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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 39.1916-1917

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Gold, Alfred: Max Liebermann, Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.8535#0050

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Max Liebermann—Berlin.

PROF. MAX LIEBERMANN - BERLIN. GEMÄLDE »TENNISPLATZ

zu hoch einschätzen. Schöpferisch ist doch
nicht das Programm, sondern der Mensch. Und
die Konsequenz einer Gesamtleistung liegt nicht
im Wollen, sondern in der instinktsichern Natur
einer Begabung. Liebermann hat seine Strand-
hütten und Badekarren mit unermüdlicher Lei-
denschaft immer wieder skizziert und hat den-
noch auch in diesen späten und späteren Jahren
immer wieder nach der Kunst seiner Jugend,
nach der Komposition, nach der Synthese von
Bewegungsstudien, sogar nach „erzählerischen"
Darstellungen gegriffen. Bilder wie den römi-
schen „Monte Pincio" oder das wundervolle
Gruppenbild der „Papstsegnung" in der Six-
tinischen Kapelle (beide in Privatbesitz) oder
den klangvollen feierlichen „Barmherzigen
Samariter", der jetzt dem Kölner Museum ge-
hört, hat er ebenso wie die große und stolze
Reihe seiner Selbst- und Herrenporträts, die
auch etwas anderes als etwa rein impressio-
nistische Sehstudien sind, innerhalb der letzten
zehn oder fünfzehn Jahre gemalt. Und wenn
es noch eines Beweises dafür bedürfte, daß

das Genie in der Kunst nicht mit einer Rich-
tung zu erschöpfen und nicht mit einer Mode-
laune zu erledigen ist, so wäre er schon damit
gegeben. . . . Den Überspannungen von heute
sei das hier noch einmal entgegengestellt. Nicht
die Geberde eines Schaffenden, sondern die
Summe seines Werks ist das Bleibende. Oder
wie wir in Liebermanns eigenem neuen Büch-
lein über die „Phantasie in der Malerei" an
einer Stelle lesen: „Der Inhalt der Kunst ist
. . . die Persönlichkeit des Künstlers." a. g.
£

Die Grundsätze jedes künstlerischen Urteils sind ab-
hängig von der Beantwortung der Frage nach
dem Gegenstand der künstlerischen Erkenntnis. Man
sagt, das Objekt der Gestaltung sei die »Natur«.
Aber das setjt voraus, daß man weiß, was »Natur«
ist, und allzu leicht wird vergessen, daß dies die ewige
präge ist, die alles Denken und Schaffen zu beant-
worten sucht. Alle Erkenntnis ist nur eine Theorie
über diese »Natur«, ein Versuch, sie in irgend einer
Ordnung zu begreifen. Die »Natur« kann allein in
der Natur unseres Denkens begriffen werden, nie
aber in ihrem eigenen uns entgegengesetzten Wesen.
Dies gilt für Künstler und »Denker«. Burger f-
 
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