Max Liebermann-Berlin.
PROF. MAX I.IEBERMAN.W
»LESENDE DAME« (18'J7).
Der Impressionismus! Jetzt ist er da. Aber
nicht in das Leben eines Neulings, der ihm
macht- und fassungslos seine Arme öffnet, fällt
er bei Liebermann. Er kommt zu einem reifen
und fertigen reichen Künstler. Was kann er
dem bringen? Gestehen wir es uns aufrichtig:
noch eine weitere, eine letzte Ausdrucks-
bereicherung, mehr nicht. Liebermann verjüngt
sich, weil er auf eine Anregung stößt, die ihn
innerlich noch freier zu machen verspricht, und
er, der nach eigenem Geständnis in seinen
Pariser Jahren weder von Manet, dem An-
regungsreichsten, noch von den jüngeren impres-
sionistischen Franzosen irgendviel wußte oder
gar annahm, greift in dem Augenblick nach dem
neuen aufregenden Trank, wo seine eigene tem-
peramentvolle Natur durch Arbeit schon ge-
nügend geschützt ist vor Verlockungen, die zu
Gefahren werden. Liebermann war immer zu-
gleich ein sehr guter Kenner seiner selbst und
seiner künstlerischen Bedürfnisse. Jener späte
Impressionismus, mit dem er sich verbindet,
fällt bei ihm auf den Boden alles dessen, was
er schon erarbeitet hat, und vollendet seine
Begabung. — Nur so ist diese letzte Wandlung
zu begreifen, um derentwillen man soviel über
den Künstler diskutiert und gerechtet hat. Nur
wenn man in ihr die weitere Bereicherung und
Ergänzung eines auch im neuen Gewände sich
treubleibenden Charakters erkennt, versteht
man sie wirklich. — Man werfe doch nur einen
Blick auf den Reichtum dieser letzten Epoche,
die ja auch schon ein Vierteljahrhundert um-
spannt. Man verkenne nicht, daß derselbe
Maler, der die großen Kompositionen der Israel-
Zeit erarbeitet hat — und eine Spätfrucht
dieser Art sind die monumentalen Wandbilder,
darunter das Gemälde „Die Arbeiterfamilie"
im Hause eines norddeutschen Grundbesitzers
— zu der gleichen Zeit und mit gleicher Inten-
sität an die Naturstudien geht, die er etwa zu
einem Bild wie der öfters gemalten Darstellung
der in geschlossener Reihe spazierengehenden
jungen Holländerinnen („Sonntagnachmittag in
Laren") oder die er zu den ersten Fassungen
der „Badenden Knaben" oder der „Reiter am
PROF. MAX I.IEBERMAN.W
»LESENDE DAME« (18'J7).
Der Impressionismus! Jetzt ist er da. Aber
nicht in das Leben eines Neulings, der ihm
macht- und fassungslos seine Arme öffnet, fällt
er bei Liebermann. Er kommt zu einem reifen
und fertigen reichen Künstler. Was kann er
dem bringen? Gestehen wir es uns aufrichtig:
noch eine weitere, eine letzte Ausdrucks-
bereicherung, mehr nicht. Liebermann verjüngt
sich, weil er auf eine Anregung stößt, die ihn
innerlich noch freier zu machen verspricht, und
er, der nach eigenem Geständnis in seinen
Pariser Jahren weder von Manet, dem An-
regungsreichsten, noch von den jüngeren impres-
sionistischen Franzosen irgendviel wußte oder
gar annahm, greift in dem Augenblick nach dem
neuen aufregenden Trank, wo seine eigene tem-
peramentvolle Natur durch Arbeit schon ge-
nügend geschützt ist vor Verlockungen, die zu
Gefahren werden. Liebermann war immer zu-
gleich ein sehr guter Kenner seiner selbst und
seiner künstlerischen Bedürfnisse. Jener späte
Impressionismus, mit dem er sich verbindet,
fällt bei ihm auf den Boden alles dessen, was
er schon erarbeitet hat, und vollendet seine
Begabung. — Nur so ist diese letzte Wandlung
zu begreifen, um derentwillen man soviel über
den Künstler diskutiert und gerechtet hat. Nur
wenn man in ihr die weitere Bereicherung und
Ergänzung eines auch im neuen Gewände sich
treubleibenden Charakters erkennt, versteht
man sie wirklich. — Man werfe doch nur einen
Blick auf den Reichtum dieser letzten Epoche,
die ja auch schon ein Vierteljahrhundert um-
spannt. Man verkenne nicht, daß derselbe
Maler, der die großen Kompositionen der Israel-
Zeit erarbeitet hat — und eine Spätfrucht
dieser Art sind die monumentalen Wandbilder,
darunter das Gemälde „Die Arbeiterfamilie"
im Hause eines norddeutschen Grundbesitzers
— zu der gleichen Zeit und mit gleicher Inten-
sität an die Naturstudien geht, die er etwa zu
einem Bild wie der öfters gemalten Darstellung
der in geschlossener Reihe spazierengehenden
jungen Holländerinnen („Sonntagnachmittag in
Laren") oder die er zu den ersten Fassungen
der „Badenden Knaben" oder der „Reiter am