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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 39.1916-1917

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Corwegh, Robert: Ein Neues Landhaus von Emanuel von Seidl: das Haus G. in Bad Harzburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.8535#0059

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EIN NEUES LANDHAUS VON EMANUEL VON SEIDL

DAS HAUS G. IN BAD HARZBURG.

Haus Giesecke in Bad Harzburg ist der Ruhe-
sitz eines Ingenieurs. Technisch eigenartig
und vollendet sollte das Ganze sein, die Form
sachlich und praktisch, ohne an Behaglichkeit
und Vornehmheit zu verlieren. Diese Forde-
rung, die der Baukünstler, Emanuel v. Seidl,
sich selbst beim Entwurf des Hauses stellte,
War nicht so leicht zu erfüllen, als jetzt der
Beschauer nach glücklicher Lösung der Auf-
gabe vermuten mag.

Die Eigenart des gebotenen Bauplatzes
p"t es auszunutzen. Das Grundstück ist
langgestreckt mit prachtvoller, seitlicher Aus-
sicht und mit einem schmalen Zufahrtsstreifen
Wenfalls von der Seite. In diesem Zufahrts-
slreifen wurde ein Durchfahrtsgebäude errichtet,
Wodurch im Zusammenhang mit dem Haupt-
gebäude und mit einer großen seitlichen Stütz-
mauer der Zierhof gewonnen wurde. Die vierte
jeie Seite senkt sich zu einem tieferliegenden
holländischen Garten herab. Durch dieses
Uurchfahrtsgebäude wird auch das Wohnhaus
yom Lärm und von der Neugier der Straße ge-

pennt,

man sieht durch den geöffneten Bogen

ssor
asser

nur auf j .------ s--------— ^

j ,. u' den mächtigen Brunnen von Profe
de ius Seidler-München, in welchem das Wa
ist e^enen Quellen des Grundstücks gefaßt
demG den Eingang- Die Hauptfront ist

und NXmIi611 Un^ der schönen Aussicht auf Berge
der l , gewendet- Der höchsten Erhebung
sich de" ,Schaft — dem Burgberge — zu öffnet
voröpi6^. brunde Ausbau des Salons mit der

Au p /° Terrasse.
am San eit und Güte des Materials wurde

Wert geln ^ inntm Und außen der größte
schmiedeten- ^'es Eisenwerk ist handge-
^uschelt iu • Steinsockel und Säulen aus
br°chen p ein sind in der Lagerung des ge-

putz wurde jSteins verselzt Der rauhe Wand-
a^geriebe 6 Haltbarkeit wegen mit Isarkies
das Dach '!lUFd dunkelpatinierte Ziegel decken
der Bauherr men und Material, hier spricht
selbst w;rltr Und Ingenieur, sollten durch sich

arbeit an ScM'ndaher nUr einige Bildnauer-
weisunö -,„< j teinen mit symbolischer Hin-

Betrete • Ingenieurberuf.
Diele Da3 ^ nUn das Haus und die untere
Decke mit8/ , Weiße Tonnengewölbe der
Weiße der Wa^ feubenden StichkaPpen, die
kelbraunderF u M ''m Gegensa^ zum Dün-
ger b.chenlüren, zum Marmor vonFuß-

boden, Sockel und Umrahmung der Mitteltür.
Drei Sorten Marmor wurden gewählt. Hell-
gelber Botticino, der den Raum beherrschende
Kamin und die Füllung. Er wird von grauem
Napoleon umrahmt, der sich auch in den Stufen
der Herrschaftstreppe fortsetzt, mit einem
Teppichläufer von Dunkelblau und schwarzen
schmalen Streifen belegt. Sockel und Tüi Um-
rahmung aus bräunlichrotem Imperialmarmor
harmonieren in lebhafter Färbung zum klein-
gemusterten Perserteppich. Sitzmöbel mit
schwarzen Lederbezügen entsprechen der For-
derung des Raumes. Nur am Kamin lädt ein
buntfarbig gestreifter Samtsessel zu längerem
Verweilen ein. Eine große verglaste Tür führt
zur Garderobe. Birkenholz in kräftiger Mase-
rung hebt sich von violetten Wandfliesen ab,
dazu die Nickelmetallteile der Kleiderablage
und Wascheinrichtung und das Schwarz-weiß
des Fliesenfußbodens, das alles gibt eine gast-
liche, heitere Note gegenüber der Strenge der
Diele. Wer hier Mantel und Hut abgelegt hat,
ihm soll sich ja erst das Heim erschließen, wäh-
rend die ernste Diele auch zur Abfertigung
unerwünschter Gäste dient.

Die breiten Flügeltüren öffnen sich zum Salon.
Eine Harmonie aus Dunkelgrün (Bespannung
der Wand) und dem kräftigen Braun von Tuja-
holz umfängt uns. Das Weiß der Decke wird
durch silberne Kanten bereichert. Die vordere
Kristallkrone glänzt in zwei Spiegeln über den
eingebauten Vitrinen wider. Nur in diesem
Raum sind die Heizkörper durch Perlgehänge
verkleidet, sonst liegen sie unter Marmorfenster-
brettern im ganzen Haus offen. Sie sollen durch
die Sauberkeit ihrer Konstruktion das Auge
des Technikers erfreuen.

Den runden Vorbau schmücken Portieren aus
gelber Seide mit grünen Rüschen, darunter
liegen wie in allen Räumen kürzere Winter-
vorhänge. Schwarze kleine Sofas mit bunt-
grünem Muster, hellgrüne Seidensessel laden
zu vornehmer Gastlichkeit ein. Der Teppich
ist hellviolett mit Blumenmuster und einfarbiger
Kante. Nur wenige Bilder zieren die Wand,
und ein großer Spiegel hängt über dem Sofa.
Ein Salon soll den Rahmen heiterer Gesellig-
keit abgeben, die Gesellschaft selbst ist Bild
in ihm, ein Bild, das der Spiegel in der Klar-
heit seines Kristalls widerstrahlt. Bei Tage, bei
geöffnetem Fenster, ist die Harzlandschaft das

' Oktober 1916 5
 
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