kühles,
Herbstliches trotz dem sommerlichen Grün der
Bäume. Und die Stimmung dieser Menschen
klingt mit der Stimmung dieser Luft zusammen.
Das verleiht dem Bild etwas unendlich Edles,
Gehaltvolles, und wenn man es heute wieder-
sieht — die beste Fassung ist die in der Galerie
Arnhold in Berlin — dann glaubt man darauf
schon die Patina eines alten Werkes zu erken-
nen. In diesem Licht hat Liebermann damals
mehrere Arbeiten hinter einander gemalt, da-
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[•KOK. MAX I.IKBERMAXX BERLIN.
GEMÄLDE »VILLA« (1911).
einer neuen Aufgabe oder Notwendigkeit,
langsam und in stets wiederholten Versuchen
vollzieht. Langsam, aber dieses Langsame ist
das zähe Fortwirkende. Und da er, der Gast
aus dem Norden, einmal auch dem Genius des
Ortes opfern und ein richtiges akademisches
Bild malen will, entsteht eben in München jener
„ Christus im Tempel", der damals soviel schmut-
zigen Staub aufwirbeln konnte und uns heute,
(das Bild hängt in der Hamburger Kunsthalle)
abgesehen selbst von dem eminenten Stück
Malerei, das in dieser hellen und doch tonig
abgestuften Menschengruppe liegt, auch erzäh-
lerisch nähergerückt ist, seitdem Uhde, Lieber-
manns treuer jüngerer Freund aus jenen Jahren,
diese moderne Art, die Legende zu erzählen,
bei uns eingebürgert hat.
Es kommen die Achtzigerjahre. Die Reisen
nach Holland werden regelmäßig, werden ent-
scheidend. Freilicht-Versuche beginnen aus
Amsterdamer Anregungen. Wieder wie so oft
bei Max Liebermann verbindet sich ein das
Auge beglückender, bereichernder, anstacheln-
der Eindruck mit einem ganz bestimmten Motiv.
Das Motiv wird in einem tieferen ästhetischen
Sinn zum „Inhalt" einer neuen Art Malerei.
Das Amsterdamer Altmänner-Hospital wird,
wie Hanckes Buch anschaulich erzählt, zum Er-
lebnis, In einer von einem Laubdach geschlos-
senen Allee, in der das Sonnenlicht silbrig und
die Atmosphäre dunkel wirkt, sitzen schwarz-
rockige Männer, müde, nachdenklich ruhend.
Die schwarzen und silbernen Töne zittern in
der Luft und verbreiten in ihr etwas Kühles,
Herbstliches trotz dem sommerlichen Grün der
Bäume. Und die Stimmung dieser Menschen
klingt mit der Stimmung dieser Luft zusammen.
Das verleiht dem Bild etwas unendlich Edles,
Gehaltvolles, und wenn man es heute wieder-
sieht — die beste Fassung ist die in der Galerie
Arnhold in Berlin — dann glaubt man darauf
schon die Patina eines alten Werkes zu erken-
nen. In diesem Licht hat Liebermann damals
mehrere Arbeiten hinter einander gemalt, da-
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